Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung
© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-07 vom 20. Oktober 2007
Ein langer Prozeß Der „Spiegel“ widmet sich in letzter Zeit vermehrt der deutschen Geschichte, nein, keineswegs nur der des 20. Jahrhunderts, auch Spezial-Themen wie Preußen wurden dieses Jahr dem Leser präsentiert. Nun ist das im Frühjahr erschienene Special „Die Erfindung der Deutschen – Wie wir wurden, was wir sind“ als Buch herausgekommen. Es bietet zahlreiche interessante Beiträge von „Spiegel“-Redakteuren und Historikern. Eindrucksvoll wird dargestellt, daß „der Weg zur nationalen Einheit höchst langwierig und mühevoll sein kann“. Von Karl dem Großen bis zu Bismarck und sogar noch ein wenig darüber hinaus reicht die Zeitspanne, in denen die Autoren Meilensteine der Entwicklung des Deutschwerdens erkennen. Gleich zu Anfang verdeutlicht eine farbige Karte aus dem Jahre 1547 wie reich an Einzelherrschaftsbereichen das Heilige Römische Reich Deutscher Nation damals war. Wobei selbst dieses ja schon eine Vorstufe der Einigung war. Jahrhunderte zuvor zogen verschiedene Stämme durch die Lande, ohne daß Gemeinsamkeiten vorhanden waren. Und ohne, daß ein Kaiser oder König etwas geplant hatte, verschmolzen die „Geschlechter aus Bayern, Sachsen, Thüringen oder Schwaben“ in Schüben zu einem Volk. Stück für Stück schildern die Autoren, was es war, was jene einte, die immer mehr Gemeinsamkeiten entdeckten, aus denen sich später eine gemeinsame Abstammung ableitete. Am Anfang stand: die Sprache. Neben der Erfindung des Buchdruckes und der Luther-Bibel sehen die Autoren die Leistungen des Königsberger Gelehrten Johann Christoph Gottsched für die deutsche Sprache als eine der wesentlichen Vorstufen zur gemeinsamen deutschen Identität. Erst waren es nur Studenten und Intellektuelle, die nach Gemeinsamkeiten
suchten, später kam das Bürgertum hinzu. Doch: „Die ,Deutsche Bewegung‘ (ab
Mitte des 18. Jahrhunderts) … ist noch keine nationale Bewegung im engeren
Sinne, hat kein politisches Programm und keine politische Mitte.“ Während die Autoren den Nationalismus bis 1871 als liberal, positiv und
natürlich bewerten, heißt es weiter: „Im neuen Reich aber veränderte sich sein
Charakter. Er wurde zunehmend nicht nur durch konservative, arrogante,
expansionistische Elemente bestimmt, im Schatten heftiger industrieller
Depressionen geriet der Nationalismus auch zum Kompensationsmittel, das über
Widrigkeiten des Alltagslebens hinweghalf …“ Hiernach hätten Politik und
Wirtschaft den Nationalismus benutzt, wo sie zuvor als Mitläufer von Sprache und
Kultur ihn beflügelt hätten. Klaus Wiegrefe, Dietmar Pieper (Hrsg.): „Die Erfindung der Deutschen – Wie wir wurden, was wir sind“, Spiegel / DVA, München 2007, geb., 320 Seiten, 19,95 Euro, Best.-Nr. 6397 |
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