26.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
29.09.07 / Die ostpreußische Familie / Leser helfen Lesern

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-07 vom 29. September 2007

Die ostpreußische Familie
Leser helfen Lesern
von Ruth Geede

Lewe Landslied,

liebe Familienfreunde,

und nun habe ich wieder einmal eine Bitte. Mir wurde das Schreiben einer in Berlin lebenden Ostpreußin übergeben, das mich sehr berührt hat. Sie hatte unsere ihr bis dahin unbekannte Zeitung „mit großer Freude und ebensolchem Interesse“ gelesen und meint: „Man kann endlich wieder frei atmen bei dem Geschriebenen!“ Aber die Dame ist 96 Jahre alt, 80 Prozent schwerbehindert und bezieht nur eine winzige Rente. Sie hätte so gerne die PAZ / Das Ostpreußenblatt bestellt, kann es aber aus Kostengründen nicht abonnieren. Ich habe mich sofort bereit erklärt, unsere Ostpreußische Familie zu befragen, ob jemand bereit wäre, ein Patenschaftsabonnement für die alte Dame zu übernehmen. Sie selbst wäre nie auf den Gedanken gekommen. Aber wir. Und so reiche ich diese Bitte weiter und weiß, daß sie erfüllt werden wird.

Auch freue ich mich, daß unsere Ostpreußische Familie immer größere Kreise zieht, das entnehme ich den Zuschriften von – vor allem jungen – Menschen, die unsere Zeitung bisher nicht gekannt haben, aber von unseren Leserinnen und Lesern auf sie aufmerksam gemacht wurden. Da stehen dann Sätze wie: „Auf der Suche nach Personen, Bildern und Informationen aller Art über meine ostpreußischen Vorfahren kam ich an Frau Poplawski, die mir Ihre Adresse gab mit dem Hinweis, daß sich gelegentlich doch überraschende Kontakte beziehungsweise Nachrichten finden.“ Was stimmt, wie die Erfolge in den letzten Wochen, über die ich in fast jeder Folge berichten konnte, ja beweisen. Vielleicht trifft das auch für den Wunsch von Frau Claudia Pitsch zu, aus deren Schreiben der eben zitierte Satz stammt. Allerdings fragt sie in Unkenntnis der Dinge, ob in unserer Zeitung irgendwann und irgendwo die Namen von Franz und Anna Gonschorowski aus Nordenburg und ihrer Kinder auftauchten, was allerdings kaum der Fall sein dürfte, auch nicht in den ältesten Ausgaben, denn bei dem Ehepaar handelt es sich um ihre Ururgroßeltern. Also müssen wir uns gezielt auf die Suche nach Informanten aus unserem Familienkreis begeben, die etwas über diese Nordenburger Familie aussagen können, wobei wir in diesem Falle das Glück haben, daß Namen und Daten bekannt sind und von Frau Pitsch sorgfältig aufgelistet wurden. Wobei sie erst vor wenigen Monaten die Namen ihrer Vorfahren fanden, was sie und ihre Mutter bis dahin nicht zu träumen wagten.

Es beginnt alles mit Franz *1868 und Anna *1872 Gonschorowski, die in der Insterburger Straße 187 in Nordenburg wohnten. Es muß ein kleines Häuschen auf einem Hinterhof gewesen sein. Seit wann ist ungewiß, das Paar hat vorher an verschiedenen Orten vor allem im Kreis Pillkallen gelebt, wie die Geburtsorte der Kinder beweisen – und das sind nicht wenige, nämlich drei Söhne und fünf Tochter, wahrscheinlich gab es noch mindestens drei weitere Kinder. Diese Namen sind bekannt:  Henriette, * 1894 (?), Johanna, verh. Münz, *1898 in Petereithelen, Martha, verh. Driesch, verw. Adolph, *1906 in Dagutschen, Friedrich, *1903 in Lubinnen, Lotte, verh. Florian, Luise, verh. Schlösser, Geburtsort Coswig, Franz *auf Gut Ahrau, Krs. Gerdauen, und Willi *1911 in Nordenburg – mindestens von da muß die Familie dort gelebt haben. Es tauchen noch drei weitere Namen von vermutlichen Kindern des Paares auf: Ida, Emma und Adolf. In unserem Fall konzentrieren wir uns auf das älteste Kind, Henriette. Sie heiratete den Schuhmacher August Quittkat, verstarb aber früh an einem Lungenleiden, ihr Mann ebenfalls, so daß ihr einziges Kind Minna, *1914 in Groß Degesen, bei den Großeltern in Nordenburg aufwuchs und auch dort konfirmiert wurde. Sie heiratete Ewald Barkam, kam auf der Flucht nach Bayern, wo sie 1995 in Ingolstadt verstarb. „Sie war meine zutiefst geliebte Oma“, schreibt Claudia Pitsch. Das erklärt auch, warum sie sich so bemüht, das Umfeld ihrer mütterlichen Vorfahren zu erhellen. Mit ihrer Mutter Renate Pfefferle und ihrer Tante Marlene Schrotberger würde sie sich sehr freuen, wenn sie Kontakt zu Menschen bekämen, die aus der Heimat ihrer Großmutter stammen, vielleicht die Nordenburger Familie kannten und zu den genannten Personen etwas sagen können. (Claudia Pitsch, Kollachenweg 26 in 86633 Neuburg, E-Mail: claudia.pitsch@onelinehome.de)

