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15.09.07 / Form ohne Ornament / Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte würdigt Hedwig Bollhagen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-07 vom 15. September 2007

Form ohne Ornament
Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte würdigt Hedwig Bollhagen
von Silke Osman

Eine der bedeutendsten deutschen Keramikerinnen und Designerinnen des 20. Jahrhunderts wird derzeit mit einer sehenswerten Ausstellung in Potsdam gewürdigt. Die Schau im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte bietet erstmals eine umfassende Retrospektive zu Leben und Werk der Keramikerin Hedwig Bollhagen, deren Kürzel HB bei Keramikfreunden ein feststehender Begriff ist. Von 1934 bis heute produzieren die von Bollhagen gegründeten HB-Werkstätten für Keramik im brandenburgischen Marwitz bei Velten (Kreis Oberhavel) das zeitlose Alltagsgeschirr, mit dem Hedwig Bollhagen die Forderung des Werkbundes und des Bauhauses nach Funktionalität und Ästhetik für jedermann zu verwirklichen suchte.

Besonders beliebt und weit über die Grenzen Brandenburgs hinaus bekannt sind ihre Geschirre mit dem typischen blauweißen Dekor. Doch der Name Hedwig Bollhagen steht für weitaus mehr. In dem von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz herausgegebenen Begleitband zur Ausstellung schreibt Andreas Heger, Kunsthistoriker und Keramiksammler: „Faszinierend ist, daß Hedwig Bollhagen bis zuletzt immer wieder überraschend neue, frisch wirkende geometrische Dekorlösungen für die unterschiedlichsten Formen fand. Zu den schönsten und künstlerisch ausgereiftesten Einzelstücken der 90er Jahre und den Höhepunkten ihres keramischen Schaffens überhaupt zählen solche mit flächenumspannenden Steingutdekoren, besonders mit schwarz gemalten, kleinteiligen Dreiecksmustern auf meist zierlichen kleinen Vasen, Schalen und Dosen.“ Die Keramikerin selbst hat einmal kurz und knapp umschrieben, um was es ihr ging: „In meinen Entwürfen für Formen von Gefäßen versuche ich, immer sparsamere Mitteln anzuwenden. Ich bemühe mich, der ,Form ohne Ornament‘ die Ehre zu geben, die ihr gebührt, riskiere aber auch Formen, die durch einen Dekor gesteigert und bereichert werden wollen.“

Doch nicht nur Gebrauchsgeschirr und Zierkeramik schuf HB, auch Baukeramik zählte zu ihren wichtigen Aufgaben. So entstanden  etwa große Reliefplatten nach Entwürfen des Bildhauers Waldemar Grzimek.

Die Ausstellung in Potsdam präsentiert mit über 700 Objekten die Vielfalt ihres in mehr als 75 Jahren entstandenen Werkes. Gezeigt werden bedeutende Stücke aus dem Werk Hedwig Bollhagens und ihrer Weggefährten. Neben den Klassikern ihrer Servicekollektionen und der auf der Weltausstellung 1937 in Paris mit einer Goldmedaille prämierten Vase werden auch Muster- und Einzelstücke von HB vorgestellt, die zum Teil erstmals in einer Ausstellung zu sehen sind. Filmausschnitte machen die Person Hedwig Bollhagen erlebbar. Ein eigener Ausstellungsbereich dokumentiert die wechselvolle Geschichte der HB-Werkstätten für Keramik. Eine interaktive Medienstation erschließt die für die HB-Werkstätten neben dem Geschirrprogramm wichtige Produktionssparte der Baukeramik. Die Retrospektive im Potsdamer Kutschstall bildet den Auftakt für die 2008 geplante dauerhafte Präsentation des Bollhagen-Nachlasses in Potsdam, der von der Erbin der Künstlerin als treuhänderische Stiftung („Hedwig Bollhagen-Stiftung“) in die Obhut der Deutschen Stiftung Denkmalschutz gegeben wurde.

Im Rahmen der Monumente Publikationen der Deutschen Stiftung Denkmalschutz erscheint ein Begleitbuch „Hedwig Bollhagen – Ein Leben für die Keramik“, herausgegeben von Gudrun Gorka-Reimus im Auftrag des Hauses der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte, 256 Seiten mit etwa 290 Abbildungen, gebunden, 24,50 Euro (im Buchhandel), 22 Euro (in der Ausstellung).

Die Ausstellung „Hedwig Bollhagen – Ein Leben für die Keramik“ im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte, Kutschstall Am Neuen Markt 9, 14467 Potsdam, ist dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr, am Wochenende und an Feiertagen von 10 bis 18 Uhr geöffnet, Eintritt 5 / 3,50 Euro, freitags 4 Euro, bis 13. Januar 2008.

 

Hedwig Bollhagen wurde am 10. November 1907 in Hannover geboren. Ihre Ausbildung erhielt sie unter anderem an der Staatlichen Keramischen Fachschule in Höhr. Bevor sie 1934 die „HB-Werkstätten für Keramik GmbH“ ins Leben rief, war sie in den Steingutfabriken Velten-Vordamm, der Saatlichen Majolika Manufaktur Karlsruhe und im Rosenthal-Zweigwerk in Neustadt bei Coburg tätig. 1939 legte sie ihre Meisterprüfung in Berlin ab. Von 1946 bis 1972 führte sie die HB-Werkstätten bis zur Verstaatlichung als privates Unternehmen weiter. Nach der Wende wurde das Unternehmen reprivatisiert und unter Bollhagens künstlerischer Leitung neu gegründet. Hedwig Bollhagen starb am 8. Juni 2001 in Marwitz und fand ihre letzte Ruhestätte in Hannover.


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