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11.08.07 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 32-07 vom 11. August 2007

Gefährliche Bilder / Warum Frau von der Leyen nie mehr Zylinder trägt, Seehofer nie mehr telefoniert, und wie der Alte Fritz von den Kaczynskis erfahren hat
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Wir leben in einer Welt der Bilder, sagen Medienforscher. Nichts gehörtes oder Gelesenes macht sich so penetrant in unserem Gedächtnis breit wie Bilder. Politiker wissen das und passen auf, welche Ablichtungen von ihnen herumgehen.

Da gibt es einiges zu beachten. Zum Beispiel, daß wir Deutschen schnell ärgerlich werden, wenn einer mehr hat als wir und das auch noch aufreizend zur Schau stellt. Woher dieser ewige Neid kommt, haben wir vergessen. Aber seit es den Sozialismus gibt, neiden wir mit porentief reinem Gewissen, fühlen uns dabei nicht mehr mickrig, sondern sozial engagiert.

Ursula von der Leyen hat all das in einem Moment unverzeihlicher Schwäche vergessen und sich in edlem Zwirn auf ihr Roß geschwungen, um in Verden an der Aller Dressurübungen zu vollführen. Das Bild hat alles, was ein Klassenkämpfer zum Grämen braucht: Die Herrenreiterin mit „von“ im Namen und Zylinder auf dem Kopf. Und dann auch noch „Dressur“! Wäre sie doch mit karierter Bluse und Jeans losgaloppiert. Das röche Viehtrieb, harter Arbeit, gesundem Landleben und so, aber nein … Zylinder!

Umweltminister Gabriel wäre das nicht passiert, der fährt unter den Augen von ganz Mediendeutschland demonstrativ Bahn. Das gab tolle Fotos. Dem fabelhaften Eindruck konnte nicht einmal das Gerücht etwas anhaben, daß des Umweltministers Autokolonne parallel über die Autobahn raste, um den Chef am Ende seiner ganz persönlichen Tour de Farce in Empfang zu nehmen.

Ja, so macht man das! Von der Leyen wird öffentliche Reitauftritte von nun an meiden wie Horst Seehofer ängstlich Sorge tragen wird, daß ihn kein Paparazzo mit Mobiltelefon in der Hand erwischt, seitdem bekannt ist, daß er über dieses Gerät seine Liebschaften mit weniger Aufwand storniert als andere Leute ihren Wochenendausflug.

Ach Seehofer, der arme Kerl.  Früher war alles besser: Im 18. Jahrhundert war es bei Hofe um den Preis des eigenen Rufs unerläßlich, eine Mätresse zu umgarnen. Und sobald man ihrer überdrüssig war, schob man sie so kühl wie kurzentschlossen aufs Land ab. Wenn die Abgelegte Zicken machte, wurde sie eben  in eine modernde Burg eingeschlossen, wie die tragisch berühmte Gräfin Cosel, die leider allzu ehrgeizige Favoritin von Sachsenfürst August, dem Eisenbieger.

Verdammte Demokratie: Statt auf einer bröckelnden Burg zu versauern wie das historische Vorbild, ging Fräulein Fröhlich zur „Bunten“ und verpetzte den bedrängten Minister nach Strich und Faden, wobei sie nicht vergaß, die Sache mit der Abschieds-SMS zu erwähnen. Von nun an wird das Foto „Seehofer mit Mobiltelefon“ die gleiche Aussagekraft haben wie ein Bild von Altkanzler Schröder mit einem Bündel Rubelnoten in der Jackentasche. So ein Bild existiert natürlich nicht, Schröder ist ja nicht blöd.

Einem wie ihm müßte man schon eine abgefeimte Falle stellen. In Polen hat so etwas bereits Tradition. Wir erinnern uns, wie ein hoher Politiker vor versteckter Kamera bestochen werden sollte. Offenbar war der Streifen nur die Vorspeise zum ganz großen Fressen, zu dem uns die beleidigte Bauernpartei einladen will. Deren Chef Andrzej Lepper verspricht ein paar richtig peinliche Tonbandaufnahmen von Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski.

Der Angegriffene reagiert betont gelassen. „Peinliche Aufnahmen“, daß er nicht lacht. So machen das Politiker immer – nur nichts anmerken lassen. Einen Unterschied gibt es allerdings: Die Ruhe ist bei anderen Mächtigen in aller Regel gespielt, in Wahrheit schlafen sie nach solchen Ankündigungen unruhig und trommeln ihren Stab zusammen, um zu ergründen, worauf sie sich gefaßt machen müssen: Was hat der wohl? Und woher? Und was sagen wir darauf?