Welche Schicksale beinhalten manchmal wenige Zeilen, wenn sie so klar und einfach formuliert sind wie die von Frau Gertrud Rybarsch aus Groß Schönau, mit denen sie sich an mich und die Leser unserer Heimatsendung wendet. Deshalb möchte ich fast wörtlich ihren Suchwunsch veröffentlichen, denn besser könnte ich ihn auch nicht formulieren „Wir sind am  28. Januar 1945 aus Altenberg, Krs. Samland, auf die Flucht gegangen, leider aber über Königsberg nicht hinaus gekommen. Wir erhielten Unterkunft in einer Kinderklinik, bis man uns später mit einem Heukahn bis Pillau brachte, von dort in Viehwagen nach Palmnicken. Irgendwie haben wir in diesem Durcheinander unsere Verwandten verloren: Eva Manovski *1932, Christel Manovski *1928 (?) und ihre Mutter Auguste Manovski, geb. Müller, die Schwester meines Vaters – alle aus Altenberg. Nach Kriegsende wollte Mutter wieder nach Hause. Es wurde eine schlimme Heimkehr. Mein Vater Hermann Müller, *1901, der im Volkssturm war und dann auf einer Kolchose arbeitete, hat uns gesucht und in Ponarth gefunden. So sind wir denn mit auf die Kolchose Praddau gekommen. Hier haben wir leider Weihnachten 1945 unsere Mutter beerdigen müssen. Wir haben bis zur Ausweisung 1948 dort gearbeitet. Wer kann sich erinnern, was mit den Kranken und Schwachen geworden ist, die angeblich mit einem Lastwagen in ein Hospital gebracht wurden? Unter ihnen befand sich meine Schwester Erna Müller, *29. September 1927 in Altenberg. Wer weiß etwas über den Verbleib meiner Schwester?“ Frau Rybarsch geb. Müller kann sich noch an einige Namen von Mitgefangenen erinnern, so an Ernst und Heinz Ausländer, eine Familie Lindemann und Galinat. Das könnte eventuell schon weiterhelfen. Vielleicht erinnern sich auch andere Leser und Leserinnen an die Kolchose Praddau – das ehemalige Gut lag 12 Kilometer östlich von Königsberg – oder an die genannten Personen und können Hinweise geben. Über jede Zuschrift würde sich Frau Rybarsch sehr freuen. (Gertrud Rybarsch, Kirchstraße 2A in 02779 Groß Schönau)

