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08.09.07 / Friderizianisches Juwel wird blankgeputzt / Die Außenrestaurierung von Schloß Schönhausen in Berlin ist abgeschlossen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-07 vom 08. September 2007

Friderizianisches Juwel wird blankgeputzt
Die Außenrestaurierung von Schloß Schönhausen in Berlin ist abgeschlossen
von Dirk Klose

Am Ende des Siebenjährigen Krieges von 1756 bis 1763 war Friedrich der Große krank und zermürbt. Das jahrelange Biwakieren im Feldlager, die Strapazen der Märsche und der mehrfach drohende Zusammenbruch Preußens hatten ihm schwer zugesetzt. Er war übellaunig und mißtrauisch geworden. Bei seiner Rückkehr in die Residenz verbat er sich alle Huldigungen der Berliner. Als ihm nach siebenjähriger Unterbrechung seine Gattin Elisabeth Christine gegenübertrat, soll er sie mit den wenig galanten Worten „Madame scheinen korpulenter geworden“ begrüßt haben.

Friedrich war von seinem Vater, dem Soldatenkönig, in die Ehe mit der ungeliebten Prinzessin von Braunschweig-Beveren gepreßt worden. Gleich nach seinem Regierungsantritt hatte er sie regelrecht abgeschoben, und zwar auf das Landschlößchen Schönhausen. Es liegt im heutigen Bezirk Pankow; damals war es weit draußen vor der Stadt. Das Schloß diente der Königin bis zu ihrem Tod 1797 als Sommersitz. Es gilt als Kleinod friderizianischer Baukunst, hat wie durch ein Wunder alle Wechselfälle von Krieg und Zerstörung überstanden, war allerdings nach der Wende in sehr schlechtem Zustand. Inzwischen wird es restauriert, und am 16. August konnte im Beisein des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Klaus Wowereit, der Abschluß der Fassadenrenovierung gefeiert werden. In zwei Jahren sollen alle Arbeiten auch im Innern abgeschlossen sein; dann ist der nicht gerade mit Kunst und Kultur gesegnete Nordosten Berlins um eine echte Attraktion reicher.

Schloß Schönhausen wurde um 1664 von den Grafen Dohna erbaut. 1691 erwarb es der preußische Kurfürst Friedrich III., der hier, in der ländlichen Abgeschiedenheit, seine Erhebung zum preußischen König (1701 in Königsberg) vorbereitete. Der neuen Würde entsprechend wurden auch Schloß und Garten nach französischem Vorbild ausgebaut, womit Johann Arnold Nering und später Eosander von Goethe beauftragt wurden.

Als Friedrich II. seine ungeliebte Gattin hierher verbannte, ging das geflügelte Wort um, daß er sie zwar nicht gut behandelt, aber gleichwohl gut ausgestattet habe. Im Siebenjährigen Krieg, als russische Reiterei bis nach Berlin vorgedrungen war, wurde das Schloß schwer verwüstet. Nach Kriegsende konnte die Königin  ihr Domizil grundlegend umbauen. Es erhielt im wesentlichen seine heutige Gestalt, die jeden Besucher noch immer bezaubert und eine Ahnung von der Eleganz des Spätbarock und Rokoko auch im nüchternen Preußen vermittelt: Hauptattraktion ist die über drei Stockwerke laufende freischwingende Treppe, der Festsaal im ersten Stock mit der heute noch vorhandenen stuckverzierten Decke, ferner geschnitzte und vergoldete Spiegelrahmen und Kamine aus friderizianischer Zeit. Während der Restaurierung war man, gänzlich unerwartet, auf Teile der Originalausstattung gestoßen; es sind Tapetenreste, die unter späteren Wandverkleidungen und mehrfachen Anstrichen wieder freigelegt wurden.

