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29.09.07 / Von guten Mächten wunderbar beschützt / Zwei Drittel aller Deutschen glauben an die Macht der Schutzengel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-07 vom 29. September 2007

Von guten Mächten wunderbar beschützt
Zwei Drittel aller Deutschen glauben an die Macht der Schutzengel
von Corinna Weinert

Der dreijährige Chris hatte vor kurzem einen ganz besonderen Schutzengel. Zwölf Meter tief fiel der kleine Junge aus Paderborn und verletzte sich nur leicht. Beim Spielen in seinem Kinderzimmer war Chris über den Nachtspeicherofen auf die Fensterbank geklettert. „Das hat er noch nie gemacht“, sagt die Mutter noch immer fassungslos. Vermutlich verlor er das Gleichgewicht, als er das Fenster öffnete, und stürzte hinab. Chris landete auf dem vom Regen durchweichten Rasen, was wahrscheinlich Schlimmeres verhinderte. „Der Hauptbefund ist die Stauchung der Wirbelsäule“, erklärt Oberarzt Marcus Luft vom katholischen St.- Vincenz-Krankenhaus in Paderborn. Hautabschürfungen an Gesicht und Hand, Prellungen an Knie und Oberschenkel, in der Lunge ein Erguß.

„Insgesamt sind es nur leichte Verletzungen, man kann es als Wunder ansehen“, so das Fazit von Luft. Der Vater ist bei solchen Aussagen sichtlich erleichtert: „Ich wäre nicht mehr froh geworden, wenn unser Sohn das nicht überlebt hätte oder für immer querschnittsgelähmt wäre, wir danken dem lieben Gott.“

Einen „guten Schutzengel“ gehabt zu haben, davon sind viele Menschen überzeugt, die auf wunderbare Weise aus gefährlichen Situationen nahezu unversehrt herausgekommen sind. Das Institut für Demoskopie ermittelte im Jahr 2006, daß etwa zwei Drittel aller Deutschen auf himmlische Helfer vertrauen.

„Die Menschen glauben an Schutzengel“, meint Pastorin Ursula Mühlenberend, die im Krankenhaus Altona in Hamburg in der Krankenhaus-Seelsorge tätig ist. „Himmlische Kräfte sind gefragt“, weiß die Pastorin aus ihrem Berufsalltag, „einen besonderen Stellenwert haben Schutzengel, wenn die Menschen sehr krank sind“, so die Pastorin.

„Jeder Mensch hat einen Schutzengel, der ihn begleitet“, erklärt Ordensschwester M. Engelberta, die sich im katholischen Krankenhaus St.-Adolf-Stift in Reinbek um die Seelsorge der Patienten kümmert. Schutzengel sind dazu da, den Menschen ein Leben lang behütend und mahnend zu führen und ihm im Tod beizustehen.

Pfarrer Leonhard Fethke ist ebenfalls von der Existenz der Schutzengel überzeugt: „Die Heilige Schrift berichtet an vielen Stellen von ihnen“, erklärt er, „Engel haben die Aufgabe, Gott zu dienen und für die Menschen eingesetzt zu werden. Es ist ordentliche Lehre der Kirche, an Engel zu glauben“, so der Pfarrer.

„Engel gehören zu unserem Beruf“, sagt Ursula Mühlenberend. Die Pastorin greift in ihre Handtasche und holt einen kleinen Engel aus Bronze heraus. „Ich habe immer einen Engel dabei“, erklärt sie. „Er hilft mir, wenn ich nicht mehr weiter weiß.“ Die sieben Zentimeter große Figur mit den segnenden Händen ist ein Symbol, das über sich hinausweist. „Der Engel soll ausdrücken, daß Gott uns beisteht“, fährt sie fort. „Manchmal fehlen die Worte, und manchmal möchte man jemandem etwas in die Hand geben, das zeigt: Du bist nicht allein. Dann überreiche ich meinem Gegenüber einen solchen Engel“, so die Pastorin, „der Engel schenkt Hoffnung und Kraft für einen schweren Weg“ – für einige Patienten ist es der letzte Weg.

