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27.10.07 / Ein Mythos im Museum / Königin Luise hält im Kulturzentrum Ostpreußen – Bis zum 2. Dezember ist dort eine wunderbare Ausstellung zu sehen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-07 vom 27. Oktober 2007

Ein Mythos im Museum
Königin Luise hält im Kulturzentrum Ostpreußen – Bis zum 2. Dezember ist dort eine wunderbare Ausstellung zu sehen
von Manfred E. Fritsche

Die zweifelsfrei populärste preußische Königin war Luise von Mecklenburg-Strelitz“ – so beginnt der Einführungstext für die neueste Sonderausstellung im Kulturzentrum Ostpreußen in Ellingen, die unter dem Titel „Königin Luise, Napoleon und der Frieden von Tilsit 1807“ genau am 7. Juli zum 200. Jahrestages dieses Ereignisses eröffnet wurde. Durch ihre Natürlichkeit, Schönheit und Liebenswürdigkeit gewann die Königin die Menschen für sich, und so wurde sie zur „Königin der Herzen“.

In seiner Begrüßung anläßlich der Vernissage würdigte der Direktor des Kulturzentrums Ellingen, Wolfgang Freyberg, die Herrscherin aufgrund ihres mindestens dreifachen Verdienstes: In der Zeit ihrer Regentschaft hatte es Luise geschafft, die Kluft zwischen den Gesellschaftsschichten zu überbrücken, modernes Familienleben im europäischen Hochadel einzuführen und nicht zuletzt mit ihrem legendären Zwiegespräch dem machtlüsternen Napoleon die Stirn zu bieten. Dieser Dialog bildet den Höhepunkt eines deutschen Kinofilmes aus dem Jahre 1956. Jene berühmte Szene bildet auch den Einstieg in die Ausstellung, die bis zum Dezember im Westflügel des Deutschordensschlosses in Ellingen zu sehen ist.

Neben den zahlreichen bebilderten Infotafeln werden die Ereignisse und Personen der damaligen Zeit anschaulich durch historische Landkarten, Stiche, Tassen, Medaillen, Gipsplaketten, Bücher und Briefmarken auf besondere Art und Weise dargestellt. Auch Statuetten und Büsten erinnern an den „guten Geist Preußens“.

So bezeichnete Dr. Stefan Hartmann, der stellvertretende Direktor des Geheimen Staatsarchivs in Berlin, die am 10. März 1776 in Hannover geborene und am Heiligen Abend 1793 mit dem preußischen Kronprinz Friedrich Wilhelm vermählte preußische Königin in seinem Einführungsvortrag. In seinem Archiv befinden sich historische Originalunterlagen aus der damaligen Zeit, so daß der Historiker aus erster Hand über den Tilsiter Frieden, seine Umstände und vor allem über das Leben von Königin Luise berichten konnte. Die Liebesheirat hat später zu dem Mythos um Luise beigetragen, das Familienleben des Königspaares wurde zum Ideal und Vorbild einer neuen bürgerlichen Kultur. Mit ihrer musterhaften Ehe festigte sie die Verbundenheit von Bürgertum und Königshaus. Ihrem Mann, Kronprinz Friedrich Wilhelm, nahm sie einen Teil der repräsentativen Aufgaben ab, sie reiste in die Provinz und lernte das Land kennen. Die einfache Bevölkerung nahm sie begeistert auf, sie sprach auf Empfängen, begrüßte Staatsgäste, nahm an Paraden teil und war zu Gast bei den Truppen.

