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15.09.07 / Bote und Spiegel des Lebensrhythmus / Das Schweinfurter Museum Georg Schäfer zeigt Blumenstücke und Stilleben aus dem Spätwerk von Lovis Corinth

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-07 vom 15. September 2007

Bote und Spiegel des Lebensrhythmus
Das Schweinfurter Museum Georg Schäfer zeigt Blumenstücke und Stilleben aus dem Spätwerk von Lovis Corinth
von Sigrid Bertuleit

Das Werk des deutschen Impressionisten und Sezessionisten Lovis Corinth (1858–1925) ist durch die Wirren des Zweiten Weltkrieges in alle Himmelsrichtungen zerstreut worden. 1996 fand in der Berliner Nationalgalerie die umfangreiche zeitgenössische Corinth-Retrospektive statt, die dem Museum Georg Schäfer (MGS) inhaltlicher Anknüpfungspunkt dazu ist, am Beispiel der Floralia und des Stillebens dem spartenreichen Schaffen des Malers nachzugehen.

So untersuchte das MGS im Jahr 2004 das Gemälde „Perseus und Andromeda“ aus dem bislang immer noch vernachlässigten Frühwerk. Mit der Ausstellung „Flora, Sinnbild und Abbild – Blumenstücke und Stilleben von Lovis Corinth“ wendet sich das MGS nunmehr dem Corinthschen Spätwerk zu.

Die Nationalsozialisten verfemten die Arbeiten des ostpreußischen Malers. Corinths Œuvre wurde in zwei Teile aufspaltet. Die Werke bis 1911, vor Corinths Schlaganfall, galten als ausstellungsfähig, seine Werke nach 1911 wurden aus den Museen entfernt und als „entartet“ diffamiert.

Es ist dem Schweinfurter Museum ein Anliegen, dem Publikum zum Teil noch unbekannte Bilder aus dem Spätwerk zu eröffnen.

Die jetzt ausgestellten Kostbarkeiten der Kunst des blühenden und vergehenden Arrangements stammen aus Privatbesitz und musealen Beständen.

Das klassische Motiv der Flora verarbeitete der Künstler in bislang drei nachgewiesenen Flora-Darstellungen. Hier wandelt sich das ursprüngliche Sinnbild der Flora als antike Göttin alles Blühenden, der Jugend und des Lebensgenusses zum porträtartigen Abbild einer modernen Frühlingsbotin des frühen 20. Jahrhunderts.

Vor dem Hintergrund der Corinthschen Rezeption der antiken Mythologie bietet es sich an, auch einen speziellen Ausstellungssaal zur klassischen Darstellung der Flora zu zeigen, ausgehend von der Quelle der Metamorphosen.

Unmittelbar vor und nach dem Entstehen seines zentralen Flora-Gemäldes aus dem Jahr 1919 schuf der Maler mehrere Blumenstilleben, wobei in seinem gesamten Œuvre immer wieder Folgen von Stilleben auftreten, die sich seinen anderen bekannten Motiven wie Akt, Landschaft, religiöse und mythologische Darstellung, Porträt und Selbstbildnis thematisch übergangslos anschließen.

Lovis Corinth setzte dabei alle bekannten traditionellen Formen von Stilleben-Sparten um. Er knüpfte sowohl an den Typus des Küchenstücks als auch an das Blumenstilleben Alter Meister an.

Das Früchtearrangement oder das Frühstückstilleben lassen sich in seinem Werk genauso finden wie das Jagdstilleben und die symbolisch gefärbte Gegenstandsbespiegelung, die auf Vanitas verweist. Einige seiner Stilleben zeugen von der Wechselbeziehung zwischen identifiziertem Modell, der malerisch virtuos ausgeführten Flora-Göttin in irdischer Gestalt und der schöpferischen Paraphrase überlieferter Bildaussagen.

Bislang wird die späte Schaffenszeit Corinths eher unter dem Gesichtspunkt der Walchensee-Bilder gesehen. Die Thematik der Flora und der Floralia (Fest der Flora) in der Deutung des Sezessionisten Lovis Corinths ist in der Schweinfurter Ausstellung im modernen Ambiente zu entdecken.

Die Ausstellung im Museum Georg Schäfer, Brückenstraße 20, 97421 Schweinfurt, ist dienstags bis sonntags von 10 bis 17 Uhr, donnerstags bis 21 Uhr geöffnet, Eintritt 7 / 6 Euro,  bis 4. November. Es ist ein reich bebilderter Katalog erschienen.

Foto: Lovis Corinth: Flora ( Öl, 1919, Ausschnitt). Das Bild steht im Mittelpunkt der Ausstellung.


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