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22.09.07 / Alte Filme neu vermarktet / Berliner Kino setzt auf alte Traditionen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-07 vom 22. September 2007

Alte Filme neu vermarktet
Berliner Kino setzt auf alte Traditionen
von Hans Lody

Jeden Mittwoch um 16 Uhr herrscht Hochbetrieb an einer Kinokasse im gutbürgerlichen Bezirk Berlin-Wilmersdorf. Am Eingang drängen sich ältere Semester, aber auch vereinzelte jüngere Besucher sind auszumachen.

Die EVA-Lichtspiele am Rande der City zeigen Woche für Woche alte deutsche Spielfilme aus den 20er, 30er und 40er Jahren. Otto Gebühr (als Friedrich der Große), Willi Birgel (einer der ganz großen Stars, der verschiedene Charaktere verkörpern konnte), der von den Sowjets ermordete Heinrich George, Zarah Leander, Ilse Werner und Lil Dagover zeigen den Zuschauern, wie interessant, spannend und handlungsreich Kino sein konnte. Lustspiele, Dramen und historische Streifen wechseln einander ab.

Der deutliche Gegensatz zu der flachen, oberflächlichen Handlung der meisten US-amerikanischen Hollywood-Produktionen ist offenkundig. Doch es sticht noch etwas anderes ins Auge: das Fehlen der heute meist üblichen Vulgarität.

Wenn es aber am Markt, „der ja alles regeln soll“, nur noch den billigen Schund gibt, verlieren die Konsumenten die Möglichkeit, unter mehreren Angeboten auszuwählen. Zwar gibt es gelegentlich noch anspruchsvolle Streifen – man denke nur an den diesjährigen deutschen Oscarpreisträger „Das Leben der Anderen“–, aber sie bilden die Ausnahme.

Es war schon ein wirtschaftliches Risiko, als sich der Geschäftsführer der EVA-Lichtspiele Dirk Pohlmann entschloß, ein spezielles Programm für ältere Kinobesucher zu wagen und dieses Unterfangen auch jahrzehntelang durchzuhalten. Tatsächlich war dieses Wagnis – an einem traditionsreichen Ort – von Erfolg gekrönt.

Die EVA-Lichtspiele sind eines der ältesten Kinos in der deutschen Hauptstadt. Der Bau stammt noch aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg und nahm 1913 unter der Bezeichnung Roland-Lichtspiele den Betrieb auf. In jenem Jahr gab es in Berlin bereits 206 Kinos. 1920 erfolgte die Umbenennung in EVA-Lichtspiele. Den Namen dazu gab die Sekretärin der damaligen Gründerfirma.

In der Stummfilmzeit spielte hier nicht nur ein Klavierspieler, sondern ein kleines Orchester begleitete die Bilder, „die laufen gelernt“ hatten.

Den Bombenhagel der alliierten Luftangriffe des Zweiten Weltkrieges überstand das Gebäude, in dem sich der mit 334 Sitzplätzen untergebrachte Kinosaal befindet, unbeschadet. Heute sind die EVA-Lichtspiele das letzte Uraufführungskino im Bezirk Berlin-Wilmersdorf.

Wenn auch das Kino über die modernste Technik verfügt, wurde die Inneneinrichtung beim letzten Umbau in den 1970er Jahren dann doch ganz bewußt dem Ambiente der Nachkriegszeit angepaßt; der Besucher erfreut sich an einer Popkornmaschine, an Nierentischchen, Holztresen und entsprechender Beleuchtung.

Pohlmann will vor allem alte Unterhaltungsfilme aus den 30er und 40er Jahren, die nicht mehr im Fernsehen gezeigt werden und die es auch nicht auf Video oder DVD zu kaufen gibt, dem interessierten Publikum zugänglich machen: „Meine älteste Besucherin ist 94 Jahre alt, und viele Filmfreunde kommen regelmäßig seit langer Zeit hierher.“

Zur Erheiterung der Zuschauer laufen gelegentlich im Vorprogramm alte Wochenschauen und Werbefilme in Schwarzweiß, so daß man sich für zwei Stunden auf eine Zeitreise begeben kann.

Aber nicht nur die älteren Filmfreunde hat Pohlmann im Auge. Er bietet auch ein spezielles Frühprogramm für die jüngsten unter den Filmfreunden an.

Täglich laufen in diesem Kino fünf Vorstellungen, am Wochenende sogar sieben, und wenn Not am Mann ist, verkauft Pohlmann seine Karten auch selbst oder produziert die gewünschte Tüte Popkorn.


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