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01.09.07 / Zu Besuch bei den Preußen Asiens

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-07 vom 01. September 2007

Zu Besuch bei den Preußen Asiens
von Harald Fourier

Es heißt, die Koreaner seien die „Preußen Asiens“. Was ist da wohl dran? Ich hatte Gelegenheit, das Land zu besuchen, und war zunächst etwas enttäuscht. Neben dem Gestank im Sommer, wenn nachts der Müll auf den Straßen liegt, sprechen noch ein paar andere Dinge gegen den Preußen-Vergleich: das ewige Verneigen, das Maskenhafte, die bescheidene Körpergröße.

Kleine Menschen. Das merke ich in Gebäuden (wo ich den Kopf einziehen muß) oder bei den Hotel-Badelatschen. Im Speisesaal ist es schlimmer als in der winzigsten  Jugendherberge. An einem runden Tisch, an dem in Europa sechs Personen platz nähmen, sitzen hier zehn. Aber Platz ist eben Mangelware in einer Stadt wie Seoul, die flächenmäßig kleiner ist als Berlin, aber elf Millionen beherbergt!

Der wirtschaftliche Erfolg des früheren Agrarlandes ist atemberaubend. Das geht nur mit eiserner Disziplin. Die Koreaner legen auch bei scheinbar zweitrangigen Dingen eine beachtliche Selbstbeherrschung an den Tag. In Seoul überquert niemand große Straßen. Es gibt Unterführungen dafür. Deutsche Fußgänger würden sich nicht daran halten, nicht zuletzt wegen der 100 Treppenstufen. Aber Fahrstühle, Rolltreppen, Problembewußtsein für das Schicksal von Rollstuhlfahrern? Leider Fehlanzeige in der südkoreanischen Metropole.

Und dann das: Während meiner ersten U-Bahnfahrt in einer Sonnabendnacht kommt sofort ein Koreaner auf mich zu, als er meinen Stadtplan und den leicht ratlosen Blick sieht, um mir (auf englisch) Hilfe anzubieten. Phänomenal – dafür haben die Berliner Verkehrsbetriebe 2006 Kurse mit dem Personal durchgeführt, damit es zur  Fußball-WM auf freundlich macht. Anschließend ereignet sich auch noch folgende Begegnung: Ich bin mit lauter jungen Koreanern allein in der Bahn. Nach wenigen Stationen kommt ein Junge auf mich zu und fragt (wieder auf englisch), ob ich nicht den gerade freigewordenen Sitzplatz haben will? Ich muß mich zusammenreißen, um nicht laut loszulachen. Mein erster Gedanke: Stell dir vor, du bist als Asiate in der Berliner U-Bahn und so ein 18jähriger Rotzlöffel steht auf, um dir seinen Sitzplatz anzubieten – undenkbar. Jugendliche stehen heutzutage nicht mal mehr für Senioren oder Schwangere auf. Erst recht nicht für mich.

Damit steht für mich fest: Die Koreaner haben sich ihr Prädikat, die Preußens Asiens zu sein, redlich verdient, auch wenn sie ein bißchen klein sind. Selbst die Sache mit den müffelnden Müllbergen sollte sich bald klären. Die Stadtreinigung arbeitet mindestens so fleißig wie bei uns. Morgens früh ist von den nächtlichen Müllbergen am Straßenrand nichts mehr zu sehen.


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