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01.09.07 / Friedrich Wilhelm IV. sei Dank / Die Grundsteinlegung zum Weiterbau des Kölner Domes erfolgte vor 165 Jahren im Beisein des preußischen Königs

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 35-07 vom 01. September 2007

Friedrich Wilhelm IV. sei Dank
Die Grundsteinlegung zum Weiterbau des Kölner Domes erfolgte vor 165 Jahren im Beisein des preußischen Königs
von Manfred Müller

Touristen in großer Zahl strömen in der Hauptreisezeit zum Kölner Dom. Menschen aus aller Welt, Christen und Nichtchristen, wollen dieses gewaltige Monument des Weltkulturerbes sehen, das ohne den Beitrag Preußens wahrscheinlich Bauruine geblieben wäre.

Als solche war sie in den ersten beiden Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts deutschen Kunstfreunden und Patrioten ein Stein des Anstoßes. Diese waren stark von der Mittelalterbegeisterung der deutschen Romantik beeinflußt und hofften darauf, daß der Dombau in einer gewaltigen Kraftanstrengung der deutschen Nation vollendet werden könnte.

In seinem berühmten Artikel im „Rheinischen Merkur“ vom 20. November 1814 forderte der rheinische Katholik Joseph Görres, der sich von einem jugendlichen frankophilen Revoluzzer zu einem glühenden deutsch-konservativen Patrioten gewandelt hatte, der unvollendete Kölner Dom müsse zu einem Nationaldenkmal ausgebaut werden. In seinem unfertigen Zustand sei der Dom ein ewiger Vorwurf, ein Bild von „Teutschland in seiner Sprach- und Gedankenverwirrung, seinem inneren Hader und seiner Eigensucht, seinem Niedergang und seiner Zerrissenheit“. Vollendet als „das wahre Nationaldenkmal“ werde der Dom ein Symbol sein „des neuen Reiches, das wir bauen wollen“.

Ein erster Ansatz zur Erhaltung des gewaltigen Torsos und für einen eventuellen Weiterbau ergab sich 1821. Preußen vereinbarte mit dem Heiligen Stuhl die Wiederherstellung der durch die Französische Revolution zerstörten Bistümer. Dem preußischen Staat fiel die Pflicht zum Unterhalt der Bischofskirchen zu, soweit die Bischöfe dazu nicht in der Lage waren. Doch unter dem sparsamen und nüchternen König Friedrich Wilhelm III. flossen die Mittel für den Kölner Dom nur ungenügend. 1823 konnte die neue Dombauhütte ihre Arbeit aufnehmen. Jährlich standen ihr etwa 20000 Taler zur Verfügung, von denen 12000 aus der Staatskasse kamen, während der Rest von kirchlicher Seite aufgebracht wurde. Dombaufreunde bemühten sich seit 1838, einen Dombauverein zu gründen. Doch Friedrich Wilhelm III., der sich seit 1837 mit dem Kölner Erzbischof Droste-Vischering in einem heftigen Konflikt wegen der Mischehenfrage befand, lehnte die Genehmigung ab.

Alles änderte sich mit dem Regierungsantritt Friedrich Wilhelms IV. im Jahre 1840. Dieser Romantiker auf dem Königsthron, christlich konservativ gesinnt, an der deutschen Reichsherrlichkeit des Mittelalters orientiert, war seit seinem 19. Lebensjahr ein begeisterter Anhänger des Dombauvorhabens. Schon am 23. November 1840 genehmigte er die Gründung des Dombauvereins, wie er auch zügig den Konflikt mit der katholischen Kirche beilegte. Der vollendete Dom sollte ein Symbol der Allianz von Kirche und Staat werden (anstelle der Unterordnung des Altars unter den Thron), der Versöhnung von Protestanten und Katholiken und der Abwehr revolutionärer Erschütterungen. 1842 kam es zu folgender Abmachung: Friedrich Wilhelm IV. wollte jährlich 50000 Taler zur Bestreitung der Baukosten bereitstellen, einen ähnlich hohen Betrag sollte der Dombauverein beisteuern. Beide Summen sollten in einen Baufond fließen, aus dem die staatliche Baubehörde die notwendigen Gelder erhielt. Überall in Deutschland kam es zur Gründung von Dombauvereinen (meist kurzlebiger Natur), die dem Kölner Zentralverein zugeordnet wurden.

