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18.08.07 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 33-07 vom 18. August 2007

Gierhälse wohin man blickt / Warum Experten überrascht, was alle kommen sehen, warum Krenz auch nichts wußte und wie Merkel den Kalten Krieg erfrieren läßt
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Wenn rabenschwarze, von Blitzen durchzuckte Wolken aufziehen und Donnerschläge durch die schwülheiße Luft grollen – was sagt uns das? Hm? Exakt: Es wird wohl ein Gewitter geben. Nehmt die Kissen von den Gartenstühlen, wir feiern drinnen weiter.

Niemand käme auf die Idee, ausgerechnet in so einem Moment auf Radtour zu gehen oder die Krone des höchsten Baums der Gegend zu erklimmen. Es sei denn, einer aus der Feierrunde hat beruflich etwas mit Hedgefonds oder anderen interessanten Anlagemöglichkeiten zu tun, die auf US-Immobilienkrediten fußen. Dessen Schluß sähe wahrscheinlich so aus: „Gut, in der Vergangenheit haben sich solche Gewitter immer entladen und wer auf dem Rad unterwegs war, lief hohe Gefahr, erschlagen zu werden. Aber diesmal ist bestimmt alles ganz, ganz  anders. Es wird keine Blitze geben, Regen auch nicht, und die Wolken verpuffen einfach. Ich fahr dann mal.“

Seit mehreren Jahren braut sich über dem nordamerikanischen Immobilienmarkt ein veritabler Tornado zusammen. Seit etlichen Monaten drang das Rauschen und Grummeln bereits in sämtliche Winkel der Erde, wir blickten voller Spannung auf das heraufziehende Donnerwetter, dessen Urgewalt all die wackeligen Hypotheken und bizarren Wertzuwachsaussichten zermalmen würde.

Nun ist der Tornado da, und siehe: Die hochbezahlten Strategen der Düsseldorfer IKB-Bank hat es ebenso kalt erwischt wie diverse „Fondsmanager“ diesseits und jenseits des Teichs. Da liegen sie in der Asche ihrer Prognosen und können sich gar nicht erklären, wie das gekommen ist. Die  staatlichen Notenbanken beugen sich besorgt über die vom Blitz getroffenen Finanzmärkte und verabreichen Geldspritzen in Milliardenhöhe, damit uns die Ohnmächtigen nicht gleich ganz wegbleiben.

Eigentlich hätte man große Lust, diese gierigen Angeber einfach liegen zu lassen. So hat man es aber nur einmal gemacht und dann aus guten Gründen nie wieder, es war 1929. Das ist ja das Ungerechte an diesen globalen Finanzmärkten: Am großen Fressen haben immer nur einige wenige teil. Sobald sie sich aber den Magen verderben, muß sich die ganze Welt übergeben. Dann doch lieber die Spritzen von Dr. Notenbank, auch wenn sie sie nicht verdient haben, da sie das nahende Unheil ja nur deshalb nicht bemerkt hatten, weil sie vor Gier erblindet waren.

Ja, die Gier, die Gier. Ohne die, oder vornehmer ausgerückt, ohne den Ehrgeiz, mehr zu haben als man hat, läßt sich leider keine Marktwirtschaft betreiben. Die Kommunisten werfen das den Markwirtschaftlern seit Marxens Zeiten unerbittlich vor. Insbesondere, weil Menschen, die nicht mitspielen, erbarmungslos an den Rand gedrängt werden vom kapitalistischen System. Und da müssen sie dann ihr Leben verdämmern, mißachtet und verarmt.

Die Kommunisten  versprachen, sich mit den Menschen an den Rändern schnell und intensiv zu befassen, statt sie dort lange versauern zu lassen. Und sie hielten Wort: Wer dem Rand der kommunistischen Welt zu nahe kam, wurde zügig erschossen.

Gar nicht vertragen können Kommunisten den Vorwurf, ihr System ersticke die Eigeninitiative, weil alles von oben verordnet würde. Diese Woche erst belehrte uns Egon Krenz aufs Neue, daß die Grenzschützen keineswegs auf irgendeinen zentralen „Schießbefehl“ hin gehandelt hätten. Sondern weshalb? Waren das so eine Art Freiberufler? Es zeichnete schon immer eine besondere Art von Chefs aus, daß sie im Falle ihrer Überführung nach einer Freveltat so tun, als hätten sie die ganze Zeit nur auf dem Klo gesessen, während ihre gewissenlosen Untergebenen draußen verrückt gespielt haben.

