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29.09.07 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-07 vom 29. September 2007

Im Zauber der Ewigkeit / Was Angela Merkel am Dalai Lama entzückt, warum das Kabarett die Macht übernehmen muß, und was die SPD auf dem Speicher fand
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Der Dalai Lama ist ein angenehmer Gast, lächelt immer, sagt nie ein böses Wort – der perfekte Partner für jeden Fototermin, wenn da nicht die giftigen Hüsteleien aus Peking wären. Allerdings hatte Angela Merkel den Termin gut ausgewählt. Die Volksrepublik schminkt sich gerade auf hübsch für Olympia 2008 und muß fürchten, daß der mühsam aufgetragene Putz bröckelt, wenn man eine allzu grimmige Fratze schneidet.

Zudem sind Merkel in London und vor allem Paris zwei jungdynamische Rivalen um den Rang des wichtigsten europäischen Politikers erwachsen, die sich nun nicht als großmäulige Memmen vorführen lassen wollen. Insbesondere Nicolas Sarkozy, verliebt in sich und große Auftritte, neidet der Kanzlerin die bestandene Mutprobe ganz bestimmt und dürfte ihr alsbald mit seinem eigenen Dalai-Lama-Besuch nacheifern. Alles sehr ärgerlich für die Rotchinesen.

Aber bringt uns der Besuch des Mannes aus den Bergen eigentlich mehr als ein gutes Gewissen und Ärger mit Peking? Oh ja, sagt Merkel: Den Rotchinesen soll gezeigt werden, daß man für Werte wie „Selbstbestimmung“ und „Demokratie“ einsteht. Ach ja? Dann könnte sie ja auch mal jemanden aus Taiwan einladen. Tut sie aber nicht. Den lästigen Inselchinesen haben wir sogar den diplomatischen Stuhl vor die Tür gestellt, weil Peking es uns befohlen hat.

Die politische Liebe zum Dalai Lama hat einen anderen Grund: Der Tibeter lebt den Traum eines jeden Politikers, der sich alle paar Jahre dem Volk zur Wahl stellen, sich mit Medien und Parteischranzen herumschlagen und auf seine Umfragewerte achten muß: Er ist ein „Gottkönig“, dessen Amtszeit nicht einmal mit dem Tod endet, denn er wird ja wiedergeboren und bleibt für immer und ewig im Amt. Ist das nicht wunderbar?

Es überrascht nicht, daß gehetzte Regierende solchem Zauber erliegen. Sie wissen ja kaum mehr, womit sie ihr Publikum denn noch unterhalten sollen, um seine Zuneigung zu erkaufen. Ihre Vorgänger hatten es leichter: Das waren so schmallippige Typen, denen es eigentlich schnurz war, ob sie unterhaltsam rüberkamen oder gar „charmant“. Für die Show sorgten damals Kabarettisten und Satiriker, die sich von Leuten wie Wehner oder Strauß ihre Anregungen holten und dann den Unterhaltungsteil der Politik übernahmen. Die Politiker selbst machten einfach Politik und scherten sich einen Dreck um die Show.

Heute ist es umgekehrt: Seit Gabriele Paulis Vorschlag zur Ehe mit Ablaufdatum wissen wir, daß Politiker ihre Ideen mittlerweile aus den Mülltonnen des Kabaretts klauben, weil ihnen selbst nichts mehr einfällt. Sie hatte ja zugeben müssen, die Sache beim Kabarettisten Pelzig abgestaubt zu haben. Warum überläßt man nicht gleich den professionellen Spaßvögeln die Macht? Matthias Richling wäre die Ideallösung: Der Schwabe ist dermaßen verwandlungsfähig, daß er alle Kabinettsposten auf einmal besetzen könnte. Was würden wir da an Geld sparen! Dann redet auch keiner mehr dem     anderen dazwischen am Regierungstisch, ist ja nur noch einer da, der abwechselnd mal diesen, mal jenen spielt.

Die Sozialdemokraten fühlen sich mittlerweile dermaßen ausgelaugt, daß sie sich selbst über den Dalai Lama nicht richtig freuen konnten. Aber so schnell geben sie nicht auf. Denn: Sind sie nicht die älteste Partei Deutschlands? Richtig! Und wie jede stattliche Ruine verfügt die SPD über einen riesigen Dachboden, wo allerlei halbverrotteter Krempel herumliegt, den man in schlechten Zeiten aufpolieren kann.

Also stiegen die Sozis auf ihren Speicher und kamen  mit dem „Sozialismus“ auf den Schultern wieder herunter. Sie wickelten ihn noch schnell in Demokratiepapier, damit dem Lafontaine nicht gleich aus Neid und Rührung die Tränen kommen.

