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29.09.07 / Die Lust am pompösen Untergang / In Lübeck wurde der Bestseller »Die Buddenbrooks« des Literaturnobelpreisträgers Thomas Mann für das Kino verfilmt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-07 vom 29. September 2007

Die Lust am pompösen Untergang
In Lübeck wurde der Bestseller »Die Buddenbrooks« des Literaturnobelpreisträgers Thomas Mann für das Kino verfilmt
von Rebecca Bellano

Von Montag, 3., bis Mittwoch, 5. September, sind Straßensperrungen erforderlich in der Kleinen und Großen Petersgrube und an der Obertrave.“ Derartige Verkehrsmeldungen behinderten die Lübecker in den Monaten August und September des öfteren. Doch sie trugen es mit Fassung – und das, obwohl der Straßenbelag auch nach der Sperrung keine Anzeichen einer Erneuerung zeigte, keine Leitungen unterirdisch neu verlegt oder Fußwege verbreitert wurden. Nach der Sperrung war alles wie vorher, na ja, jedenfalls vor Ort. Im Dezember 2008 werden sie allerdings das Ergebnis ihrer diesjährigen Straßensperren bewundern können – und zwar im Kino. „Buddenbrooks – Ein Geschäft von einiger Größe“ so der Titel des Films, der die Innenstadt der Hansestadt so manches Mal lahm gelegt hat. Von einem „Glücksfall für die Stadt“ sprach die CDU-Bürgerfraktion im Zusammenhang mit den Dreharbeiten und bat die Lübecker, „die Nachteile in Kauf zu nehmen und im Stolz auf einen wichtigen Film auch die Werbewirkung nicht aus den Augen zu verlieren“.

Haufenweise Personen in historischen Kostümen, Kutschen, die über das Kopfsteinpflaster holperten, und zahlreiche, Requisiten anliefernde LKW weckten zudem auch die Neugier der meisten. Außerdem war man ja dicht an bekannten Filmstars. Armin Mueller-Stahl und Iris Berben sind wohl die bekanntesten, aber August Diehl und Jessica Schwarz, die die Geschwister Christian und Tony Buddenbrook spielen, haben durchaus auch schon einen Namen. Allerdings gefiel es wohl nicht jedem Lübecker, daß die 30jährige Ex-Viva-Moderatorin Schwarz ihre 214000-Einwohner-Stadt – wenn auch liebevoll – als „Kleinstadt“ bezeichnete. Auch Iris Berben soll die Lübecker schwer Schlucken lassen haben, denn als sie bei einer Stadtführung sich darüber wunderte, daß Lübeck einst die zweitreichste Stadt Europas gewesen sein soll, traf sie eine Achillesferse. Eine Arbeitslosenquote von über 13 Prozent und ein Schuldenberg von 484 Millionen Euro lassen die Bewohner der einst so stolzen Hansestadt mit Wehmut an die guten, alten Zeiten denken. Da hilft auch die aktuelle Zeitreise der Dreharbeiten nichts, denn die führt ja gerade in Zeiten des Niedergangs. „Der Roman Buddenbrooks ist ein vom Verfall überschattetes Sittengemälde einer untergegangenen Epoche, regional und provinziell gefaßt und dennoch von elementarer Allgemeingültigkeit: Menschen, die uns nahe sind, kämpfen um ihre Lebensentwürfe in einer formierten Gesellschaft – und scheitern am Ende doch“, so Dr. Matthias Esche, Geschäftsführer Bavaria Film und gesamtverantwortlich für das Projekt. Und dieser Niedergang spielt eben im niedergehenden Lübeck. Kein Wunder also, daß die Lübecker ihrem Sohn und Nobelpreisträger Thomas Mann die 1901 erschienenen „Buddenbrooks“ nicht gerade voller Euphorie aus der Hand rissen. Damals fühlten sie sich karikiert, heute haben sie sich allerdings damit abgefunden und wissen immerhin, wie man mit den Manns Geld macht.

Foto: Die Darsteller: Mark Waschke, Iris Berben, Armin Mueller-Stahl, Jessica Schwarz und August Diehl


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