Allerdings hat Egon Krenz auch Pech gehabt. Sein ganzes Leben hat er die anderen weggebissen oder umschleimt, um selbst ganz vorne an den Trog zu gelangen. Als er endlich dran war, war der Pott alle. Krenz muß sich gefühlt haben wie ein Ganove, der nach endlosem Buddeln und Kriechen endlich in den Tresorraum seiner Träume vordringen konnte und nun feststellt, daß die Bank pleite ist.

Und damit nicht genug: Wenn eine Gaunerei schiefgeht, dann muß man wenigstens gute Freunde haben, die einem diskret aus der Patsche helfen. Mit denen war es bei Krenz nicht allzuweit her, andere waren da besser sortiert.

Erinnern Sie sich noch an Alexander Schalck-Golodkowski? Der war der keineswegs zimperliche Geldbeschaffer der roten Bande, mit den allerbesten Beziehungen in den Westen. Seit dem Ende der DDR residiert er nobel am Tegernsee, seine „Freunde“ hätten ihm da was besorgt, sagte er damals beim Umzug freimütig. Komisch: Bis heute hat sich allem Anschein nach niemand öffentlich dafür interessiert, wer diese „Freunde“ eigentlich sind. Jedenfalls ist an Schalck scheinbar kein Fitzelchen DDR hängengeblieben. Liegt vielleicht auch daran, daß er einer bestimmten Kategorie von „Kapitalisten“ schon zu DDR-Zeiten sehr ähnlich war. Beim Thema „Gier“ konnte er mitreden.

Wenn das Wort nicht so häßlich wäre, würden wir uns ja eingestehen, selber manchmal Symptome zu zeigen. Also nennen wir es lieber „Goldgräberstimmung“, das klingt romantischer und läßt die wilde Zeit aufleben, als Zigtausende Abenteurer nach Alaska aufbrachen, um den gelben Reichtum aus dem Boden zu pulen. Dem Boden, den die USA erst kurz zuvor den Russen für’n Appel und ’n Ei abgeschwatzt hatten.

Das wurmt die Russen bis heute, weshalb sie beim nächsten Beutezug in den hohen Norden in jedem Fall die Ersten sein wollen. Am Grund des Polarmeers haben sie bereits ein russisches Fähnchen gepflanzt, um Fakten zu schaffen.

Schon hat ein wildes Gezerre ums Eismeer eingesetzt, unter dem Öl und Gas vermutet werden: Neben Rußland greifen die USA, Kanada, Norwegen und Dänemark nach der tristen Gegend. Daß es ausgerechnet das einst russische Alaska ist, über das die USA Anrainer geworden sind, muß den Kreml besonders ärgern.

Dänemark und Kanada bepöbeln sich ebenfalls aufs Heftigste. Es geht dabei vordergründig um eine kleine Felseninsel zwischen Kanada und Grönland namens „Hans“. Die Hans-Krise schwelt seit Jahren, und ein Blick auf die Landkarte erklärt, warum: Wer Hans hat, bekäme bei einer Aufteilung des Eismeers ein ordentliches Stück mehr vom Polarkuchen.

Aber mit welchem Recht überhaupt? Laut Uno-Konvention ist der Nord- wie der Südpol staatenlos, gehört allen auf der Welt, also niemandem. Der Kreml hat da eine elegante Lösung gefunden: Rußland wolle ja nur die Bodenschätze dort abbauen, ansonsten bleibe das Eismeer selbstverständlich ein „gemeinsames Erbe der Menschheit“. Aha: Rußland will doch nur den Inhalt der Schatztruhe, das Möbel dürfen wir, die „Menschheit“, behalten. Danke auch.

Was macht Berlin eigentlich? Was sagt Knut dazu? Jetzt könnte sich der Star unter Preußens Eisbären doch mal für sein Geburtsland ins Zeug legen und unsere Interessen am Reich seiner Vorbären formulieren! Haben wir ihn nicht schön gefüttert, geknuddelt und Gummibären nach ihm gebacken?

Spaß beiseite: Irgendwas sollte sich Deutschland einfallen lassen. Aber vielleicht hat es das ja längst: Die Erderwärmung mache den Pol erst so richtig zugänglich für die Öl- und Gasgewinnung, sagen die Experten. Da wir in dem Glauben leben, daß die Erwärmung vom Kohlendioxid kommt, erscheint die eifrige „Klimapolitik“ der deutschen Kanzlerin so in völlig neuem Licht: Will sie den Polarländern gar nur die Zufahrt zu den Ölquellen vereisen? Und damit, ganz im Zaumzeug ihrer „internationalen Verantwortung“, nebenbei dem Konflikt, den sie schon „Kalten Krieg ums Eismeer“ nennen, die Grundlage nehmen? Es wäre der erste Kalte Krieg, der ironischerweise erfroren ist.


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