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22.09.07 / Nur Resteverwerter / Erschreckendes über Pharma-Konzerne

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-07 vom 22. September 2007

Nur Resteverwerter
Erschreckendes über Pharma-Konzerne

Manchmal diskreditiert auch Überengagement. So auch bei der Wirtschaftsjournalistin Jacky Law. Seit 25 Jahren schreibt sie über das Gesundheitswesen und führt einen Kampf wie David gegen Goliath. Ihre Gegner sind die Pharma-Riesen dieser Welt. Glaxo Welcome, Pfizer, Merck, Aventis, Lily und wie sie alle heißen. Doch in ihrem Kampf neigt sie zur Einseitigkeit. Zwar nennt sie durchaus erschreckende Fakten, doch da sie nur Negatives zu berichten weiß, wirkt ihre Arbeit nicht sonderlich seriös.

Natürlich ist es bedenklich, wenn sie in ihrem neuen Buch „Big Pharma – Das internationale Geschäft mit der Krankheit“ belegt, daß der Strom neuer Medikamente abnimmt. Immer mehr Unternehmen würden alte Medikamente mit neuen Zusatzstoffen nur neu aufpeppen, um da, bei neuem Patentschutz wieder über Jahre ein Monopol zu haben. Natürlich stimmt es nachdenklich, wenn zu lesen ist, daß die Pharma-Konzerne mit nur zehn Medikamenten einen jährlichen Gesamtumsatz von 48,3 Milliarden Dollar erzielten, doch irgendwie macht ihr zorniger Tonfall das Entsetzen wieder kleiner.

Zudem nimmt sie den Leser, der grundsätzlich an die Redlichkeit seines Arztes, Apothekers und Medizinproduzenten glaubt, nicht an die Hand. Sie konfrontiert den Ungläubigen eiskalt mit der Behauptung, daß alles eine Saubande sei, die sich nur für Geld und Aktienkurse interessiere. Da steigen viele Leser schon vorher aus.

Trotzdem sind viele ihrer Kapitel sehr aufschlußreich. So bestimmt der Markt in den USA indirekt, welche Medikamente die Europäer bekommen. „Die USA bestimmen weitgehend die Leitlinien der Forschung, denn hier werden die höchsten Profite erzielt. Der Rest der Welt bekommt wie gesagt US-Medikamente, ähnlich wie er auch US-Filme und US-Fastfood bekommt.“

Auch schockiert folgendes: Die Pharmaindustrie gibt schätzungsweise jährlich 70 Milliarden US-Dollar für die Entwicklung neuer Produkte aus – und 155 Milliarden Dollar für Marketing und Verwaltung.

Jacky Law schildert, wie Krankheiten erst durch Medien gemacht wurden und wie sehr bestens durch das Internet aufgeklärte Patienten alles fordern, was sie dort empfohlen bekommen haben.

Zwar habe die Forschung in Sachen Krebs viele heilende oder zumindest lebensverlängernde Medikamente auf den Markt gebracht, doch diese würden sich die Pharma-Riesen auch bezahlen lassen. 50000 Euro Jahresbehandlung für einen Patienten seien da an der Tagesordnung, doch wie lange können sich die Gemeinschaften, die in den meisten europäischen Staaten das Gesundheitssystem schultern, derartige Kosten noch leisten? Testen die Unternehmen hier nur ihre Grenzen aus oder sind die Preise berechtigt?

Auch auf die verschiedenen Tests, die für die Zulassung eines Medikaments notwendig sind, geht die Autorin ein. Hier verweist sie vor allem auf Placebo-Effekte und Mediziner, die für den Sponsor ihrer Ausrüstung gerne mal Kleinigkeiten besser darstellten, als sie seien.

Die vielen, guten Informationen machen „Big Pharma – Das internationale Geschäft mit der Krankheit“ trotz allem zu einer sehr aufschlußreichen Publikation, die zumindest hilft, den Gesundheitssektor kritischer zu betrachten. Bel

Jacky Law: „Big Pharma – Das internationale Geschäft mit der Krankheit“, patmos, Düsseldorf 2007, geb., 325 Seiten, 24,90 Euro, Best.-Nr. 6355


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