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22.09.07 / Ein Amerikaner zurück in Pommern / Das Pommersche Landesmuseum in Greifswald zeigt Werke des Malers und Graphikers Lyonel Feininger

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-07 vom 22. September 2007

Ein Amerikaner zurück in Pommern
Das Pommersche Landesmuseum in Greifswald zeigt Werke des Malers und Graphikers Lyonel Feininger

Von 1891 bis 1935 reiste der Maler Lyonel Feininger fast jeden Sommer an die pommersche Ostseeküste: von Rügen über Usedom bis nach Deep an der Regamündung. Eine Ausstellung im Pommerschen Landesmuseum stellt jetzt in elf Motivreihen die dort entstandenen Arbeiten vor. Werke wie das Gemälde „Zirchow V“ aus dem Brooklyn Museum in New York oder die Federzeichnungen „Ruine am Meere“ aus dem Museum of Modern Art werden wohl so schnell nicht wieder in Deutschland zu sehen sein.

Am 31. August 1928 besuchte Lyonel Feininger auf der Rückreise aus seinem Sommerdomizil in Deep auch Greifswald. Er zeichnete die Schiffe im Hafen und den Blick durch die Lappgasse auf den Dom St. Nikolai. Diese Ansicht setzte er zwei Jahre darauf in ein Aquarell um, unter dem er „Stralsund I“ notierte. Erstaunlich für den sonst so akribischen Feininger, waren ihm hier die imposanten Backsteinkirchen der Hansestädte kurzerhand durcheinander geraten. Pünktlich zur Ausstellung der repräsentativen Auswahl seiner von der Ostsee inspirierten Werke gelangen zwei Neuankäufe von Werken Lyonel Feiningers: Über einen Privatsammler kam der Holzschnitt „Benz 2“ von 1919 ins Pommersche Landesmuseum, der wie in einem Negativ den Turm der Benzer Kirche in Weiß zeigt. Die vorige „schwarze“ Fassung, in der Ausstellung ebenfalls zu sehen, fordert zum Vergleich heraus. Die Fördergesellschaft des Pommerschen Landesmuseums erwarb für das Haus den Holzschnitt „On the Quai“ von 1921. Er zeigt das Motiv der Mole in Swinemünde, das Feininger seit 1911 intensiv beschäftigte.

1887 hatte der in New York geborene Lyonel Feininger (1871–1956) mit 16 Jahren allein den Atlantik überquert, um in Leipzig Geige zu studieren. So hatten es sich zumindest seine Eltern gedacht. Aber kaum hatte er in Hamburg einen Fuß an Land gesetzt, nahm er erst in Hamburg, dann in Berlin ein Zeichenstudium auf. Nach Jahren als Karikaturist fand Feininger in Paris und dann vor allem in den Sommermonaten an der Ostsee zu seinem eigenen, unverwechselbaren Stil, der ihn zu einem der bedeutendsten und populärsten Maler der Klassischen Moderne machen sollte. Dort fand Feininger alles, was sein Herz begehrte: Wolken, Schiffe, Strand und Dünen, das weite, vom unendlichen Himmel überwölbte Meer, Backsteindome und verwinkelte Städtchen. Alt, charaktervoll, verlassen – diese Eigenschaften zogen ihn bei den Architekturen ebenso magisch an wie das Konzept des Klaren, Reinen und Fernen bei der Darstellung der Seelandschaft mit ihrem großen Wurf.

In Reihen von Landschaften und Architekturen umkreist Feininger „seine“ Motive. Von der ersten spontanen Naturnotiz vor Ort, über die Federzeichnungen und berückend schönen Aquarelle bis hin zum kristallinen, im Atelier entstandenen Gemälde kann man diesen spannenden Prozeß der Bildfindung miterleben. Mit seinen Visionen gestattet Feininger dem Betrachter einen neuen Blick auf die Landschaft an der Ostsee, um die er aus der Erinnerung seine eigene Atmosphäre zauberte.

So verwandelt sich die alte, schwere Dorfkirche von Zirchow auf Usedom zur monumentalen, gläsernen Kathedrale, der Torturm von Neubrandenburg wird zum geheimnisvollen Ort voll klingender Transparenz und die Leuchtbake auf der Mole in Swinemünde erscheint als Vorposten am äußersten Ende der Welt. Noch Jahre später – Feininger war 1937 aus seinem „Adoptiv-Vaterland“ Deutschland in sein Heimatland Amerika emigriert – sollte er auf die an der Ostsee gefundenen Motive zurückgreifen, die in seinem „Herzen und Hirn“ aufgestapelt lagen. 

Oft wünschte er sich an die Ostsee und nach Pommern zurück, um sich noch einmal in den „open-air-man“ Feininger zu verwandeln, der er dort gewesen war. plm

Die Ausstellung „Lyonel Feininger – Vom Sujet zum Bild“ im Pommerschen Landesmuseum, Rakower Straße 9, 17489 Greifswald, ist dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr zu sehen, Eintritt 6 / 4 Euro, bis 28. Oktober.

Foto: Lyonel Feininger: Tor-Turm I (Öl, 1923–26; im Besitz des Kunstmuseums Basel), zu sehen jetzt in Greifswald


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