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20.10.07 / Zauberhafte Blüten und Farben / Immer noch gelingt es Wissenschaftlern, neue Orchideenarten zu entdecken

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-07 vom 20. Oktober 2007

Zauberhafte Blüten und Farben
Immer noch gelingt es Wissenschaftlern, neue Orchideenarten zu entdecken
von Anne Bahrs

Pantöffelchen“ ist ein peruanisches Kosewort. Als ich hörte, daß mein Gegenüber während einer langen Eisenbahnfahrt sein Töchterchen so anredete, staunte ich, mehr noch, als er mir schmunzelnd erklärte: „Hineinschlüpfen und sich wohl fühlen! Gibt es Schöneres?“ Er liebkoste das kleine Mädchen, und sagte, daß es offiziell „Orchidee“ heiße. Auf mein Lächeln hin, reichte er mir alsbald einige Fotografien, die mir von seiner Leidenschaft weitere Kunde gaben. Und er erzählte dazu ...

Ich sah zauberhaft schöne Blumen, auch Zweige und Dolden mit vielen kleinen Blüten, und in verschiedensten Farbschattierungen den „Frauenschuh“, vom satten Dunkellila über Rot und Braun oder dunklem Grün samtene Pantöffelchen. Alle zeigten ihren stark betonten, hellen, wulstigen Rand, die „Lippe“ um den Kelch, von der zumeist ein betörender Duft und das Leuchten ausgeht, daß die bestäubenden Insekten angelockt werden. Sie übertragen Pollenpakete. Dann wachsen die feinen Samen im unterständigen Fruchtknoten heran, die der Wind wie Sporen verweht.

Die Samen dieser Prachtorchideen auf den Fotos hat der Mann aus hochgelegenen Feuchtgebieten der Anden in seiner peruanischen Heimat geholt, wo es immer noch Wissenschaftlern und Abenteurern gelingt, bis dahin unbekannte Orchideenarten zu entdecken. Unter Laborbedingungen in sterilen Behältern kommen die staubfreien Samen nach jahrelangem geduldigen Warten zum Keimen und Wachsen, und dann dauert es wieder Jahre, ehe sie blühen. Mehr als 20000 verschiedene Orchideenarten sind bekannt, und dazu kommen noch wenigstens 10000 Hybriden, die als Kreuzungen von Menschenhand viel leichter zu pflegen sind, weil sie sich unseren Klimabedingungen schon angepaßt haben. Sie können mit ihrer langewährenden Blütenpracht ein Blumenfenster wunderbar schmücken und gedeihen dort am besten, wo sie viel Licht, aber keine direkte Sonne erreicht, wo ihre Wurzeln im Gemisch aus Korkkrumen, Torf und Baumrinden Halt finden und dennoch reichlich Luft bekommen, wo ihre Blätter oft fein besprüht werden, aber die Wurzeln niemals naß sind.

Das alles erzählt mir der stolze Vater des anmutigen Mädchens „Orchidee“, der zugleich ein Fachmann als Orchideenzüchter ist, wie ich auch erfahre. Denn er gehört zur Jury, welche die schönsten und neuesten Exemplare aus Kreuzungen der vielen Orchideenliebhaber prämiert und den Gedankenaustausch unter diesen Blumenfreunden herausfordert. Wer dem Hobby der Orchideenzucht verfallen ist, wird keine Langeweile haben. Orchideenfreunde gelten als feinsinnige Lebenskünstler und gesellig, denn sie sind stolz bemüht, ihre Freuden mitzuteilen, um Orchideenkäufer zu gewinnen.

„Pantöffelchen!“ – Das Kosewort für ein anmutiges kleines Mädchen hat mich überzeugt. Nun schmückt ein „Frauenschuh“ auch meine Fensterbank, und ich hoffe, daß seine Knospe im Erkerfenster erblühen wird, wenn draußen das Eis knackt und der Winter an kalte Fenster Eisblumen zaubert.


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