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25.08.07 / Die letzte Liebe / Leben im Altenwohnheim

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 34-07 vom 25. August 2007

Die letzte Liebe
Leben im Altenwohnheim

Wem Geschichten über das Älterwerden und Sterben, aber auch über Liebe und Sex im Alter widerstreben, der sollte die Finger von „Endstation – Erzählungen aus einer Altenwohnanlage“ lassen. Für alle anderen sind die Geschichten, die Kurt Baltinowitz anhand eigener Erfahrungen schildert, durchaus kurzweilig.

„Immer, wenn Albert Strenkla von seinem Balkon aus einen Blick zur gegenüberliegenden Seite warf, sank seine stets gute Laune auf den Nullpunkt. Er konnte sich absolut nicht daran gewöhnen, anstelle eines freien Blickes auf die Natur einen langgestreckten, grauen Häuserblock … vor sich zu haben. Er kam sich irgendwie eingeengt vor, wie auf einem Hinterhof.“ Der 78jährige hat jahrelang seine an Demenz erkrankte Ehefrau gepflegt, doch nach ihrem Tod wollte er nicht mehr in der gemeinsamen Wohnung leben. Da selber nicht mehr der Jüngste, entschied er sich für eine Altenwohnanlage. Endstation? Ja, aber noch nicht sofort, denn Albert lernt neue Freunde kennen und verliebt sich sogar. Anfangs verwundert es den alten Herren, wie sehr die alten Damen und Herren auf Partnersuche sind, doch nachher öffnet er sich auch. In Marion findet er eine vertraute Seele. Und auch sein Freund Werner erlebt mit Irmgard einen zweiten Frühling – bis sie einen Schlaganfall hat …

Wer denkt, daß alte Leute nur lieb und nett sind, der irrt. So hat das Altenheim regelmäßig Probleme mit angetrunkenen Senioren, die im Raucherzimmer Party machen. Stets im Mittelpunkt: der Filou. Der tätowierte ältere Herr, war in seiner Vergangenheit wohl ein Frauenheld, und auch im Altenheim stehen die Seniorinnen auf den verlebten Endsechziger. Er macht ihnen anzügliche Komplimente und gibt ihnen das Gefühl, sexy zu sein. Auch seine versauten Witze sorgen bei so manchem für Erheiterung.

Da in der Wohnanlage eher Personen mit kleiner Rente leben, sind auch manche eher schlichtere Gemüter darunter. Und auch nicht jeder hat eine „normale“ Vergangenheit. Und auch wenn die Altenheimleitung regelmäßig Ausflüge und Feiern anbietet, haben die alten Leute viel Muße, um übereinander herzuziehen.

Leider gibt es ab dem zweiten Drittel des Buches einen Bruch, da die Hauptpersonen Albert, Marion, Werner und Irmgard aus verschiedenen Gründen aus dem Wohnheim verschwinden. Von da an erzählt der Autor nur noch locker verschiedene Episoden. Hier wäre es schöner gewesen, wenn diese in die Geschichte der vier Hauptfiguren eingeflochten worden wären.

Daß es bei „Endstation“ nicht immer fröhlich zugeht, läßt sich zudem auch am Titel erahnen. Regelmäßig greift der Tod um sich und drückt auf die Stimmung der Zurückgebliebenen, von denen jeder der nächste sein kann. Aber so ist leider die Realität und daher ist es unerläßlich, wenn man realistisch über das Leben und Sterben im Altenwohnheim schreiben will.             Bel

Kurt Baltinowitz: „Endstation – Erzählungen aus einer Altenwohnanlage“, SOL, Königslutter 2007, broschiert, 88 Seiten, 11,80 Euro, Best.-Nr. 6318


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