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27.10.07 / »Unser Ziel war und bleibt Polen« / Jaroslaw Kaczynski unterliegt bei den Wahlen Donald Tusk – Deutschfeindliche Parolen ohne Wirkung

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-07 vom 27. Oktober 2007

»Unser Ziel war und bleibt Polen«
Jaroslaw Kaczynski unterliegt bei den Wahlen Donald Tusk – Deutschfeindliche Parolen ohne Wirkung
von Wolf Oschlies

Deutlich nach 20 Uhr schlossen vergangenen Sonntag die letzten polnischen Wahllokale, kurz vor 23 Uhr stand das inoffizielle Wahlergebnis fest: Die bisherige Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) der Zwillingsbrüder Lech und Jaroslaw Kaczynski, Staatspräsident und Premier Polens, erlitt eine unerwartet klare Niederlage gegen die „Bürgerplattform“ (PO) von Donald Tusk. Die PO kam auf 41,4 Prozent und besetzt im Parlament 209 Sitze – die PiS muß sich mit 32,1 Prozent und 166 Sitzen begnügen, ihre reaktionären Partner der „Samoobrana“ und „Liga polnischer Familien“ wurden mit jeweils 1,4 Prozent von den Wählern förmlich vernichtet. Nahezu ungeschmälert zurückgekehrt sind die „Linken Demokraten“ (LiD, 13,3 Prozent, 53 Sitze) des ehemaligen Staatspräsidenten Aleksander Kwasniewski und die brave „Bauernpartei“ (PSL, 8,4 Prozent, 27 Sitze) unter Waldemar Pawlak.

Kurz vor der Wahl hatte es Umfragen in Fülle gegeben, die PiS und PO nahezu gleichauf sahen und ein „Kopf-an-Kopf-Rennen“ zwischen ihnen prophezeiten. Das glaubte auch Regierungschef Jaroslaw Kaczynski, als er beim Verlassen des Wahllokals den Journalisten „gute 37 Prozent für die PiS“ ankündigte. Doch als erstes geschah etwas, was in die Geschichte Polens eingehen wird: In drei Wahllokalen, einem in Danzig und zweien in Warschau, waren die Stimmzettel ausgegangen, und erst nach Stunden konnte weitergewählt werden. Um exakt diese Stunden mußten alle Wahlprognosen, Ergebnisschätzungen zurückgehalten werden. Wahlleiter Jan Kacprzak traute sich kaum noch vor die Journalisten, die aus dieser Zwangspause eine Sternstunde der polnischen Politanalyse machten.

Es begann mit harscher Kritik am „emotionalen“, „negativen“ und „schmutzigen“ Wahlkampf, was unverkennbar gegen „Jaro“ Kaczynski und die PiS ging. Es ging weiter mit einer Debatte um die Wahlbeteiligungen, worüber man in Ermangelung anderer Themen ausführlich redete. Daß sie extrem niedrig ausfallen würde, war vor der Wahl allgemein befürchtet worden, und kurz vor 17 Uhr lag sie bei kläglichen 38 Prozent. Dann legten die polnischen Wähler einen Schlußspurt ein und am Ende hatten 54 Prozent der Wahlberechtigten ihrer „Bürgerpflicht“ genügt. So etwas werteten alle Kommentatoren als hervorragendes Ergebnis, das um gute zehn Prozent über der Rate der Wahl von 2005 lag. Das verhieß nichts Gutes für die PiS, die Feingliederung der Zahlen noch weniger: Großstädte (Warschau 52 Prozent), urbane Regionen, junge Erwachsene und Erstwähler wiesen überdurchschnittlichen Wahleifer auf, der nach allgemeiner Ansicht nicht der PiS nutzte. Deren traditionelle Klientel kam aus Dörfern (42,6 Prozent Beteiligung) und ländlichen Regionen (Allenstein 39,9 Prozent) und blieb bei dieser Wahl mehrheitlich zu Hause.

Interessant war die unerwartet hohe Wahlbeteiligung der Polen im Ausland. Das Fernsehen hatte endlose Schlangen vor polnischen Botschaften und Konsulaten in Westeuropa gefilmt, wozu die Soziologin Jolanta Kopka erklärte: „Diese Polen sind wahre Patrioten, denn sie kennen das schlechte Image, das die Kaczynski-Zwillinge Polen im Ausland eingebracht haben, und sie sind weit genug von der PiS-Mentalität in Polen entfernt, um sich ein gesundes Urteil zu erhalten.“

Was Frau Kopka meinte, wurde in der Wahlnacht in aller Offenheit angesprochen: Die Kaczynskis haben den ganzen Regierungsapparat mit „ihren“ Leuten besetzt, Medien unterdrückt, politische Gegner mit KGB-Methoden verfolgt und ohne Not und Sinn außenpolitisches Porzellan zerschlagen: Als die unbedarfte Außenministerin Anna Fotyga in Interviews mit westlichen Medien von „Deutschland und Rußland als unseren historischen Feinden, die uns demütigen wollen“, sprach, war diese (weltweit zitierte) Äußerung ein schlimmer Schuß in den polnischen Ofen. 

Premier Kaczynski hat in der Wahlnacht sehr bald seine Niederlage eingestanden, diese aber der „Front“ seiner Gegner – „Parteien, Zeitungen, Fernsehen“ – angelastet und dem Wahlsieger Tusk eine „harte Opposition“ angekündigt, denn nur „unser Ziel war und bleibt Polen“. Tusk ist 2005 von der PiS mit Verdächtigungen wegen „deutscher Kollaborateure“ in seiner Familie besiegt worden. Das hat er nicht vergessen und in seiner Dankesrede nach dem Wahlsieg auch angesprochen. Wichtiger waren ihm indessen zwei andere Dinge: „Polen verdient eine bessere Regierung“ und wird sie mit dem 1957 in Danzig geborenen Historiker Donald Tusk auch bekommen. Und „wir haben Europa das bessere Polen gezeigt“.

Das mag sein, aber ist Tusks Polen so völlig anders? Kurz vor der Wahl hat Daniel Passent, legendäres „Enfant terrible“ der polnischen Medien schon zu kommunistischen Zeiten, geschrieben, daß Tusk doch nur eine „PiS light“ repräsentiere. Und am Wahltag meldete sich der Polen-Korrespondent des Russischen Fernsehens RTR aus Warschau: Bei dieser Wahl gehe es „nicht um Positionen, sondern um Haltungen“. Tusk und Kaczynski „sind nicht weit auseinander, ein Rechtsruck Polens ist unvermeidlich“. Aber Polen ist dank seiner EU-Mitgliedschaft ein ökonomisches Boom-Land, das die EU mit seinem klassischen „Antirussismus“ gefährden könnte. 

Foto: Strahlender Sieger: Schafft Donald Tusk ein anderes Polen oder ist er nur „PiS light“?


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