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25.08.07 / Planwirtschaft im Euroland / Gemeinsame Agrarpolitik verhindert Wettbewerb – Verbraucher zahlen den Preis

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-07 vom 25. August 2007

Planwirtschaft im Euroland
Gemeinsame Agrarpolitik verhindert Wettbewerb – Verbraucher zahlen den Preis
von Mariano Albrecht

Preis-Schock im Lebensmittelhandel: Die Milch wird teurer. Um bis zu 50 Prozent, heißt es. Auch Getreide wird knapp, und so soll auch unser täglich Brot teurer werden. Fleisch sei sowieso jahrzehntelang viel zu billig zu haben gewesen, verlautet es aus Kreisen des Groß- und Einzelhandels. Vertreter von Bauernverbänden springen auf den Zug und verkünden, jetzt würde es dem gebeutelten Bauern bald besser gehen. Hält nun der Faktor Wettbewerb Einzug in die Gemeinsame Agrarpolitik (Gap) der EU?

Die deutschen Erzeugerpreise für Agrarprodukte liegen über den Weltmarkt-Handelspreisen, Lebensmittel wären in Deutschland seit Jahren viel zu billig, wir schmissen zu viel weg, so lauten die Argumente der Bauernverbände. Ruinieren wir mit unserer Billigmentalität deutsche Bauern?

Tatsache ist, daß es deutschen Bauern jahrelang hätte weit besser gehen können, hätten ihre Interessenvertreter und Agrarpolitiker sie gegenüber dem Regulierungs-, Kontroll- und Subventionierungswahn aus Brüssel besser vertreten und vorausschauend und flexibel auf Entwicklungen am Weltmarkt reagiert. Statt dessen setzte man auf Existenzsicherung durch Bezuschussung anstelle von Wettbewerb.

Mit der vor über 50 Jahren in der EU eingeführten Agrarmarktordnung wollten die EWG-Staaten lenkend in den Markt der Gemeinschaft eingreifen, um so die Verbraucherpreise zu stabilisieren und die Landwirte zu unterstützen. So konnte der Binnenmarkt gegen Billigimporte abgeschottet werden. Innerhalb der Gemeinschaft konnte eine Gleichschaltung von Preisen erreicht werden. In der freien Marktwirtschaft würde eine solche Praxis von Kartellbehörden als unerlaubt geahndet werden.

Durch die Strukturreformen konnte der Produktionsausstoß der Landwirtschaft reguliert werden. Als Gegenleistung fing die EU an, Überproduktionen aufzukaufen und einzulagern – der Beginn der Agrarsubvention. So konnten die sogenannten Butterberge entstehen. Aufgrund niedriger Weltmarktpreise und steigender Erzeugerpreise in der Gemeinschaft führte die EU die Exportsubventionen ein. In mehreren Reformstufen versuchten die EU-Lenker, die Überproduktion zurückzufahren, und führten die Direktzahlungen an die Landwirte ein. Folge waren Flächenstillegungen, Milchquotenregelung und Schlachtquoten.

Betrug der Anteil der Agrarausgaben in der Gemeinschaft 1995 noch 70 Prozent des EU-Gesamthaushalts, so konnte er bis zum Jahr 2007 immerhin auf 40 Prozent gesenkt werden. Allerdings betrug das EU-Budget im Jahr 1970 noch lächerliche vier Milliarden Euro. Für das Jahr 2007 sind satte 140 Milliarden Euro veranschlagt.

Mit dem Beitritt weiterer Staaten zur EU trat nicht etwa wie erwartet ein Zustrom von günstigeren Agrarprodukten ein, die neuen Mitglieder wie Rumänien und Bulgarien wurden zu Abnehmern innerhalb der Gemeinschaft, die erste Stufe der Verknappungstaktik. Die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik, zuletzt mit der Agenda 2000 und der Grundlegenden Reform aus dem Jahre 2003, haben nicht etwa wie versprochen dazu geführt, den EU-Landwirten „gleichzeitig die Freiheit zu lassen, das zu produzieren, was der Markt verlangt“, vielmehr zielten die Maßnahmen auf „die Einführung einer Betriebsprämie, deren Zahlung nicht mehr an die Erzeugung gekoppelt sein wird (Entkopplung), so daß die Einkommen der Landwirte gesichert sind und diese ihre Erzeugung an den Marktbedürfnissen und den Erwartungen der Verbraucher ausrichten können“, ab. Im Klartext heißt das, daß Wettbewerb in der Landwirtschaft durch starre Abnahmeverträge weiterhin ausgebremst wird.

