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22.09.07 / »Zarenbombe für die Wähler« / Mit Stolz präsentiert Rußland seine neue Vakuumbombe als Zeichen militärischer Stärke

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-07 vom 22. September 2007

»Zarenbombe für die Wähler«
Mit Stolz präsentiert Rußland seine neue Vakuumbombe als Zeichen militärischer Stärke
von M. Rosenthal-Kappi

Es war der 11. September, an dem die Russen ihre neue Superbombe an einem geheim gehaltenen Ort testeten. Der gewählte Zeitpunkt ist symbolträchtig: Während die Menschen in Amerika der Opfer des Terroranschlags auf das World Trade Center vor sechs Jahren gedachten, zündeten die Russen ihre neue „Antiterror-Waffe“. Die Bilder des Explosionspilzes flimmerten am Tag darauf über die Staatssender des russischen Fernsehens.

Der stellvertretende Generalstabschef Alexander Ruschkin stellte die neue Vakuumbombe als eine Waffe dar, die zuvor entwickelte Atomwaffen geringerer Stärke ablösen soll. Mit ihrer Entwicklung werde kein internationaler Vertrag verletzt, obwohl Präsident Putin dies zuvor bei EU-Treffen im Frühjahr mehrfach angedroht hatte.

Die Vakuumbombe soll die Politik der Stärke untermauern, zu deren Protagonisten neben Wladimir Putin der Erste Vize-Premier Rußlands, Sergej Iwanow, gehört, der bislang als Hauptnachfolgekandidat für das Präsidentenamt gehandelt wurde. Daß Rußland mit dem Bau der mächtigsten Vakuumbombe weltweit, die viermal stärker ist als das amerikanische Pendant von 2003, seine militärische Stärke untermauern will, steht außer Zweifel. Schon im Frühjahr wurde mit der Modernisierung der Marine begonnen, bis zum Jahr 2017 wird sie acht weitere Atom-U-Boote erhalten. Vor einem Monat wurde eine atomare Unterwasserrakete vom Weißen Meer nach Kamtschatka gebracht. Nun soll die Rakete serienmäßig hergestellt werden.

Mit großem „Pomp“ wurde die neue Vakuumbombe im Fernsehen gezeigt, heißt es in der russischen Presse. „Eine Zarenbombe für die Wähler“, titelte die „Nesawissimaja Gaseta“. Sie diene dem Nationalstolz, der vor den anstehenden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen aufgeheizt werden müsse. Daß die militärische Aufrüstung eng im Zusammenhang mit den bevorstehenden Wahlen gesehen werden müsse, meint auch Wladimir Jewsejew, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Zentrums für Internationale Sicherheit: Rußland wolle den Westen davon überzeugen, daß man mit ihm rechnen muß. Die Gefahr eines neuen Wettrüstens sieht der Wissenschaftler weniger, da Rußland seiner Ansicht nach nichts Exklusives herstellen könne, schon gar keine Wunderwaffe, da es immer etwas Analoges im Westen geben werde. Zudem sei das Verteidigungsbudget der USA wesentlich höher als das russische.

Im Westen nimmt man die russische Vakuumbombe gelassen als Demonstration militärischer Stärke und Reaktion auf die geplante Stationierung von US-Raketenabwehrbasen. Tatsächlich ist die Vakuumbombe keine Erfindung der Russen.

Es handelt sich um eine thermobarische Waffe, bei deren Sprengung ein Vakuum entsteht. Die Bombe besteht aus einem oder mehreren Behältern mit einer explosiven Substanz und explodiert entweder beim Aufprall auf das Ziel oder einige Meter von der Erdoberfläche entfernt. Durch die erste Sprengung kommt der Brennstoff frei und vermischt sich mit Luftsauerstoff, wodurch eine rund 20 Meter breite und drei Meter hohe Wolke entsteht, die durch die zweite Sprengung entzündet wird. Die dadurch entstehende Druckwelle verbreitet sich mit Überschallgeschwindigkeit und führt zu einem Überdruck. Dabei entsteht eine Vakuumwirkung, ein Wolkenpilz steigt auf.

Die USA haben schon in den 50er Jahren eine Vakuumbombe entwickelt, die später in Vietnam eingesetzt wurde für die Einrichtung von Helicopter-Landeplätzen im Dschungel. Die UdSSR entwickelte in den 70ern ihre erste Vakuumbombe, die sowohl im Afghanistankrieg als auch in beiden Tschetschenien-Kriegen eingesetzt wurde. Sie eignet sich neben der schnellen Räumung von Minenfeldern auch für Bunker und unterirdische Verstecke, da das frei werdende Gas dort eindringen kann. Die russische Testbombe wurde von einem Kampfflugzeug des Typs TU-160 mit einem Fallschirm abgeworfen. Der Nachteil der Waffe ist, daß sie nur bei gutem Wetter gezündet werden kann, bei starkem Wind und Regen würde sich keine Gaswolke bilden. Auch kann sie keine festen Hindernisse wie Panzer und Eisenbeton zerstören. In einem hermetisch abgeschlossenen Tank beispielsweise könnten Menschen überleben. Menschen, die den Einsatz einer Vakuumbombe überstanden haben, trugen schwere Schäden wie Blindheit, Trommelfellrupturen, Brandverletzungen, Atemwegserkrankungen und Verletzungen der inneren Organe davon.

Sollte die russische Zukunftswaffe tatsächlich gegen Terroristen – in Rußland gleichbedeutend mit Tschetschenien – eingesetzt werden, bliebe immer noch zu bedenken, daß Terroristen stets Deckung in der Bevölkerung suchen. Symbolträchtig ist auch der Name „Vater aller Bomben“, den die Russen analog der amerikanischen Bezeichnung „Mutter aller Bomben“ für ihre „Massive Ordonance Air Bust“ von 2003 gewählt haben. Damit dürfte der Welt  eindeutig klar geworden sein, daß  in Rußland immer noch der Vater Herr im Hause ist.


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