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29.09.07 / Dompteur des Lebens / Gerd Siemoneit-Barum über den Umgang mit Raubtieren und Menschen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-07 vom 29. September 2007

Dompteur des Lebens
Gerd Siemoneit-Barum über den Umgang mit Raubtieren und Menschen

Zwar hat er sich im vergangenen Jahr aus der Raubtier-Manege verabschiedet, trotzdem ist er noch der berühmteste deutsche Dompteur aller Zeiten: Gerd Siemoneit-Barum. Der 1931 in Ostpreußen geborene Gerd Siemoneit lief als 16jähriger von Zuhause weg, um mit den Zirkusleuten durch die Lande zu ziehen. Während andere jedoch ihr Leben lang nur Käfige reinigen und Tiere füttern, wurde der Jugendliche – wie sein Mit-Autor Robert Griesbeck vermutet, wohl auch aufgrund seiner den Ostpreußen zugesprochenen Sturheit – Kunstreiter, danach Dompteur und später sogar Zirkus-Direktor.

Das vorliegende Buch „Die Kunst, mit dem Tier im Menschen umzugehen – Geheimnisse eines Dompteurs“ beruht auf einer Idee von Mit-Autor Robert Griesbeck, der im Rahmen eines anderen Auftrages den Zirkus-Direktor kennenlernte und während des Gesprächs immer mehr den Eindruck hatte, daß dessen Erfahrungen keineswegs nur für die Zirkus-Manege gültig seien. Aus dieser Erkenntnis wurde nun ein Buch, daß tatsächlich faszinierende Parallelen zwischen dem menschlichen Miteinander und dem Verhalten in der Raubtier-Manege aufzeigt.

„Tiere sollte man – wie Kinder übrigens auch – nicht verhätscheln, wenn man sie nicht zur Unselbständigkeit erziehen will. Die meisten Tiere gehören in den Stall, sie brauchen kein Mäntelchen und keine beheizten Wohnungen.“ Überhaupt vergleicht der Zirkus-Direktor häufig kleine Löwen mit Kindern. Beide hätte einen natürlichen Spieltrieb, den man sich als Erziehender zu nutze machen könne. Außerdem: Kleine Löwen brauchen dasselbe wie kleine Menschen: Grenzen, Vorbilder, Zuneigung und Sicherheit.“ Auch bräuchten Mensch und Raubtier ein festes „Nest“, von dem aus sie ihre Entdeckungstouren in die Welt hinaus starten können: „Ohne das sichere Gefühl der Heimat kann sich kein Lebewesen völlig entspannen, ohne Entspannung kann kein Lebewesen seine volle Leistung erbringen.“ Zum Thema Grenzen setzen: „Wer Nein sagen kann, lebt leichter. Wer zu schnell Ja sagt, hat es nur am Anfang leicht – danach wird er es um so schwerer haben.“ Die Beispiele, mit denen Siemoneit-Barum seine Lehrsätze veranschaulicht, sind stets plastisch und geben einen Eindruck vom Zirkus-Alltag.

Der Vater zweier Kinder schreibt allerdings keineswegs nur über Erziehung, sondern auch über das, was gute Unterhaltung bedarf, wie man sein Publikum für sich einnimmt und wie man Autorität privat und im Berufsleben ausstrahlt. So mancher Manager kann hier noch was lernen. Und anhand von Beispielen aus dem Fußball erklärt er, was ein gutes Team ausmacht. „Ein Jens Lehmann paßte in die Vorstellung, in seine (Jürgen Klinsmanns) Vorstellung, und ein Oliver Kahn eben nicht. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, daß ein guter Dompteur manchmal auf den schönsten und sprunggewaltigsten Tiger verzichten muß. Meist, weil er eben so sprunggewaltig ist und sich einer gemeinsamen Vorstellung nicht immer anpassen kann.“

Zwar ist „Die Kunst, mit dem Tier im Menschen umzugehen“ ein Ratgeber, aber selbst jene, die gegenüber dieser Art von Büchern skeptisch sind, werden diesem so manches abgewinnen können.        Bel

Gerd Siemoneit-Barum: „Die Kunst, mit dem Tier im Menschen umzugehen“, Gräfe und Unzer, München 2007, geb., 208 Seiten, 19,90 Euro, Best.-Nr. 6368


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