20.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
22.09.07 / Jung macht sich keine Freunde / Verteidigungsminister will alle Befehlsgewalt an sich ziehen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-07 vom 22. September 2007

Jung macht sich keine Freunde
Verteidigungsminister will alle Befehlsgewalt an sich ziehen
von Klaus Apfelbaum

Es ist ein unerträglicher Gedanke: Jagdflugzeuge müssen über Deutschland ein Passagierflugzeug ins Visier nehmen und abschießen, als allerletztes Mittel – weil die Umstände keinen anderen Schluß mehr zulassen als die unmittelbare Gefahr eines Terrorangriffs. Auch die Erinnerung an die Bilder vom 11. September helfen nicht in dieser Entscheidungsnot.

Das Bundesverfassungsgericht hat folgerichtig 2006 die entsprechende Passage im Luftsicherheitsgesetz für nichtig erklärt, die die unmögliche Aufgabe gestellt hätte, Menschenleben gegen Menschenleben abzuwägen.

Bundesverteidigungsminister Franz-Josef Jung (CDU) hat jetzt die Bürger gegen sich aufgebracht, weil er alle Gewissensnöte planieren will. Er meint, er könne sich im Ernstfall auf einen „rechtfertigenden Notstand“ berufen.

Das ist das eigentliche Thema: Noch unerträglicher als der Gedanke an den Abschuß ist der Umgang vieler Medien und Politiker mit dieser Frage von Leben und Tod. Jung hat bei seinem Parteifreund Wolfgang Schäuble die Rüpel-Methode kopiert, ohne sich zu fragen, mit wieviel Grobheit und Irreführung die Willensbildung in einem demokratischen Staat belastet werden darf – gerade bei hochsensiblen Entscheidungen.

Dabei geht es um dieses Detail: Wenn ein Flugzeug mit Terroristen an Bord von außen in den deutschen Luftraum eindringen sollte, sind die Abläufe geregelt. Das Nationale Lage- und Führungszentrum in Kalkar würde die Alarmrotten der Jagdgeschwader 71 aus Wittmund oder 74 aus Neuburg an der Donau einsetzen. Die Piloten müßten das Flugzeug abdrängen oder zur Landung auf festgelegten Flughäfen zwingen – das Kommando bei diesem „Air policing“ hat ein diensthabender General. Einen Abschußbefehl im äußersten Fall muß der Bundesverteidigungsminister geben.

Die Befehlskette bei der Verteidigung der Lufthoheit ist geregelt. Seit 1990 ist die Sicherung des nationalen Luftraums auch in der Nato Aufgabe der einzelnen Staaten. Nicht geregelt ist die Verantwortung nur in dem Fall, wenn ein Terroristen-Flugzeug nicht von außen eingedrungen, also von einem deutschen Flughafen gestartet ist – der „Inlandsfall“.

Auch Innenminister Schäuble läßt in der aktuellen Terror-Debatte keine Gelegenheit aus, sich als „Eisenfresser“ zu profilieren. Er beschwört sensationell die Gefahr eines Terroranschlags mit nuklearem Material, einer „schmutzigen Bombe“, um in den Schlagzeilen zu stehen.

Schäuble vergißt dabei zu erwähnen, daß diese Gefahr fortwährend besteht und bestand: Im Sommer 2006 wollten die Sicherheitsbehörden ein solches Attentat auf die Fußball-WM nicht ausschließen und ließen alle Katastrophenhelfer die ABC-Abwehr trainieren.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren