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29.09.07 / Ausstellung in Stuhm eröffnet / Kulturzentrum Ostpreußen hatte die Darstellung der Stadtgeschichte im Ordensschloß überarbeitet

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-07 vom 29. September 2007

Ausstellung in Stuhm eröffnet
Kulturzentrum Ostpreußen hatte die Darstellung der Stadtgeschichte im Ordensschloß überarbeitet
von Manfred E. Fritsche

Eine Abordnung des Kulturzentrums Ostpreußen aus Ellingen in Bayern hat im Schloß von Stuhm eine Ausstellung zur Stadtgeschichte der 1294 erstmals unter dem Namen „Hof Stuhm“ erwähnten Siedlung in Westpreußen der Öffentlichkeit übergeben. Die Darstellung der Geschichte stammt in ihren Grundzügen zwar bereits vom April 2003, hat jedoch vor ihrer jetzigen Präsentation eine völlige Überarbeitung durch das Kulturzentrum erfahren.

Die Besiedlung der Gegend ist bereits viele Jahrhunderte vor Christus nachweisbar. Dem Ordenshof folgte der Bau einer steinernen Ordensburg ab 1326, die etwa zehn Jahre später vollendet wurde und als Sperrfeste für die Marienburg diente. Die Ordensburg wurde auf einer schmalen Landzunge zwischen dem Wargels-See und dem Stuhmer See errichtet, Wassergräben sicherten die Burg im Westen und Norden, an den anderen Seiten traten die Seen an die Mauern der Burg heran. Der Verbindungsgraben zwischen den beiden Seen war gleichzeitig Burggraben und trennte die Haupt- von der Vorburg. Der Eingang der Burg lag im Westen, im Nordwesten erhob sich der als Ruine erhaltene achteckige Mauerturm. An der Südseite des Burgplatzes wurde das 52 Meter lange und bis zwölf Meter breite „Haus des Vogts“ gebaut, nach der Fertigstellung wurde die Burg als Residenz für den Hochmeister, als Sommersitz und Jagdschloß benutzt.

In wechselvoller Geschichte gelangten Stadt und Burg in den Besitz des Preußischen Bundes, wurden polnisch und zerstört, waren bis zum Ende des 13jährigen Krieges in Händen des Ordens und kamen nach dem Zweiten Thorner Frieden unter polnische Schutzherrschaft, womit die Bedeutung der Stadt sank. Nach den Schwedenkriegen verlor Stuhm auch seine militärische Bedeutung. Um 1800 gab es einen deutschen Bevölkerungsanteil von rund 50 Prozent, 75 Orte trugen polnische Namen, nur 57 dagegen deutsche. Erst ab dem Befreiungskrieg 1812/1813 entwickelte sich Stuhm wieder, 1818 wurde der Kreis Stuhm geschaffen. Durch Eingemeindungen in den Jahren 1908 bis 1924 hatte Stuhm ein Landgebiet, das der Fläche einer Großstadt entsprach. 1913 wurde die Stadt wieder Garnisonsstadt, Kasernen wurden gebaut und ein Bataillon hierher verlegt. Dies geschah so schnell, daß zuerst Barackenlager für die Unterkunft dienen mußten – diese wurden dann während des Ersten Weltkrieges als Lager für Verwundete und danach als Notunterkünfte für arme Bewohner der Stadt verwendet. Nach der Vierteilung Westpreußens (Pomerellen wurde der „Korridor“, Danzig „Freie Stadt“ und der westliche Teil Westpreußens zur Grenzmark „Posen-Westpreußen“) sollten die vier rechts der Weichsel gelegenen Kreise Marienburg, Marienwerder, Rosenberg und Stuhm in einer Volksabstimmung über ihre zukünftige Zugehörigkeit entscheiden. In der Abstimmung vom 11. Juli 1920 hatte der Kreis Stuhm mit 19,7 Prozent (4904 Stimmen) und in der Stadt Stuhm sogar 26,5 Prozent (749 Stimmen) den höchsten Stimmenanteil für einen Anschluß an Polen in der gesamten Abstimmung überhaupt – die Kreise blieben deutsch.

Während der Einweihung des Kriegerdenkmals für die Stuhmer Bürger – Deutsche, Polen und Juden – am 16. Juni 1929 flog der ostpreußische Segelflugweltrekordler Ferdinand Schulz eine Ehrenrunde über dem Markplatz und stürzte dabei mit seinem Motorflugzeug ab. Er und sein Begleiter Bruno Kaiser fanden dabei den Tod. Am 14. Juni 1931 besuchte Reichspräsident Paul von Hindenburg die Stadt, in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde die Synagoge zerstört und mit dem Zusammenbruch der deutschen Ostfront endete 1944 das friedliche Leben der Stuhmer. Am 21. und 22. Januar 1945 zogen Flüchtlingsströme durch die Stadt, die noch nicht geflohene Bevölkerung schloß sich Richtung Danzig und Marienburg an. Am 25. Januar wurde Stuhm kampflos von der Roten Armee besetzt, die Stadt wurde angezündet und mehr als die Hälfte der Gebäude wurden zerstört.

Damit endet die Beschreibung der deutschen Geschichte Stuhms, die in 30 Wandtafeln nun im Schloß der Stadt überarbeitet und erneuert der Bevölkerung übergeben wurde. So können die heutigen polnischen Bewohner die Vergangenheit ihrer Stadt erforschen, wie es mehrere Schulklassen bei der Ausstellungseröffnung bereits taten. Zbigniew Jan Zwolenkiewicz als Vertreter des Kreises Stuhm in der Woiwodschaft Pommern, Bürgermeister Leszek Tabor sowie der Direktor des Schloßmuseums Stuhm dankten bei der kleinen Feier dem Direktor des Kulturzentrums Ostpreußen Wolfgang Freyberg sowie seinem wissenschaftlichen Mitarbeiter Dr. Roman Gogan für die Erneuerung der Tafeln sowie für die redaktionellen Korrekturen in den Beschreibungen. Die Ausstellung ist nun im großen Saal im Südflügel des Stuhmer Schlosses zu sehen, in dem sich auch das mit deutschen Mitteln unterstützte „Internationale Jugendaustauschzentrum“ sowie das Büro des „Bundes der Bevölkerung deutscher Abstammung Stuhm und Christburg“ befinden. Die restlichen Gebäude im Schloßhof werden zu Wohnzwecken benutzt beziehungsweise stehen leer, die der Heiligen Anna geweihte katholische Kirche ist in gut renoviertem Zustand, derzeit werden weitere Unterhaltungsarbeiten durchgeführt, und die ehemalige evangelische Kirche der Stadt auf dem Markplatz wird als städtisches Museum genutzt. Zu den wenigen Zügen, die am Bahnhof in Stuhm verkehren, finden sich immer zahlreiche Fahrgäste ein.

Foto: Erläuterungen zur Ausstellungseröffnung: Wolfgang Freyberg (3.v.l.) und sein wissenschaftlicher Mitarbeiter Dr. Roman Gogan (2.v.l.) im Gespräch mit dem Bürgermeister von Stuhm (links) und dem Direktor des Schloßmuseums (rechts)


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