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20.10.07 / Am Hofe des Zaren / Thema schlecht umgesetzt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-07 vom 20. Oktober 2007

Am Hofe des Zaren
Thema schlecht umgesetzt

Während das Zarenreich kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges bereits im Sterben liegt, feiert eine Handvoll vermögender Aristokraten in St. Petersburg in Pomp und Prunk sich selbst und ihren Reichtum. Asta Scheib versteht es in „Frost und Sonne“, den Leser in den Bann des pompösen Lebens am Zarenhof in St. Petersburg zu ziehen. Macht und Intrigen, Habgier und Schönheit sind die Aushängeschilder des Lebens bei Hofe. Doch wo auf der einen Seite Verschwendung und Reichtum herrschen, da regieren auf der anderen Armut und Hunger.
Zu den Hauptfiguren zählt der bildhübsche, aber eitle Fürst Felix Jussupow. Als Sohn einer der einflußreichsten Familien Rußlands genießt er alle Privilegien seines gesellschaftlichen Standes und ist unter anderem der beste Freund des Zarensohnes Dimitrij.

Jedoch verbindet die zwei jungen Männer mehr als bloße Freundschaft. Als die schöne Irina zu dem eingeschworenen Duo stößt, wird Zar Nikolaus II. die Angelegenheit doch etwas zu brenzlig.
Entsetzt über die Neigungen seines Sohnes, beginnt der Zar zu grübeln, wie er die innige Verbindung zwischen Dimitrij und Felix unterbinden könnte. Da fällt ihm Rasputin ein, der Heiler aus Sibirien. Eigentlich nur ein Mann aus dem Volk, doch durch die Gabe, den kränklichen Erstgeborenen des Zaren immer wieder von seinen Leiden zu befreien, ein einflußreicher und gefürchteter Mann bei Hofe.

„Und plötzlich fiel dem Zaren Rasputin ein. Natürlich! Wieso war er nicht gleich darauf gekommen? Rasputin konnte Menschen in Tiefschlaf versetzen. Vielleicht konnte er auch etwas tun gegen krankhafte Erscheinungen des Geschlechtsinnes.“

Kurzerhand stellt der Zar Felix zur Rede und befiehlt diesem, bei Rasputin vorstellig zu werden. Widerwillig muß Felix gehorchen. Doch wirft das erste Treffen bei Felix nur weitere Fragen auf, anstatt seine Neugier über den sagenumwobenen Wunderheiler zu befriedigen. „Rasputin war mittelgroß und offenbar kräftig, obwohl sein Körper eher schmächtig erschien ... Er mochte um die 40 sein. Einen großen Kopf hatte dieser Abgesandte Gottes ... Er trug, wie alle russischen Bauern, einen kräftigen Bart um Mund und Kinn. Ein Mann also, den er unter normalen Umständen keines Blickes gewürdigt hätte ... War dieser Bauernschädel in Wahrheit ein sehr kluger Kopf? Ein religiöser Philosoph? Oder ein Scharlatan? Guter Gott. Felix war ratlos.“

Paradoxerweise macht Rasputin nicht einmal den Versuch, Felix von seiner Zuneigung zu Dimitrij zu lösen, sondern verführt den schönen Jüngling.

Auch wenn dem Buch manchmal etwas der Pepp fehlt, ist „Frost und Sonne“ ein historischer Unterhaltungsroman, der den Leser von dem herrschaftlichen Leben der Zarendynastie Romanow ins Schwärmen bringt. Allerdings: Die Schwulengeschichte in dem Roman ist in der Form unnötig und zum Schluß hin einfach nur noch bescheiden und aufgesetzt. A. Ney

Asta Scheib: „Frost und Sonne“, Hoffmann und Campe, Hamburg 2007, geb., 365 Seiten, 19,95 Euro, Best.-Nr. 6395


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