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22.09.07 / Scheuer Dichter / Autobiographie von Mrozek

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-07 vom 22. September 2007

Scheuer Dichter
Autobiographie von Mrozek

Slawomir Mrozek ist ein Mann, der mit seinen Theaterstücken Weltruhm erlangte.

In „Balthasar“ berichtet er von seiner bewegten Jugend in Polen, die durch den Zweiten Weltkrieg, die Okkupation durch die Nationalsozialisten, die Eroberung Polens durch die Rote Armee und den Aufbau der Volksrepublik Polen erheblich beeinflußt wurde.

Stets schüchtern und nahezu schon introvertiert könnte man das Verhalten Mrozeks in seinen ersten Jahren als Student bezeichnen.

Verklemmt aufgrund seines schlaksig, mageren Körpers, einer viel zu kleinen, alten und bereits geklebten Hornbrille und seines ärmlichen Erscheinungsbildes, dauerte es lange, bis ihn endlich sein Kommilitone und Freund Leszek Herdegen zu einem Abend beim „Kreis der Jungen“, veranstaltet von einem befreundeten Dichter, überreden konnte.

„Irgendwann fing Herdegen an, auf mich einzureden, ich solle an den Donnerstagsempfängen bei den Wlodeks teilnehmen. Ich hatte davor Todesangst, weil ich in dieser Zeit absolut menschenscheu war. Solange ich noch zur Schule ging, paßte ich mich einigermaßen dem allgemeinen Rhythmus an und pflegte einige, wenn auch nicht sehr zahlreiche, Freundschaften. Doch seitdem ich Architektur studierte, war ich ein Einsiedler geworden.“

Bald darauf stellte der junge Mann, beeindruckt von all den Künstlern, die er auf einer Silvesterfeier kennengelernt hatte, fest, daß trotz des eindringlichen Wunsches seines Vaters, durch einen Architektensohn der Arbeiterschicht zu entrinnen, die Architektur weder seinen Begabungen noch seinen Interessen entsprach.

Es folgte ein kurzes Kunststudium, das ihn im Endeffekt jedoch auch nicht glücklich machte. Über den Journalismus schließlich gelangte Mrozek zum Karikaturzeichnen für ein Wochenblatt, zum Schreiben für ein Kabarett und 1958 endlich zum Verfassen seines ersten erfolgreichen Theaterstückes „Polizei“. Die politische Lage der jeweiligen Etappe seines Lebens immer fest im Hintergrund verankert, zeichnet Mrozek dem Leser ein konkretes und detailliertes Bild seiner Jugend in Polen.

Die politische Wende, der sogenannte „Tauwetter-Oktober“ (1956), brachte erstmals große Veränderungen im Leben des jungen Schriftstellers mit sich. Sein erster Auslandsaufenthalt in Rußland inspirierte ihn zu seinem ersten Theaterstück und auch die Reisen nach Paris und in die Vereinigten Staaten brachten positive als auch negative, auf jeden Fall aber prägende Erfahrungen mit sich.

Die Zerschlagung des Prager Frühlings veranlaßte Mrozek schließlich freiwillig ins Exil zu gehen. Erst nach 20 Jahren in Paris und 13 Jahren in Mexiko kehrte Mrozek nach einem schweren und ihn unwiderruflich verändernden Schlaganfall unter dem Namen „Balthasar“ in seine Heimatstadt Krakau zurück.

Eine interessante Autobiographie, die dem Leser keinen Zweifel daran läßt, daß der Autor in der Vergangenheit ein bewegtes, wenn auch nicht angenehmes und einfaches Leben geführt hat.         A. Ney

Slawomir Mrozek: „Balthasar“, Diogenes Verlag, Zürich 2007, geb., 376 Seiten, 22,90 Euro, Best.-Nr. 6351


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