Am 4. September 1842 nahm Friedrich Wilhelm IV. an der Grundsteinlegung zum Weiterbau des Domes teil. Diesen wußte er bei dem Dombaumeister, dem Schlesier Ernst Zwirner, der von 1833 bis zu seinem Tod an der Dombauhütte wirkte, in besten Händen. Nach zeitgenössischen Presseberichten war eine so große Menschenmenge, wie sie an diesem Septembertag zusammenströmte, in Köln noch nicht gesehen worden. Der König wurde mit enthusiastischem Beifall begrüßt; religiöse und nationale Empfindungen fanden zu einem schönen Einklang zusammen. Es war eine kluge Geste, daß der protestantische Monarch am feierlichen Hochamt im Dom teilnahm (in der damaligen Zeit keine Selbstverständlichkeit).

In der Folgezeit war der abgesprochene Modus der Dombaufinanzierung wiederholt gefährdet, ja es drohte sogar gelegentlich die Einstellung des Weiterbaus. Reiche rheinische Mäzene aus der aufstrebenden Industrie, aus dem Handel und der Bankenwelt mußten gewonnen werden, um ein Stocken der Baumaßnahmen zu verhindern. Aber auf die Dauer war dies keine Lösung. Der Dombauverein entwickelte das Projekt einer Dombaulotterie. Deren Erträge, so schätzte man, würden so groß sein, daß des Königs wiederholtes Zögern, die zugesagten Jahresraten bereitzustellen (wofür es vielerlei politische Gründe gab), nicht mehr so stark ins Gewicht fallen würde. Die Ministerialbürokratie aber hintertrieb jahrelang alle diese Pläne. Erst 1865 genehmigte König Wilhelm I. eine erste Ausspielung der Dombaulotterie. Diese erbrachte einen Reingewinn von 177000 Talern. Weiterer Widerstand der Bürokraten konnte dann eine Dauerkonzessionierung für die Dombaulotterie nicht mehr verhindern.

1880 wurde der Dombau, diese einzigartige Verbindung von mittelalterlich-gotischer Baukunst und moderner Neugotik, vollendet. Das für den 15./16. Oktober geplante Dombaufest wurde überschattet von den Auswirkungen des Kulturkampfes, der heftigen Auseinandersetzung zwischen preußischem Staat und katholischer Kirche. Daher trug der Festverlauf einen stark weltlichen Charakter. Das Domkapitel fühlte sich von den Vorbereitungen ausgeschlossen, der „ultramontan“ gesinnte Teil der Kölner Bevölkerung, repräsentiert durch die Zentrumspartei, sah sich provoziert. Ein besonders unglücklicher Umstand war, daß Erzbischof Melchers in der Verbannung weilen mußte. Dennoch gelang es schließlich, Kompromisse zu finden.

Die von streng kirchlichen Kreisen praktizierte „vornehme Zurückhaltung“ kam nicht recht zur Geltung. Die Beteiligung der Kölner und der rheinischen Bevölkerung war recht groß, das Kaiserpaar wurde umjubelt. Die offizielle Berichterstattung stellte ganz stark die nationale Symbolik des Dombaus und die Verdienste des preußischen Königshauses heraus. Letztere wurden etwas überbetont, denn die Vollendung des Doms war eine gewaltige Gemeinschaftsleistung des Kölner Bürgertums (Dombauverein, rheinische Mäzene) und des preußischen Staates. Kaiser Wilhelm I. hatte in seiner Festansprache aber durchaus recht mit der Aussage, das eigentliche Verdienst der Dombauvollendung komme seinem verstorbenen Bruder Friedrich Wilhelm IV. zu. Ohne die romantische Begeisterung dieses Monarchen wären die Staatsgelder auf das Maß dessen beschränkt worden, was zur Erhaltung und Renovierung des aus dem Mittelalter überkommenen Torsos notwendig gewesen wäre.

Foto: Kölner Dom: Erst staatliche und private Gelder zusammen machten die Vollendung des Sakralbaus möglich.


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