Preußens inniggeliebte Königin Luise hatte eine jüngere Schwester, Friederike. Der große Bildhauer Schadow hat beide in seinem berühmten Prinzessinnenpaar verewigt. Anders als die tugendsame Luise hat Friederike ein sehr viel freieres Leben geführt, das man ihr gleichwohl wegen ihrer Schönheit und ihres Charmes weitgehend nachsah. Als Herzogin von Cumberland lebte sie in reiferen Jahren in Schönhausen, wo sie daran ging, den Garten neu zu gestalten. König Friedrich Wilhelm III. beauftragte Peter Joseph Lenné, der sich damit nach den Gärten und Parks in Babelsberg, Charlottenburg und Sanssouci auch hier verewigt hat.

Nach 1918 war Schloß Schönhausen in preußischen Staatsbesitz übergegangen, ohne jedoch wirklich eine neue Bestimmung zu haben. Den Nationalsozialisten diente es als eines von zwei großen Depots, in denen sie sogenannte „Entartete Kunst“ lagerten. Zu neuem Leben erwachte Schloß Schönhausen dann in der DDR. Von 1949 bis 1960 war es Amtssitz des Präsidenten der DDR, Wilhelm Pieck. Dieser hatte es zu seiner Arbeitsstelle nicht weit – wie mehrere andere DDR-Prominente (Grotewohl, Johannes R. Becher) wohnte er im nahen Majakowskiring; weil Wohnsitz und Amtssitz in Pankow lagen, hatte sich in der frühen Bundesrepublik als willkommene Beschreibung für die DDR das abschätzige „Pankow“ eingebürgert. Auch Bundeskanzler Adenauer sprach immer wieder von den „Soffjets“ und von „Pankoff“ – heute ist das kaum noch in Erinnerung.

Als das Amt eines DDR-Präsidenten abgeschafft wurde und an seine Stelle unter Ulbricht der „Staatsrat der DDR“ trat, wurde Schloß Schönhausen Gästehaus der DDR-Regierung. Viel Prominenz war nach 1972, als die DDR international hoffähig geworden war, hier zu Gast: Fidel Castro, Indira Ghandi und Kurt Waldheim, unmittelbar nach der Wende dann auch das holländische Königspaar. Auch Richard von Weizsäcker traf als Regierender Bürgermeister von Berlin mit SED-Chef Honecker hier zusammen. Bei einem dieser Treffen erreichte er, daß die DDR die auf ihrer Seite der Havel gelegene Heilandskirche von Sacrow, die um 1987 akut vom Verfall bedroht war, wieder instand setzte.

Seit zwei Jahren gehört Schloß Schönhausen zur Stiftung Preußische Schlösser und Gärten (SPSG). Wie jetzt bei der Fassadenfeier von deren Präsident Hartmut Dorgerloh mitgeteilt wurde, soll das Schloß nach Fertigstellung im Jahre 2009 sowohl seine preußische als auch seine DDR-Geschichte in Erinnerung rufen. So werden Untergeschoß und Festsaal im ersten Stock in Ausstattung und Mobiliar das preußische Rokoko wieder lebendig werden lassen; das wieder eingerichtete Arbeitszimmer Wilhelm Piecks und die Räume für die Staatsgäste werden an die DDR-Zeit erinnern.

Keine Instandsetzung ohne private Hilfe, das gilt auch für Berlin. 8,6 Millionen Euro sind für die Restaurierung veranschlagt, die sich mehrere Bundes- und Berliner Stellen teilen. Die Wiederherstellung der Innenausstattung hat die private Cornelsen-Kulturstiftung übernommen. Wowereit zeigte sich angetan von der „Schlichtheit preußischer Eleganz“ und begrüßte, daß preußische und DDR-Geschichte dargestellt wird.

Zwei Jahre noch – dann ist die Wiederherstellung der kleineren Schlösser in Berlin und Umland  (Charlottenburg, Königs Wusterhausen, Oranienburg, Glienicke, Schönhausen, Caputh, Paretz) abgeschlossen, dann wird sich wieder eines der schönsten Ensembles preußischer Baukunst des 18. und frühen 19. Jahrhunderts präsentieren.

Foto : Hoher Besuch: Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit, Ruth Cornelsen (Cornelsen Kulturstiftung) und Generaldirektor Hartmut Dorgerloh (v.l.) von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten


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