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18.08.07 / Mixi, Piccolo oder Heinzelkoch / Eine Ausstellung im Museum für Energiegeschichte(n) zeigt, wie die Küche elektrisch wurde

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-07 vom 18. August 2007

Mixi, Piccolo oder Heinzelkoch
Eine Ausstellung im Museum für Energiegeschichte(n) zeigt, wie die Küche elektrisch wurde

Ob Toaster, Kochherd oder Multi-Mixer, mit Beginn des 20. Jahrhunderts wird die Kücheneinrichtung elektrisch. Die Sonderschau im Museum für Energiegeschichte(n) in Hannover zeigt mit über 150 Ausstellungsstücken, Bildern und Informationstafeln die fleißigen Küchenhelfer des vergangenen Jahrhunderts. Im Mittelpunkt stehen die vielseitigen Geräte der Wirtschaftswunderjahre: Mit Allfix, Mixi oder Piccolo ließ sich nicht nur Kuchenteig kneten oder Gemüse raspeln. Mit dem passenden Aufsatz konnte man auch Staub saugen oder sogar Rasen mähen. Unverzichtbar für den Toast Hawaii war hingegen der sogenannte Heinzelkoch, das legendäre Grillgerät von Deutschlands erstem Fernsehkoch, Clemens Wilmenrod.

In zwei komplett eingerichteten Küchen der 1930er und 1950er Jahre trifft Gelsenkirchener Barock auf pflegeleichtes Resopal. Und neben den vielen Geräten, bei denen noch von Hand gerührt, geschlagen und gekurbelt werden mußte, stehen die ersten elektrischen Nachfolger mit Kabelanschluß schon bereit.

Die Ausstellungsbesucher erfahren, daß die meisten elektrischen Küchenhelfer schon Anfang des 20. Jahrhunderts erfunden wurden, aber oft erst nach dem Zweiten Weltkrieg massenhaft Verbreitung fanden.

Premiere hatte die elektrische Küche bereits 1893 auf der Weltausstellung in Chicago. Es gab allerdings noch keinen elektrischen Kochherd, denn von jedem Kochtopf führte zunächst ein eigenes Kabel zur Steckdose. Und der Braten wurde buchstäblich in die Röhre geschoben, weil sich kleine runde Backöfen schneller erwärmen ließen. Wer heute komfortable Kochfelder gewöhnt ist, kann nur staunen über die in Schamotte eingebetteten, offen glühenden Heizdrähte der ersten Kochplatten.

Daß man mit einer Gasflamme auch kühlen kann, beweist der Gaskühlschrank der Firma Elektrolux aus dem Jahr 1926. Ein flüssiges Kühlmittel wird in einem Verdampfer erhitzt. Der Dampf wandert weiter in einen Kondensator, wo er wieder verflüssigt wird. Beim Verflüssigen wird der Umgebung, hier dem Raum im Kühlschrank, Wärme entzogen – die Speisen und Getränke werden dabei gekühlt.

Die Hausfrau kann sich freuen: Das Walken und Rühren der Wäsche übernimmt 1925 die Kugelwaschmaschine der Firma Scando. Heizen und Schleudern konnte dieses Gerät leider noch nicht, aber der elektrische Keilriemenantrieb brachte schon eine große Erleichterung. Vollautomatische Waschmaschinen eroberten erst in den 60er Jahren – nachdem sie auch zu erschwinglichen Preisen zu haben waren – die Herzen der Hausfrauen.

Daß es ausgerechnet ein Mann war, der den Staubsauger erfunden hat, lag einzig und allein daran, daß er eine emanzipierte Frau geheiratet hatte. Diese weigerte sich nämlich, Hausarbeit zu verrichten, und widmete sich statt dessen lieber ihrer Gesangsausbildung. Das war 1901. 24 Jahre später erschwerte die Firma AEG die Emanzipationsbestrebungen so mancher Frau, indem sie ihren leistungsstarken Handstaubsauger Vampyr mit dem Slogan anpries: „Dame und doch Hausfrau.“

Während das Bügeleisen im Laufe der Jahrzehnte seine Form nahezu behalten hat, haben die meisten Kleingeräte im elektrischen Haushalt ihr Äußeres stark verändert. Schade, möchte man meinen, denn die technische Weiterentwicklung ging oft auf Kosten des Designs vonstatten, frei nach dem Motto: „Was gut funktioniert, muß nicht schön sein.“

Heute würde zumindest niemand mehr auf die Idee kommen, mit seiner Kaffeemaschine auf dem Wohnzimmertisch die Gäste zu bewirten. Dagegen war die silberne „Protos“ von Siemens für die Hausherrin in den 30er Jahren das Glanzlicht bei jedem Damenkränzchen.

Immer neue elektrische Kleingeräte eroberten in der 1950er Jahren die Küchen: Heizkissen und Wärmehauben für das Geschirr, Stabmixer, Handrührgeräte und Saftpressen wurden in der Werbesprache zur neuen Stütze der Hausfrau. Weniger anstrengend, schneller zu bewältigen und hygienischer sollte die Küchenarbeit sein. Ein Stromversorger versprach auf einem Plakat sogar das ganze Jahr Ferien im Heim durch Elektrogeräte.

Die Versprechen blieben, das Design veränderte sich: Die Ausstellung zeigt auch, wie sich Mixi & Co je nach Zeitgeschmack über die Jahrzehnte hinweg verändert haben: vom Stromliniendesign der 50er über die sachlich kantigen Formen der 60er bis hin zur rundlichen und poppig-bunten Gestaltung der 70er Jahre.

Die Ausstellung „Flotte Mixer, heiße Öfen: Die Küche wird elektrisch“ bietet einen amüsanten Rückblick auf Küchentechnik und Kochkultur.           pm

Die Ausstellung „Flotte Mixer, heiße Öfen: Die Küche wird elektrisch“ ist im Museum für Energiegeschichte(n), Humboldtstraße 32, 30169 Hannover, von Dienstag bis Freitag von 9 bis 16 Uhr zu sehen, bis 31. Oktober, Eintritt frei.

Foto: Große Freude einer Hausfrau: Ein elektrisches Küchengerät


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