In diese furchtbare Zeit, die wohl die schlimmsten Kerben in unser aller Leben schnitt, führt auch die Erinnerung von Frau Erika Preuß aus Lahnstein zurück. Zuhause ist sie in Masuren, der elterliche Hof lag bei Reichensee, Krs. Lötzen. Erika war damals neun Jahre alt, als am 22. Januar 1945 eine – ermländische? – Familie auf der Flucht bei ihnen Unterkunft suchte. Es handelte sich um ein Ehepaar mit Tochter und elfjähriger Enkeltochter. Wohl auch eine Landwirtsfamilie, denn sie kamen mit eigenem Fluchtwagen und einem französischen Kriegsgefangenen, der bei ihnen gearbeitet hatte. Den Namen des Ehepaares weiß Frau Preuß nicht, der Franzose sprach die Tochter mit „Frau Raudschuß“ an. Auf dem Hof hielten sich zu der Zeit auch Soldaten auf, die wegen der sich nähernden Front zu Fuß nach Lötzen wollten und den Flüchtlingen anboten, mit ihnen zu gehen. Ihr Aufenthalt auf dem Hof beschränkte sich also auf wenige Stunden. Erikas Familie konnte nicht mit, weil ihr Vater gerade bei einem Nachbarn war, bei ihnen blieb auch der Franzose. Während der Kampfhandlungen brannten zwei Hofgebäude mit dem Kutschwagen und den beiden Kühen der Flüchtlingsfamilie ab. Es blieben aber die Pferde, mit denen Erika mit Eltern und ihren beiden jüngeren Brüdern flüchtete, weil die Familie selber keine mehr besaß. Der Franzose blieb in Reichensee. Nach einigen Tagen wurden sie von den Russen eingeholt und mußten auf Geheiß eines russischen Offiziers umkehren. Unterwegs nahm der Vater einen französischen Kriegsgefangenen mit, der dann nach Ankunft in Reichensee mit dem Wagen und den Pferden der Flüchtlingsfamilie zu seiner polnischen Freundin fuhr. Auch der in Reichensee gebliebene Franzose fand polnische Freunde, die ihn noch bis zum Zug brachten, mit dem er Ostpreußen verließ. Soweit die Erinnerungen von

Erika Preuß, die erst 1948 mit ihrer Familie nach Mecklenburg kam. Sie würde sich freuen, wenn sich Angehörige der Flüchtlingsfamilie melden würden – vielleicht die Tochter der Frau Raudschuß? Jedenfalls ist es erstaunlich, wie detailliert Frau Preuß diese kurze Begegnung und das damit verbundene Geschehen noch heute schildern kann, obgleich sie damals doch erst neun Jahre alt war. (Erika Preuß, Hohenrhein 72a in 56112 Lahnstein, Telefon: 0 26 21 / 5 05 04 )

Nun aber zu ganz anders gearteten Fragen. Herr Björn Haasler aus Bad Oldesloe arbeitet an einer Chronik der Familie Krüger aus der ostpreußischen Gemeinde Gertlauken beziehungsweise Waldfrieden, Krs. Insterburg. Das bekannte Moorbad befand sich damals im Besitz der Familie Friedrich Krüger. Sie verkaufte es nach dem Ersten Weltkrieg an den Arzt Dr. Becker und bewohnte zuletzt ihr kleines Bauernhaus auf dem Gelände des in den 30er Jahren ausgebauten Kurhauses. Das Ostpreußenblatt hat bereits vor längerer Zeit einige Artikel über das Moorbad Waldfrieden veröffentlicht, so 1956 und 1969. Letzterer zeigte auch zwei Aufnahmen von der Familie Krüger und dem 1936 fertig gestellten Kurbereich. Diese Unterlagen liegen Herrn Haasler vor, aber er benötigt noch weitere, vor allem alte Aufnahmen von der Entstehung des Moorbades aus der Gründerzeit, von 1900 an bis in die 30er und 40er Jahre. Sicher gibt es noch weitere Informationsquellen wie Bücher, Heimatbriefe, Kalender, Zeitungsausschnitte, Postkarten, die sich in Archiven und Sammlungen, aber auch im Privatbesitz befinden, die dem Chronisten weiterhelfen könnten. Zwei spezielle Fragen schließt Herr Haasler seiner Bitte an: Gibt es auch Informationen über Eugen Krüger, der im Ersten Weltkrieg gefallen oder verschollen sein soll? Wie lautet der vollständige Name der Schwester von Friedrich Krüger? (Björn Haasler, Hamburger Straße 2 in 23843 Bad Oldesloe, Telefon: 0 45 31 / 67 94 70)

Eure Ruth Geede

Foto: Wer ist auf diesem Foto zu sehen? Hinweise bitte an das Kulturzentrum Ostpreußen, Postfach 17, 91791 Ellingen, Fax (0 91 41) 86 44-14, E-Mail: info@kulturzentrum-ostpreussen.de.


Artikel per E-Mail versenden
  Artikel ausdrucken Probeabo bestellen Registrieren