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29.09.07 / Flucht durch die Hintertür / Warschau lehnt jetzt EU-Grundrechtecharta ab – wegen der deutschen Ansprüche

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-07 vom 29. September 2007

Flucht durch die Hintertür
Warschau lehnt jetzt EU-Grundrechtecharta ab – wegen der deutschen Ansprüche
von Klaus Apfelbaum

Mit allen Mitteln will die Warschauer Regierung  verhindern, daß Flüchtlinge und Vertriebene ihre Ansprüche auf Entschädigung nach europäischem Recht durchsetzen können. Deshalb  hat jetzt quasi in letzter Minute das noch amtierende Kabinett des Ministerpräsidenten Jaroslaw Kaczynski beschlossen, die Grundrechtecharta der EU zu boykottieren.

Am 18. und 19.  Oktober soll der im Juni vereinbarte EU-Reformvertrag verabschiedet werden; bisher hatte sich nur Großbritannien unter Hinweis auf die spezielle Verfassungstradition des Landes eine Ausnahmeregelung vorbehalten. Nun weigert sich auch Polen, die Grundrechtecharta anzuerkennen. Die Gründe, die das Außenministerium nennt, sind vorgeschoben: Man wolle nicht, daß einige Bestimmungen der Charta im Gegensatz zu Fragen der Moral und der Familie stehen, hieß es. Polen lehnt insbesondere die Eheschließung unter Homosexuellen ab.

Daß es aber in Wirklichkeit um die Abwehr von Rückgabeforderungen geht, ließ der Regierungsbeauftragte für die deutsch-polnischen Beziehungen, Mariusz Muszynski, in der „Gazeta Wyborcza“ heraus. Da die europäische Grundrechtecharta Enteignungen ohne Entschädigung grundsätzlich verbiete, könne die Charta „Versuche der polnischen Regierung unterlaufen, in diesem Fall Rechtssicherheit zu erreichen“.

Mit „Rechtsicherheit“ umschrieb Muszynski die aktuellen Versuche Warschaus, mit Grundbuchmanipulationen und rückwirkenden Rechtsänderungen vor allem Deutsche an der Verfolgung ihrer Ansprüche zu hindern.

Auf dem EU-Gipfel im Juni hatte Polen den Übergang zu Mehrheitsentscheidungen in der Gemeinschaft blockiert und dabei seltsame Berechnungen einer „möglichen Bevökerungszahl von 66 Millionen“ angestellt. Erreicht hatte Warschau, daß Einzelstaaten mit einer Art Veto bis zum Jahr 2017 Entscheidungen der EU blockieren können.

Auch in einem anderen Punkt bricht Warschau mit demokratischen Gepflogenheiten in Europa. Die Neuwahlen am 21. Oktober können nicht von Teams der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) beobachtet werden. Allgemein üblich unter den 56 OSZE-Staaten ist, die Wahlbeobachter grundsätzlich zu jedem Wahlgang einzuladen; dies ist eine seit vielen Jahren praktizierte Selbstverständlichkeit. Die OSZE-Unterorganisation für Menschenrechte und demokratische Institutionen ODHIR in Wien entscheidet dann selbst, wohin sie die Beobachter schickt. Jetzt verweigert Warschau die Einladung, weil man nicht „wie ein Staat der Dritten Welt“ behandelt werden möchte.

Nahezu zeitgleich werden die OSZE-Wahlbeobachter Abstimmungen in der Ukraine und in der Schweiz überwachen.


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