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25.08.07 / Ost-Deutsch (29): Ringlspiel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-07 vom 25. August 2007

Ost-Deutsch (29):
Ringlspiel
von Wolf Oschlies

Schön ist so ein Ringlspiel“, behauptete in den 1920er Jahren ein ohrwurmiger Schlager des Erfolgsduos Peter Herz (Text) und Hermann Leopoldi (Musik). Schauplatz des Lieds war natürlich der Wiener Prater, denn „Ringlspiel“ – ohne „e“, lieber Duden! – ist seit jeher das österreichische Wort für Karussell. Und es ist ein bei allen Südslawen alteingeführtes Wort, regional in einem Buchstaben unterschieden „ringlspil“ bei Slowenen und Kroaten, „ringispil“ bei Bosniern, Serben und Makedonen. Sachliche Anschauung gaben im Juni 2006 die Kinder der slowenischen Grundschule Sevnica, die die Hinterachse eines Leiterwagens halb in der Erde vergruben und sich vom oberen, freistehenden Rad wirbeln ließen: Eigenbau-„ringlspil“. Im makedonischen Ohrid steht seit vier Jahren ein „zabaven park so ringispil“ (Unterhaltungspark mit Ringlspiel), diesmal ein buntes Riesenkarussell.

So weit, so normal, jedoch nur der Anfang einer weiten Bedeutungsvielfalt: „Zivot je ringlspil (ringispil), ist ein in Kroatien und Serbien oft zu hörender Seufzer: Das Leben ist ein Ringlspiel. „Ringispil“ nennen sich ein Kammerquartett aus Bosnien, eine Rockband aus der Vojvodina, eine Fußballmannschaft aus dem serbischen Krusevac (die beim letzten Kleinfußball-Turnier im Juni ihre Gegner durcheinander wirbelte) und weitere. Zudem ist „ringispil“ ein Synonym für Chaos, kann also auf dem Skopjer Flughafen, in der Verkehrsplanung, in der Politik auftreten: „Jugoslovenstvo je havarisan ringispil“, bedauert mancher: Jugoslawentum ist ein verschrottetes Ringlspiel. Nur noch Erinnerung ist es als Sammelbegriff für die wilde Rock’n’roll-Szene der 1950er Jahre, liebevoll in der Chronik von Aleksandar Zkic „Fatalni ringispil“ (Fatales Ringelspiel) porträtiert.

„Ringispil“ kommt von „ring“, der bei Südslawen auch frequent ist, meist im Sinne von „in den Ring steigen“. Eine „ringla“ ist die Kochplatte am Herd, von denen die kleinste die wichtigste ist – für die „dsheswa“, in der „tursko kafe“ gekocht wird. Dann gibt es noch das „ringe-ringe-raja“, das nichts mit dem „raj“ (Paradies) zu tun hat, sondern eine von Anfang an verfehlte Sache bezeichnet. Wie sein deutsches Pendant „ringel-ringel-reihe“ ist es kindersprachlich: „Ringe-ringe-raje / Evo tebi jaje“ (Ringel-ringel-reihe / hier hast du deine Eier).


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