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08.09.07 / Standortbestimmung mit dem Stift / Das Berliner Käthe-Kollwitz-Museum zeigt eine Auswahl der Selbstbildnisse der Künstlerin

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-07 vom 08. September 2007

Standortbestimmung mit dem Stift
Das Berliner Käthe-Kollwitz-Museum zeigt eine Auswahl der Selbstbildnisse der Künstlerin

Selbstporträts von Künstlern erfreuen sich – wie nicht zuletzt die Fülle an Publikationen der jüngsten Zeit hierzu zeigt – bei Kunstfreunden und -kennern einer augenfälligen Aufmerksamkeit. Namhafte Größen der europäischen Kunstgeschichte wie Rembrandt, Max Beckmann oder Lovis Corinth sind unter anderem für die Vielzahl beeindruckender Selbstbildnisse bekannt, die sie hinterlassen haben. Dazu zählt auch Käthe Kollwitz. Mehr als 100 Mal hat sie sich selbst Modell gesessen und ein Zeugnis ihrer jeweiligen Verfassung abgelegt.

Nicht eitle Selbstbespiegelung hat Käthe Kollwitz offensichtlich dazu veranlaßt, sondern wohl eher das Bedürfnis, sich ihrer selbst zu vergewissern und eine Standortbestimmung, auch nach außen hin, vorzunehmen. Diese Selbstdarstellungen mögen insbesondere für eine Künstlerin gegen Ende des 19. beziehungsweise am Anfang des 20. Jahrhunderts, zu Zeiten, als das Berufsbild des Kunstschaffenden für Frauen noch nicht sehr ausgeprägt war, von besonderer Bedeutung gewesen sein.

So ist es sicher kein Zufall, daß vor allem unter den frühen Selbstbildnissen einige Käthe Kollwitz zeichnend oder radierend zeigen oder in anderer Weise auf die Profession anspielen, in der die angehende Künstlerin erst noch zu sich selber finden und sich einen Namen machen mußte. Später, als anerkannte Grafikerin, begnügte sie sich oft damit, neben den eigenen Gesichtszügen ihre „Schöpferhand“ ins Blickfeld zu rücken – ein häufiges Motiv, auch bei Selbstporträts ihrer männlichen Kollegen.

Eine weitere Eigentümlichkeit ist bei Käthe Kollwitz zu bemerken, die womöglich mit ihrer – im Vergleich zu Malern – geringeren Einkommenslage zusammenhängt. Nicht selten erprobte sie Haltung und Mimik von Bildfiguren am eigenen Leib; war sie sich doch selbst das preisgünstigste und ein jederzeit verfügbares Modell.

Entsprechend kommt in ihrem Werk denn auch oft das verkappte Selbstbildnis, das sogenannte Rollenporträt vor, bei dem man die Physiognomie von Käthe Kollwitz im Antlitz von „handelnden Personen“ auf den Kompositionen der Künstlerin wiedererkennen kann.

Nun ist es an sich keine Seltenheit, daß ein Künstler eine Figur auf seinem Bild mit dem eigenen Konterfei versieht, jedoch läßt die Häufung bei Käthe Kollwitz fragen, ob sich damit vielleicht ein eigener Sinn verbindet. So ergibt sich rund um die Selbstdarstellungen der Grafikerin und Bildhauerin ein reiches Forschungsfeld, welches das Käthe-Kollwitz-Museum Berlin in einer Ausstellung näher erkunden will.           KKM

Die Austellung im Käthe-Kollwitz-Museum, Fasanenstraße 24, 10719 Berlin (Charlottenburg), ist mittwochs bis montags und feiertags von 11 bis 18 Uhr geöffnet, Eintritt 5  / 2,50 Euro, bis 28. Oktober


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