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01.09.07 / Preußen setzte Maßstäbe / Die Franckeschen Anstalten und die Niederlage von Kunersdorf brachten die Schulpflicht voran

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-07 vom 01. September 2007

Preußen setzte Maßstäbe
Die Franckeschen Anstalten und die Niederlage von Kunersdorf brachten die Schulpflicht voran
von Manuel Ruoff

Bereits 1524 verfaßte nicht etwa ein Pädagoge, sondern kein Geringerer als Martin Luther die Schrift „An die Ratsherren aller Städte deutschen Landes, daß sie christliche Schulen aufrichten und halten sollen“.

Verständlicherweise fand diese Forderung vor allem in den protestantischen Teilen des Heiligen Reiches Gehör.

Das erste Territorium im Reiche und in der Welt, das förmlich eine gesetzliche Schulpflicht einführte, war 1598 Straßburg. Die evangelische Freie Reichsstadt wurde allerdings 1681 durch das katholische Frankreich erobert.

Vor Straßburg war bereits in Württemberg in der großen Kirchenordnung von 1559 eine Schulpflicht festgelegt worden. Diese betraf allerdings nur die Jungen. Die allgemeine Schulpflicht wurde hier erst 1649 eingeführt. Das war sieben Jahre nach Sachsen-Coburg-Gotha und immerhin noch zwei Jahre nach Braunschweig-Wolfenbüttel.

Der erste größere Staat, der die Schulpflicht einführte und damit über die Grenzen Deutschlands hinaus Maßstäbe setzte, war Preußen. Der Soldatenkönig hielt Schulfragen anfänglich für weniger wichtig. Die Erfolge August Hermann Franckes mit seinen 1695 gegründeten und nach ihm benannten Anstalten zur Erziehung und Betreuung der Jugend beeindruckten jedoch den König und bewogen ihn zu einem Umdenken. Ein Meilenstein war das zur maßvollen Anhebung des geistigen und zur Verbesserung des sittlichen Niveaus 28. September 1717 erlassene Generaledikt betreffend die Schulpflicht. Wo bereits Schulen bestanden – und das war wahrlich nicht überall –, wurde der Besuch von diesen zur Pflicht gemacht. Eine Befreiung war allerdings möglich, wenn die Eltern ihre Kinder für die Arbeit in Haus und Landwirtschaft benötigten. Armut sollte jedoch kein genereller Hinderungsgrund sein. Sollten die Eltern für das Schulgeld nicht aufkommen können, wurde es aus dem jeweiligen Ortsalmosen bezahlt.

Wie Friedrich Wilhelm I. war auch sein Sohn und Nachfolger Friedrich der Große an Schulfragen anfänglich wenig interessiert. Was beim Vater die Franckeschen Anstalten, war beim Sohne der Siebenjährige Krieg. Bei der Reorganisation des Heeres nach der empfindlichen Niederlage bei Kunersdorf vom 12. August 1759 stellte sich ein eklatanter Mangel an Unteroffizieren, die rechnen und schreiben konnten, heraus. Hier galt es schon aus militärischen Erwägungen, durch Schulbildung Abhilfe zu schaffen. Zudem schienen die durch eine Ausweitung des Schulwesens entstehenden Schulmeisterstellen prädestiniert zur Versorgung der beim Aufstieg Preußens zur Großmacht anfallenden Kriegsinvaliden. Am 12. August 1763 wurde ein Generallandschulreglement erlassen, das die Grundlage für die Entwicklung des preußischen Volksschulwesens bildete. Die ersten sechs der insgesamt 26 Paragraphen beschäftigen sich mit der Schulzeit. Demzufolge begann die Schulpflicht spätestens mit dem fünften Lebensjahr und endete mit dem 13. oder 14., sobald die Kinder „nicht nur das nötigste vom Christentum gefaßt haben und fertig lesen und schreiben, sondern auch von demjenigen Red und Antwort geben können, was ihnen nach den von Unsern Consistoriies verordneten und approbierten Lehrbüchern beigebracht werden soll“. Lernerfolgsabhängige Schulpflicht gab es also auch schon damals.


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