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27.10.07 / Dunkle Wolken über Kurdistan / Die USA im Zwiespalt zwischen Türken, Kurden – und der eigenen Schwäche

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-07 vom 27. Oktober 2007

Dunkle Wolken über Kurdistan
Die USA im Zwiespalt zwischen Türken, Kurden – und der eigenen Schwäche
von Leo Mayerhöfer

Wer angegriffen wird, darf sich wehren! Die selbsternannte „Kurdische Befreiungsarmee“ PKK hat im türkischen Grenzgebiet zum Irak zahlreiche türkische Soldaten getötet oder verschleppt. Im zerklüfteten, kaum kontrollierbaren Kandill-Gebirge jenseits der Grenze verfügt sie über einen sicheren Rückzugsraum. Deshalb autorisierte das türkische Parlament Regierungschef Tayyip Erdogan zu einer Militäroffensive im kurdischen Autonomiegebiet: In den nordirakischen Provinzen Dohuk, Erbil und Süleymanija sollen sich rund 3500 PKK-Kämpfer sowie einige Hundert kurdische Rebellen aus dem Iran aufhalten. Ihnen stehen 100000 türkische Soldaten an der Grenze gegenüber. Da erscheint vielen Türken eine Militärintervention erfolgversprechend.

Was zunächst nach einem kleinen Regionalkonflikt aussieht, kann leicht zum Flächenbrand werden. Auch Syrien und der Iran haben neben dem Irak eine kurdische Minderheit. Wenn die Türken gegen die Kurden intervenieren, könnten das auch Syrer und Iraner. Syriens Staatspräsident Baschar el-Assad betont, die Türkei habe ein „legitimes Recht zur Intervention“; im „Kampf gegen Terrorismus“ stehe Syrien an der Seite Ankaras. Versuchen die USA hingegen, das PKK-Problem selbst zu lösen, sind sie im Irak so beschäftigt, daß weder Iran noch Syrien Angst vor einer US-Intervention haben müssen.

Einerseits besteht eine strategische Partnerschaft zwischen den USA und dem Nato-Partner Türkei. Ein Großteil des Nachschubs für die US-Truppen im Irak und in Afghanistan geht über den US-Luftwaffenstützpunkt Incirlik. Außerdem: Die laizistische Türkei gilt als ein Bollwerk gegen den Islamismus. In den Augen der Türkei sind die USA als tatsächliche Machthaber im Irak dafür verantwortlich, daß die als Terrororganisation eingestufte PKK dort keinen Rückzugsraum mehr findet.

Andererseits sind die Kurden im Nordirak die treuesten Verbündeten der USA. Nur in ihrem Autonomiegebiet gibt es so etwas wie staatliche Autorität, im Südirak nur Chaos. Doch die Sympathien der irakischen Kurden für die PKK sind aus landsmannschaftlicher Verbundenheit sehr stark. Der kurdisch-stämmige irakische Präsident Birand Talabani will keine Kurden an die Türkei ausliefern. Immerhin sagt er: „Wenn die PKK ihre Waffen nicht niederlegen will, so soll sie aus dem Nordirak verschwinden.“ Allerdings habe er nicht die Mittel, die PKK dazu zu zwingen. Talabanis Konkurrent Massud Barsani, der Präsident der irakisch-kurdischen Autonomieregion, kündigte an, daß sich die 100000 Mann seiner Miliz bei einem Einmarsch gegen die türkische Armee stellen würden.

In dieser Situation wollen die USA mit einer diplomatischen Offensive eine türkische Invasion verhindern, um eine weitere Destabilisierung der Region zu vermeiden. Die Außenminister von USA und Großbritannien forderten die irakische Führung dazu auf, „sofortige Schritte zur Eindämmung der Angriffe kurdischer Rebellen“ zu unternehmen. Solche Aufforderungen gab es schon zuhauf. Der von US-Präsident George W. Bush eingesetzte „Sonderbeauftragte für die Koordination der gemeinsamen Anstrengungen zur Abwehr der PKK“, General Ralstone, ist bereits wegen Erfolglosigkeit zurückgetreten. Die PKK droht derweil offen, die Ölpipeline vom irakischen Kirkuk in den türkischen Hafen Ceyhan zu sprengen. Allein dadurch steigt der Ölpreis auf Rekordniveau, und wir spüren schon die Folgen eines heraufziehenden Konflikts.


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