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18.08.07 / Nur noch kalte Pflichterfüllung / Bundeswehrverband belegt, daß immer weniger Soldaten aus Freude und Überzeugung dienen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-07 vom 18. August 2007

Nur noch kalte Pflichterfüllung
Bundeswehrverband belegt, daß immer weniger Soldaten aus Freude und Überzeugung dienen
von Gerd-H. Komossa

Der Jahresbericht des Wehrbeauftragten und eine umfassende Umfrage des Deutschen Bundeswehrverbands bei den Soldaten stellen nahezu übereinstimmend fest, daß die Stimmung in der Truppe einen Tiefpunkt erreicht hat. Dies verdient Aufmerksamkeit. Dem militärischen Vorgesetzten wie der politischen Führung ist die Frage nach den Ursachen für die Unzufriedenheit des Soldaten gestellt. Rasches Handeln ist geboten.

Eine Umfrageaktion des Bundeswehrverbandes hat ergeben, daß im Sommer dieses Jahres nur weniger als vier Prozent der befragten Soldaten sich von der politischen Führung verstanden und unterstützt fühlen. Dabei fällt auf, daß die Zahl der Soldaten, die sich verstanden oder nicht verstanden fühlen, unterschiedlich ist bei den Berufssoldaten und den Soldaten auf Zeit. Daß nur 1,8 Prozent der befragten Berufssoldaten sich von der Politik verstanden fühlen, sollte ein alarmierendes Zeichen und Aufforderung zum raschen Handeln sein.

Der mit seinem Dienst unzufriedene Zeitsoldat wird sich kaum weiter verpflichten oder gar für die Laufbahn des Berufssoldaten entscheiden, denn von den Zeitsoldaten halten rund 55 Prozent die Bundeswehr mit ihren beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten für nur mittelmäßig oder gar schlecht. Bei dieser Einschätzung ist kaum mit ansteigenden Bewerberzahlen für die Verpflichtung zum Berufssoldaten zu rechnen.

Als Grund für die Perspektivlosigkeit stehen im Vordergrund die allgemeinen Rahmenbedingungen des Dienstes, hier vor allem der ständige Strukturwandel in den Streitkräften und die Belastung durch wiederholte Auslandseinsätze. Zu den Rahmenbedingungen zählt der Zeitsoldat vor allem die Entscheidung des Bundestages, die Übergangsbeihilfen für den Zeitsoldaten künftig zu besteuern. Das Geld spielt zwar nicht die entscheidende Rolle, doch ist es gerade für den Soldaten auf Zeit ein durchaus wesentlicher Faktor. Enttäuscht ist der Soldat vor allem über den neuen Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD), nach dem die Dienstzeit des Bewerbers als Soldat und sein Familienstand keine Rolle mehr spielen. Es ist offensichtlich, daß allein mit dieser Maßnahme dem Zeitsoldaten der Übergang in den öffentlichen Dienst erschwert wird.

Auch die Chancen der Übernahme des Zeitsoldaten in das Verhältnis des Berufssoldaten sind verschlechtert. Die Aussichten der Übernahme sind nicht günstig. Nur etwa zehn Prozent der Bewerber können mit der Übernahme und damit der Absicherung für ihr weiteres Berufsleben rechnen. Dabei ist selbst die Weiterverpflichtung des Zeitsoldaten in seiner bisherigen Laufbahn heute unsicher.

Die Absicherung des Soldaten für die Zeit nach dem Ausscheiden aus dem militärischen Dienst wird von diesem als unsicher angesehen. Die gegenwärtige Regelung sieht der Soldat lediglich als Mindestversorgung an. Und das ist sie wohl auch. Er fürchtet eine böse Überraschung, wenn er nach Ablauf seiner Dienstzeit in den Ruhestand verabschiedet wird.

Die Berufsunzufriedenheit hat kaum etwas mit dem eigentlichen Beruf des Soldaten zu tun. Der Dienst wird als fordernd, überaus abwechslungsreich und erfüllend angesehen. Der Soldat will seinem Land dienen. Hinsichtlich des Einsatzes in Afghanistan aber hat er erhebliche Zweifel, ob Deutschland wirklich am Hindukusch verteidigt werden muß. Der Politiker sollte hier aufmerksam sein.

Mitglieder des Verbandes schreiben unter anderem: „Uns hat niemand gefragt, ob wir die Bundesrepublik Deutschland am Hindukusch verteidigen wollen oder nicht. Nur zum Kopfhinhalten im Ausland und zum Suppe auslöffeln sind wir gut genug. Die Minengefahr im Kosovo hat sich nicht merklich verringert. Die Auslandszulage schon. Die Stimmung in der Truppe ist so schlecht wie niemals zuvor. Das ist so, weil immer wieder leere Versprechungen gemacht wurden. Siehe Besoldung, Transformation der Streitkräfte, Auslandseinsätze und dergleichen mehr. Früher waren wir mit Überzeugung Soldat. Heutzutage dienen wir nur noch, weil wir es als unsere Pflicht ansehen.“

Diese Worte von Berufs- und Zeitsoldaten sollten nicht nur die Mitglieder des Verteidigungsausschusses nachdenklich stimmen. Sie sollten den Politiker alarmieren. Immerhin ist das Pflichtbewußtsein noch da. Das Vertrauen in den militärischen Vorgesetzten hat gottlob auch noch nicht gelitten. Doch es kann Schaden nehmen, wenn es nicht gelingt, die politische Führung zum Handeln zu bewegen auf jenen Feldern, wo es zwingend notwendig ist. Denn, nur der motivierte Soldat ist voll einsatzfähig und einsatzwillig.

 

Verdienstmöglichkeiten

Ein lediger Stabsunteroffizier / Obermaat, 21 Jahre alt,  hat ein Monatsbrutto von 1544,37 Euro. Ein verheirateter 28jähriger Hauptfeldwebel der Elite-Einheit KSK hat ein monatliches Bruttoeinkommen von 2585,60 Euro, ein gleichaltriger U-Boot-Kommandant mit zwei Kindern erhält mit allen Zulagen 3482,01 Euro. Selbst im Auslandseinsatz gibt es nicht viel mehr. So werden „stärker ausgeprägte Belastungen“ mit 40,90 Euro täglich vergütet. Bei „extremen Belastungen und erschwerenden Besonderheiten bei Verwendung zwischen Konfliktparteien unter kriegsähnlichen Bedingungen, konkreter Gefährdung durch Kampfhandlungen, Beschuß oder Luftangriffe“ sind 92,03 Euro fällig.

Foto: Von Unzufriedenheit zersetzt: Bundeswehrsoldaten sind für Politik nur noch Manövriermasse.


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