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25.08.07 / Eine unglaubliche Karriere / Vor 200 Jahren starb die Malerin Angelika Kauffmann, die eine Männerdomäne eroberte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-07 vom 25. August 2007

Eine unglaubliche Karriere
Vor 200 Jahren starb die Malerin Angelika Kauffmann, die eine Männerdomäne eroberte
von Silke Osman

Ein dänischer Botschafter sprach das aus, was alle damals dachten. „Alles wird weggerissen, was von ihr kommt ... the whole world is angelicamad.“ In der Tat, die ganze Welt, zumindest die kunstinteressierte, war verrückt nach Angelika Kauffmann. Die junge Schweizerin hatte eine damalige Männerbastion erobert, wenn sie auch kämpfen mußte, ihre Position zu halten und oft genug gegen Anfeindungen, Mißachtung sowie Klatsch und Tratsch dagegenhalten mußte. Die Schar ihrer Anhänger war dennoch unübersehbar. Zu ihnen gehörte die internationale geistige und künstlerische Elite, die in ihrem römischen Salon verkehrte: der Bildhauer Antonio Canova, der Maler Johann Heinrich Tischbein, der Dichter Johann Wolfgang von Goethe, der Philosoph Johann Gottfried Herder. Der Mohrunger sprach von ihr als der „vielleicht kultiviertesten Frau Europas“ und schrieb an seine daheimgebliebene Ehefrau Caroline begeisterte Briefe nach Weimar. „Überhaupt ist diese Frau eine wahre Perle der Freundschaft und Unschuld, die ich noch zu guter Letzt gefunden habe und immer aufbewahren werde. Sie ist wie ein geläutertes Gold, zart wie eine in sich zurückgescheuchte Taube, die aber in einer eignen großen und fröhlichen Welt, die in ihr ist, lebet; und dabei die Moralität, Frömmigkeit, Sittsamkeit, Reinheit und Unschuld selbst“, so Herder im April 1789 an Frau Caroline. Zuvor hatte er im März geschrieben, daß die Kauffmann ihn malen wolle, „und ich mag es der guten jungfräulichen Engelsseele nicht weigern, daß sie meinen alten kahlen Kopf so zu Ehren bringen will“.

Ganz anders Johann Wolfgang von Goethe, der ebenfalls von Angelika Kauffmann gemalt wurde. Er mokierte sich später in seiner „Italienischen Reise“: „Angelika malt mich auch, aber daraus wird nichts. Es verdrießt sie sehr, daß es nicht gleichen und werden will. Es ist immer ein hübscher Bursche, jedoch keine Spur von mir.“ Wenn auch der Dichterfürst treffsicher dargestellt wurde, so ist das Porträt wohl zu wirklichkeitsnah ausgefallen. „Goethe wollte eben mehr als lediglich ein sogenanntes realistisches Porträt: Er wollte die Überhöhung, die Tischbein ihm anbot“, erläutert Michael Krapp im Katalog zu einer Ausstellung, die derzeit zum 200. Todestag der Künstlerin im österreichischen Bregenz zu sehen ist. Doch Goethe liebte offensichtlich die Taktik der Nadelstiche. Sein „Lob“ – „Sie hat ein unglaubliches und als Weib wirklich ungeheures Talent. Man muß sehen und schätzen was sie macht, nicht das was sie zurückläßt“ – hinterläßt einen bitteren Nachgeschmack. Die Kauffmann sei eben doch nur eine Frau und schaffe nicht für die Ewigkeit. Nach heutigen Maßstäben aber hat Angelika Kauffmann Grenzen überschritten und anderen Frauen die Wege in die Kunst geöffnet. Zahlreiche Veröffentlichungen befassen sich mit ihr. So auch biographische Romane wie der von Jutta Rebmann, der jetzt bei dtv neu herausgegeben wurde (352 Seiten, brosch., 8,95 Euro). „Das Werk und die Person von Angelika Kauffmann faszinieren bis heute“, betont Tobias G. Natter, Direktor des Vorarlberger Landesmuseums und somit Hausherr der weltweit größten Angelika-Kauffmann-Sammlung. „Wie kaum eine andere Künstlerin repräsentiert sie den Geist ihrer Zeit, dem sie in ihren Bildern Gestalt verlieh. Längst gilt sie als Klassikerin, deren künstlerische Entwick-lung ausführlich untersucht und ihr Stellenwert im Kontext der Künstlerkollegen eingehend analysiert wurde.“

Die Doppel-Ausstellung „Angelika Kauffmann – Ein Weib von ungeheurem Talent“ im Vorarlberger Landesmuseum, Kornmarktplatz 1, A 6900 Bregenz, und im Angelika-Kauffmann-Museum, Brand 34, A 6867 Schwarzenberg, ist täglich von 10 bis 20 Uhr sowie vom 11. September bis 5. November dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr, donnerstags bis 20 Uhr geöffnet, Eintritt 6 / 4 Euro, bis 5. November, Katalog im Hatje Cantz Verlag (288 Seiten, 243 Abb., davon 175 farbig, 39,80 Euro).

 

Angelika Kauffmann wurde am 30. Oktober 1741 im schweizerischen Chur geboren. Sie wuchs unter anderem in Schwarzenberg / Bregenzerwald auf und malte dort schon in jungen Jahren mit ihrem Vater die Dorfkirche aus. In den 1760er Jahren hielt sie sich in Italien auf und porträtierte dort zahlreiche Zeitgenossen. Von 1766 bis 1781 war sie in London, wo sie zu den Gründungsmitgliedern der Royal Academy gehörte. 1782 ging sie wieder nach Italien, wo sie ein gastfreies Haus führte. Sie starb am 5. November 1807 in Rom und wurde in der Kirche San Andrea delle Fratte bestattet. Die Beerdigung stattete der Bilderhauer Antonio Canova aus. Angelika Kauffmann hinterließ rund 1000 Arbeiten.


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