Überhaupt sinken sich SPD und Linkspartei täglich tiefer in die Arme, weshalb sich die Sozialdemokraten gar nicht mehr schämen, Lafo und den Seinen ein Signal ihrer aufblühenden Zuneigung zu schicken.

Matthias Platzeck, Brandenburgs Ministerpräsident und einer der diversen SPD-Chefs der vergangenen Jahre, hielt soeben eine ergreifende Rede zum 60. Geburtstag des führenden PDS-Politikers Heinz Vietze. Vietze war früher SED-Bezirkssekretär von Potsdam. Solche Leute waren in der DDR unter anderem dafür zuständig, staatsfeindliches Gesindel (von den Imperialisten „Bürgerrechtler“ genannt) in Schach zu halten. Zu dem Pack gehörte damals auch ein gewisser Matthias Platzeck. Na ja, eine Jugendsünde eben. Nach Platzecks entzückender Rede faßte sich der Heinz ein Herz und verzieh dem Sozi seine früheren Lümmeleien, indem er ganz offen um die Hand der SPD für Rot-Rot anhielt. So soll denn die Zeit nicht trennen, was Stacheldraht einst zusammenhielt.

Einem allerdings könnte in dem roten Geschmuse die Luft dünn werden: Den Lafontaine haben immer viele SPDler auf dem Kieker. Verrat verjährt nicht. Die Wunde blutet zwar nicht mehr, aber sie juckt noch. Einige Genossen lauern nur darauf, dem Saarländer bei der nächsten Gelegenheit mit der harten Kratzhand eine runterzuhauen. Vielleicht kommt bald die Gelegenheit: Der Abtrünnige schielt auf den Stuhl des saarländischen Ministerpräsidenten, auf dem er ja schon mal saß. Und der dortige SPD-Chef zählt zu jenen Genossen, die bei den Vorfeiern zur rot-roten Hochzeit in der ersten Reihe balzen.

Bei Rot-Rot an der Saar wäre die Stunde der Rache gekommen: Die SPD sagt „Ja“ zur einheitssozialistischen Koalition, aber nur ohne Lafontaine.

Was wird dann bloß aus ihm? Der frühere Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Hans-Olaf Henkel, hat die Lösung: Auch Hitler habe doch „eine Art Sozialismus“ gewollt, berichtet der Ex-BDI-Chef und erklärt: „Nehmen Sie aus seinen (Hitlers) antikapitalistischen Verschwörungstiraden den Begriff ,Jude‘ weg, und Sie haben die Sprache, die heute Lafontaine spricht.“

Na also: Wenn es dem Lafo einfach zuviel wird, daß ihm in der rot-roten Zweisamkeit ständig mißgünstige Ex-Genossen über den Weg laufen und gegen ihn sticheln, dann kann er immer noch zur NPD gehen. Ja, gut, zugegeben, der Mann hat sich bislang als „Antifaschist“ verkauft, weshalb er da einiges erklären müßte. Aber wer sagt denn, daß das unmöglich wäre? Eben erst haben  SPD-Wortspieler die „freiwillige Wehrpflicht“ erfunden. Warum sollte es dann nicht auch einen antifaschistischen Nationalsozialismus geben? „Hakenkreuze malen gegen Rechts“ sozusagen.

Henkel jedenfalls sieht den Sozialismus – welcher Färbung auch immer – auf der Siegerstraße, auch wenn ihm das natürlich nicht gefällt. In Sachsen-Anhalt wollen angeblich schon 21 Prozent die DDR zurück. Die Zahl ist hoffentlich ausbaufähig. Diesmal soll es aber gerechter zugehen, weshalb die westdeutsche Mehrheit beim nächsten Sprung in den Käfig dabei sein wird. Nein, selbstverständlich kein richtiger Käfig mit Mauer und so, igitt!

Das machen wir heute subtiler: Der gleichgeschaltete Bürger kann auf vielerlei Weise hergestellt werden. Der „Kampf gegen Rechts“, den wir hier schon öfters bestaunt haben, hat das politische Spektrum bereits auf „links“ und „Mitte“ reduziert. Ein wichtiger Schritt. Wie nun errechnet wurde, haben sich auch Steuern und Gehälter zielgemäß entwickelt. Immer weniger netto bei mehr brutto heißt: Nach und nach erlangt der „vorsorgenden Sozialstaat“ die totale Verteilungsgewalt, die er benötigt, um den Sozialismus umzusetzen.

Und die Medien? Pah, ein „Zentralorgan“ wie einst das „Neue Deutschland“ ist überflüssig. Einheitliche Sprachregelungen verbreiten sich längst wie von selbst. An den Medien kann man sehen, was am neuen Sozialismus so demokratisch ist: Uns muß kein Politbüro „gleichmachen“ – das machen wir selbst!


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