Auf Marktbedürfnisse kann in der Realität nur die weiterverarbeitende Industrie reagieren, das Geld wird mit der Veredlung der Produkte verdient. Der Landwirt hängt am Tropf von Handel und Großabnehmern, die bei höherem Bedarf und gleichbleibender oder nur geringfügig gesteigerter Produktion die Preise diktieren.

Den Reibach an den großen Agrarbörsen in Chicago und Paris machen nur die großen Konzerne. Diese haben nun noch die Märkte Indien und China erschlossen. Mit dem Argument, daß die angeblich laktoseallergischen Chinesen plötzlich anfangen, Milch zu trinken, wird bei gleichbleibender Produktion die EU-Milch nach Asien verkauft. Das treibt den Preis in die Höhe. Und weil die Chinesen schon wieder ein Stück weiter denken, arbeiten sie an der eigenen Milchviehzucht. Dafür werden natürlich Futtermittel benötigt, welche die EU gern liefert, ohne den Bauern in der EU zu gestatten, mehr zu produzieren. Der Getreidepreis zieht an.

Seitdem die EU, Gap-Reform sei dank, stillgelegte Flächen nicht mehr direkt subventioniert, sondern den Betrieb per Betriebsprämie bezuschußt, können Landwirte die stillgelegten Flächen für andere Zweige der Landwirtschaft bewirtschaften.

Während in Kampagnen verkündet wird, daß auch Getreide knapp werde und somit auch Futtermittel für das Milch- und Schlachtvieh, was natürlich auch bei diesen Produkten zu Preissteigerungen führen müsse, wird auf den für den Nahrungsmittelanbau „gesperrten“ Flächen, trotzdem Getreide angebaut. Getreide, welches in Bio-Kraftwerken und als Bio-Diesel verheizt wird, zum Schutz des Klimas, zum Schutz des Marktes, zum Schutz der Subventions- und Markt-Lobbyisten und zum Schaden der Verbraucher. Daß Landwirte von den derzeit durchgedrückten Preissteigerungen profitieren, ist fraglich. Während der Handel die Milchpreise vielerorts längst erhöht hat, berichtet ein Bauer aus Winsen an der Luhe, daß er nach wie vor 28 Cent statt der in Aussicht gestellten 40 Cent pro Liter Milch von seiner Molkerei bekomme.

Foto: Milchbauern fordern ihren Anteil: An Preiserhöhung verdienen andere.

 

Zeitzeugen

Josef Ertl – Er war der dienstälteste Landwirtschaftsminister der Bundesrepublik. Der am 7. März 1925 in Oberschleißheim geborene Sohn eines Landwirts führte von 1969 bis 1983 das Landwirtschaftsministerium. Ertl starb am 16. November 2000 in Murnau.

 

Heinrich Lübke – Er war von 1953 bis 1959 Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und von 1959 bis 1969 Bundespräsident. In seiner Amtszeit wurden 1957 die Römischen Verträge geschlossen und die gemeinsame Agrarpolitik begründet. Der am 4. Oktober 1894 in Enkhausen / Sauerland Geborene studierte Geodäsie und Landwirtschaft, war von 1932 bis 1933 für das Zentrum Mitglied des Preußischen Landtages. Nach Kriegsende trat er der CDU bei. Lübke starb am 6. April 1972 in Bonn.

 

Constantin Freiherr Heereman von Zuydtwyck – Er entstammt einem alten holländischen Adelsgeschlecht. Von 1969 bis 1997 war er Präsident des deutschen Bauernverbandes. In seiner Amtszeit scheiterte er an der Aufgabe, die Einheit des landwirtschaftlichen Berufsstandes im Osten herzustellen. Der 1931 in Münster geborene Heereman ist Vater von fünf Kindern und mehrfacher Großvater. Sein Engagement im Bauernverband begann er 1958. Von 1982 bis 1986 war er Präsident des Weltbauernverbandes. Er gilt als Verfechter einer bäuerlichen Landwirtschaft.

 

Renate Künast – Sie war von 2001 bis 2005 Ministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft in der rot-grünen Bundesregierung. Auf ihre Anregung hin wurde das Ministerium umbenannt; vorher hieß es „Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten“. Künast leitete maßgeblich die   Agrarwende ein. Ziele waren eine stärkere Orientierung am Verbraucher- und Tierschutz sowie der ökologische Landbau.


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