Da ist Kaczynski völlig anders, seine Ruhe ist echt, schließlich ist dem Polen-Premier schon lange gar nichts mehr peinlich. Wovor sollte er sich also fürchten? Vor häßlichen Bildern sowieso nicht, die Kaczynski-Zwillinge sind von der Natur nicht für schöne Fotos gebaut worden, sonst hätte sie sich mehr Mühe mit ihnen gegeben.

Dennoch ist der Stuhl des Ministerpräsidenten am Wackeln. Indes: Auch wenn Jaroslaw Kaczynski schon bald nicht mehr Regierungschef sein sollte, um seinen Nachruhm muß er nicht bangen, schon gar nicht innerhalb der EU. Besonders in Ländern mit wenig deutschfreundlicher Haltung genoß Polen ja lange einen Bonus: Da sie mit den Preußen im Streit lagen, müßten sie ja ganz umgänglich sein, die Polen, so der Schluß. Nachdem die Vertreter Warschaus ihre europäischen Kollegen derart mit kaltem Wasser übergossen hatten, dürfte so mancher EU-Staatschef heimlich Abbitte geleistet haben am Grab der preußischen Könige. So hat  selbst der Alte Fritz erfahren, wer die Kaczynskis sind.

Die europäische Einigung in ihrem Lauf hält aber weder Ochs noch Esel auf. Dem Qualm der Brandkatastrophen in den Mittelmeerländern ist sogar schon der nächste Brüsseler Traum entstiegen: Eine europäische Feuerwehr müsse her! Sachlich zu begründen ist das zwar nicht, in Spanien scheiterte die reibungslose Brandbekämpfung schon daran, daß sich Autonome Regionen und Zentralgewalt nicht einigen konnten. Wie soll das dann erst auf europäischer Ebene gehen? Katalanische Regierungspolitiker faselten von einer militärischen Invasion, als Madrid Militäreinheiten zur Brandbekämpfung in den Nordosten schickte. Erklären uns die Katalanen den Krieg, wenn deutsche EU-Löschflieger über den Pyrenäen kreisen? Dann lieber Afghanistan.

Die Griechen erinnerten auf ihre Weise daran, daß die Wörter „Katastrophe“ und „Chaos“ aus ihrer Sprache stammen: Eine deutsch-österreichisch-schweizerische Freiwilligentruppe mußte tagelang durch das brennende Land irren, bis sie die Genehmigung zum Löschen erhielt. Das traurige Schicksal einer EU-Löschbrigade mag man sich da gar nicht ausmalen. Doch darum geht es ja im Grunde gar nicht. So eine Truppe müßte, obschon völlig nutzlos, verwaltet werden, und zwar auf europäische Art. Es entstünden zahllose Planstellen, ein Etatposten, und vor alledem müßten natürlich aufwendige Untersuchungen angestellt werden – kurz: all das, was einen echten Eurokraten ins Schwärmen bringt.

Und was noch nicht notwendig ist, könnte die EU ja notwendig machen: Brüssel müßte den Handlungsspielraum der nationalen Katastrophenschutzeinrichtungen nur per Verordnung derart  einschränken, daß sie am Ende obsolet würden. So entstünde der  „Handlungsbedarf auf europäischer Ebene“ ganz von selbst.

Tinnef, meinen Sie? Aber hallo: Gerade macht sich die EU daran, das deutsche TÜV-Prüfzeichen „GS“ abzuschaffen. „GS“ heißt „Geprüfte Sicherheit“ und wird technischen Geräten vom deutschen TÜV erst nach eingehender Untersuchung verliehen. Das wurmt die EU, die ihr eigenes Zeichen „CE“ als alleiniges Gütesiegel durchpauken möchte. Dafür – und nur dafür – soll das deutsche Siegel bald weg vom Markt. Dabei stört es die EU absolut nicht, daß ihr „CE“ gar kein Sicherheitssiegel ist, sondern bloß „Europa-konform“ bedeutet und von den Herstellern völlig ungeprüft auf ihren Krempel geklebt werden darf. Eine griechische Hausfrau hat sich dieser Tage mit einem nagelneuen, „CE“-bezeichneten Bügeleisen per Stromschlag ins Jenseits befördert.

Aber betrachten wir die Sache doch mal aus einem anderen Blickwinkel: EU-Verordnung für EU-Verordnung wird unser Leben immer reglementierter und damit langweiliger. Wie schön, wenn – Brüssel sei Dank – zum Ausgleich Tätigkeiten wie Bügeln, Backen, Kochen oder Rasenmähen zu einer richtigen Herausforderung auf Leben und Tod würden? Einen strammen Grabspruch hätten wir bereits parat: „Zum europäischen Einigungsprozeß gab es keine Alternative!“


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