Im katholischen Krankenhaus St.-Adolf-Stift werden die Engel aus Bronze ebenfalls eingesetzt, um den Kranken Trost und Zuversicht zu geben. „Die Patienten erhalten von uns einen solchen Engel, um sie daran zu erinnern, daß Gott ihnen einen Begleiter an die Seite gestellt hat“, erzählt Ordensschwester M. Engelberta. „Manchmal bitte ich auch meinen Schutzengel, mit dem Schutzengel eines Patienten in Kontakt zu treten und um Beistand zu ersuchen“, fährt sie fort.

Pfarrer Fethke ist von der kleinen Figur aus Bronze ganz angetan, ihm waren die handfesten Himmelsboten als Mitarbeiter der Krankenhaus-Seelsorge bis zu seiner Vertretungstätigkeit im katholischen Marienkrankenhaus in Hamburg vollkommen unbekannt. „Eine gute Idee ist das; mit dem handfesten Himmelsboten wird für die Patienten die Fürsorge und Liebe unseres Herrn greifbar“, meint Fethke.

Die schlichte Gestalt aus Bronze hat nur wenig mit dem Bild von einem Engel zu tun, das gemeinhin in unserem Kopf existiert. Die Vorstellung über sie beziehen wir üblicherweise aus der Kunst. In der Antike werden Engel zumeist als einfache Männer dargestellt, oft mit Bart und in römischer Tracht.

Erst seit dem 5. Jahrhundert bekommen Engel mächtige Flügel, dazu einen Heiligenschein, den sogenannten Nimbus. Im 18. Jahrhundert entstanden die Putten – kindliche, oft nackte Figuren mit goldgelocktem Haar, Flügeln, Trompete oder Harfe im Arm. Seit dem 19. Jahrhundert haben Engel meist eine mädchenhafte Gestalt, vor allem, wenn es sich um Schutzengel handelt. Der weibliche Typus deutet auf den mütterlichen Dienst der Schutzengel hin.

Der Blick in die Bibel zeigt, daß das Aussehen der Engel gar nicht so eindeutig ist. So wird von vielen Gestalten berichtet, in denen die Engel in Erscheinung treten. Je nach Aufgabe nehmen sie unterschiedliche Gestalten an. Die verniedlichenden Darstellungen der Engel widersprechen den biblischen Schilderungen.

In der Offenbarung heißt es: „Jedes der vier Lebewesen hatte sechs Flügel, außen und innen voller Augen.“ „Die Beschreibungen der Engel in der Bibel sind Metaphern“, meint Pfarrer Fethke, „Flügel stehen aus meiner Sicht dafür, Gott in seinem Wunsch der Heilsführung beizustehen.“

„Engel sind Geister, gewaltige Wesen, die viel Macht haben“, erklärt Ordensschwester M. Engelberta. Engel haben die Möglichkeit, über unser Wissen zu uns zu sprechen.

„Sie werden aber nie so viel Einfluß auf uns gewinnen, daß wir nicht mehr eigenständig zu entscheiden vermögen. Wie Gott respektieren auch die Engel unseren Willen“, betont Fethke.

Schon die Urchristen waren davon überzeugt, daß es Schutzengel gibt. Die herkömmlich bekannte Verehrung der heilbringenden Himmelsboten setzte allerdings erst im ausgehenden Mittelalter richtig ein. Hieraus entstand das Schutzengelfest, das Katholiken im 16. Jahrhundert in Spanien einführten. Papst Paul V. setzte das Schutzengelfest 1608 dann für alle Katholiken fest, und Papst Clemens X. legte den Termin 1670 auf den 2. Oktober.

„An diesem Tag denken wir in der heiligen Messe an die Engel und danken ihnen für den gewährten Schutz“, erklärt Ordensschwester M. Engelberta, die Engel stets gegenwärtig wähnt: „Engel sind um uns. Wo Gott ist, sind auch Engel“, so die Ordensschwester.

Mit der Bitte um Beistand wenden sich die drei Kirchenvertreter jedoch nicht an die Schutzengel, sondern an die himmlische „Direktion“: „Ich bitte Gott um Schutz“, sagt Ordensschwester M. Engelberta, „ich bitte ihn, daß er mir einen Schutzengel schickt.“

Ebenso machen es Pastorin Mühlenberend und Pfarrer Fethke. „Der Dialog mit Gott ist erste Priorität“, meint Fethke, „Heilsführung ist immer von Gott her, die Engel handeln immer in seinem Auftrag und Sinne.“


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