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25.08.07 / Schätze im Dornröschenschloß / Die unbändige Sammelleidenschaft des Vaters inspirierte die Familie zu einem kleinen privaten Museum

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-07 vom 25. August 2007

Schätze im Dornröschenschloß
Die unbändige Sammelleidenschaft des Vaters inspirierte die Familie zu einem kleinen privaten Museum
von Silke Osman

Es war wieder einer dieser heißen Tage. Das Thermometer zeigte 35 Grad Celsius, und das um elf Uhr morgens. Nur die ganz Mutigen und die fanatischen Sonnenanbeter wagten sich an den Strand. Die anderen suchten sich ein schattiges Plätzchen in einer der Tavernen, die sich wie Perlen einer Kette am Ufer aneinanderreihten. Natürlich waren sie voll, natürlich waren die schönsten Plätze längst besetzt. Da war die Idee, ins Land zu fahren und dort nach einem ruhigen Platz zu suchen, nicht schlecht. Vom  Badeort Plakias an der Südwestküste Kretas ging es zunächst planlos ins Landesinnere. Plötzlich waren Hinweisschilder auch in deutscher Sprache zu entdecken: Museum Papa Michalis Georgoulakis. Ein Museum in diesem kleinen Dorf namens Asomatos? Warum nicht?

Das Auto ist schnell abgestellt. Durch eine typisch kretische Gasse, eng und nur zu Fuß zu passieren, gelangt man zu dem kleinen privaten Museum, das einem verwunschenen Dornröschenschloß gleicht. Blumenkübel vor dem Eingang, am Dachvorsprung vergoldete Lampen, die einst wohl in einer Kirche zu finden waren. Am Eingangstor eine alte Glocke. Zaghaftes Läuten ruft einen Mann herbei, der die Gäste freundlich hereinbittet. „Sehen Sie sich alles an. Wenn Sie Fragen haben, wenden Sie sich an mich“, sagt er auf Deutsch. Wie sich später herausstellt ist er der Sohn von Papa Michalis und mit einer Deutschen verheiratet. Die Familie kam auf die Idee, ein Museum einzurichten, um all die Gegenstände, die der Priester im Laufe seines langen Lebens gesammelt hat, einer breiteren Öffentlichkeit zu zeigen (täglich von 10 bis 15 Uhr). Aber auch, um die unbändige Sammelleidenschaft des Vaters ein wenig einzudämmen. Das wird kaum gelungen sein, denn wie der Sohn erzählte, seien in den Privaträumen noch Unmengen von wertvollen, aber auch unnützen Gegenständen zu finden. Seit Papa Michalis, der immerhin schon 86 Jahre alt ist, gesundheitlich nicht mehr so auf dem Damm ist, kann er nicht mehr die Flohmärkte „abgrasen“, um etwas für seine Sammlung zu finden. Entstanden ist durch seine Sammelwut und die geschickte Präsentation durch die Familie ein zauberhaftes kleines Museum zur Geschichte und zum Alltagsleben Kretas. Kinderschuhe, bäuerliche und Küchengeräte, Radios, Schreibmaschinen,  Geldscheine, alte Uhren, Ikonen, Priestergewänder, liturgisches Gerät erzählen Geschichten und laden zum ausführlichen Verweilen ein. Der alte Sammler hämmert indes mit aller Wucht auf einem Gegenstand herum, als wollte er die Menschen vertreiben, die sich für seine Schätze interessieren. Papa Michalis aber ist mittlerweile schwerhörig, er merkt den Lärm nicht mehr, den er veranstaltet, und hat ihn wohl auch nicht so gemeint ...


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