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© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-07 vom 20. Oktober 2007
Verordnung erst nach sicherer Diagnose Seit der Entdeckung des ersten antibiotischen Wirkstoffs im Jahr 1928 durch Alexander Fleming haben Wissenschaftler bis heute rund 80 solcher Substanzen entdeckt und entwickelt, die krankmachende Bakterien abtöten oder zumindest in ihrem Wachstum hemmen. So werden gefährliche Entzündungen zum Abklingen gebracht. Die hervorragende Wirkung dieser Substanzen hat in der Vergangenheit jedoch zu einem unkritischen und leichtfertigen Einsatz geführt. Eine der schärfsten Waffen der Medizin droht damit stumpf zu werden. Falsche
Verordnungen und Resistenzbildungen sind Ursache für diese Entwicklung. Experten
fordern deshalb: Der Verordnung von Antibiotika muß eine gesicherte Diagnose
vorausgehen. Ein einfacher Bluttest zeigt, ob die Einnahme eines Antibiotikums
tatsächlich nötig ist. „Dennoch entfallen 75 Prozent der Verordnungen auf Atemwegserkrankungen, die allerdings meistens viralen Ursprungs sind“, beklagt Prof. Beat Müller die gängige Praxis. Der leitende Arzt am Universitätshospital Basel gilt international als ausgewiesener Experte für das Hormon Procalcitonin. „Bakterien produzieren Giftstoffe, die im Rahmen der Entzündungsreaktion den Körper dazu anregen, dieses Hormon in höherer Menge zu produzieren als bei viralen Infekten. Bei einem stark erhöhten Procalcitoninwert ist deshalb die Einnahme von Antibiotika erforderlich, bei einem niedrigen Wert dagegen nicht“, erklärt das Vorstandsmitglied der Initiative „Gezielt ist Sicher“, einem Zusammenschluß von überwiegend deutschen Experten, die gegen die drohende Gefahr von Antibiotika-Resistenzen Sturm laufen. Müllers bisherige Procalcitonin-Studien haben Folgendes gezeigt: Durch die
Hormonbestimmung kann die Zahl der Antibiotika-Verschreibungen nahezu halbiert
werden. Konrad Reinhart, Professor für Anästhesiologie und Intensivmedizin an der Uni
Jena und Präsident der Deutschen Sepsis Gesellschaft fordert deshalb: „Der
sensitive PCT-Test sollte als ein Marker für bakterielle Infektionen nicht nur
im Krankenhausbereich eingesetzt werden, sondern im Interesse der ambulanten
Patienten auch dem niedergelassenen Arzt zur Verfügung stehen.“ Und Prof. Tobias Welte, Pneumologe an der Medizinischen Hochschule Hannover ergänzt: „Die Reduktion des Antibiotikaverbrauchs durch verbesserte diagnostische Möglichkeiten ist dringend erforderlich. Zielrichtung ist dabei vor allem der im ambulanten Bereich tätige Kollege, der sich häufig mit banalen Virusinfektionen auseinandersetzen muß und aus Sicherheitsgründen Antibiotika verabreicht, um die wenigen Fälle einer bakteriellen Bronchitis nicht zu übersehen.“ Arzneimittel in Hülle und Fülle: Nicht immer ist das vom Arzt verschriebene Medikament das richtige. Foto: Archiv |
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