Seinerzeit war es Napoleon gelungen, Preußen politisch zu isolieren, lediglich Rußland mit seinem als wankelmütig geltenden Zaren blieb als militärischer Partner. Genau so wankelmütig zeigte sich aber der seit 1797 regierende preußische König Friedrich Wilhelm III. selbst, der erst die Diplomatie suchte und später auf Druck seines Volkes im August 1806 den Kampf gegen Napoleon aufnahm. Im Vertrauen auf die Schlagkraft seiner 150000 Soldaten verzichtete der König sogar auf eine Abstimmung mit den russischen Verbündeten. In der Schlacht bei Saalfeld am 10. Oktober erlitt Preußen seine erste Niederlage gegen die Franzosen.    Prinz Louis Ferdinand verlor dabei sein Leben. Der vernichtende Schlag erfolgte am 14. Oktober in der Schlacht bei Jena und Auerstedt. In Folge kapitulierten die meisten Festungen im Land, ohne daß nur ein Schuß abgegeben wurde.

Inmitten der Schlachten stärkte des Königs Gattin Luise die Kampfmoral der Truppen, als sie in Naumburg / Saale deren Hauptquartier aufsuchte. Letztlich verlor Preußen aber die Hälfte seines Staatsgebietes, und das königliche Paar mußte über Graudenz im November und Königsberg im Dezember 1806 nach Ostpreußen fliehen. Dennoch schrieb sie an ihren Vater: „Die göttliche Vorsehung leitet unverkennbar neue Weltzustände ein“. Schwer an Typhus erkrankt, floh Luise vor den herannahenden Franzosen im Januar 1807 über die Kurische Nehrung nach Memel.

Friedrich Wilhelm III. setzte von dort aus, nachdem außer West- und Ostpreußen nahezu alle preußischen Provinzen von den Franzosen besetzt worden waren, den Krieg mit russischer Hilfe fort. Es kam am 8. Februar zur Schlacht bei Preußisch Eylau, bei der die Franzosen erstmals gestoppt wurden. Bei Heilsberg trafen sich im Juni 1807 die preußisch-russische Armee und die Franzosen zu einer erneuten Schlacht, die von den Verbündeten aber trotz der Eroberung der napoleonischen Fahne nicht gewonnen werden konnte. Am 14. Juni besiegten die Franzosen die preußisch-russische Armee in der Schlacht bei Friedland, das preußische Militär räumte Königsberg, und einige Tage später rückte Napoleon in Tilsit ein, wo es am 25. Juni mit Zar Alexander I. zu einem Versöhnungstreffen kam. Da der preußische König bei dem Treffen unbeachtet blieb, bat Friedrich Wilhelm am 30. Juni seine Gattin Luise, nach Tilsit zu kommen und sich mit ihrer Persönlichkeit dafür einzusetzen, daß Napoleon dem geschlagenen Preußen milde Friedensbedingungen gewähren würde. Am 6. Juli traf sie sich nach ihrer Ankunft in Tilsit mit Napoleon, um dessen Gefühle um den Erhalt Preußens anzusprechen. Von Friedrich Wilhelm bei diesem Vier-Augen-Gespräch gestört, soll Napoleon später gesagt haben: „Eine Viertelstunde später, und ich würde der Königin alles versprochen haben.“ Ohne Ergebnis blieb auch ein zweites Gespräch Luises mit dem französischen Kaiser – Gebiet und Bevölkerung Preußens schrumpften in dem am 9. Juli 1807 abgeschlossenen Frieden von Tilsit um mehr als die Hälfte. Alle Gebiete zwischen Rhein und Elbe waren an Frankreich verloren, Franken kam zu Bayern, Cottbus und Preitz zu Sachsen und in der Elbinger Konvention vom 10. November 1807 wurde Danzig mit Oliva und Hela als „Freie Stadt“ von Preußen abgetrennt.

Nach dem Friedensschluß blieb Luise bis zur Verlegung des Hofes nach Königsberg in Memel. Am 23. Dezember, nach dreijährigem Exil, reiste die königliche Familie nach Berlin zurück, wo sie begeistert empfangen wurden. Die Königin galt wegen ihrer Haltung gegenüber Napoleon, wegen ihrer Standhaftigkeit, Würde und Selbstachtung als Inbegriff der moralischen Überlegenheit Preußens und wurde zu einer Symbolfigur. Mitte des Jahres 1810 starb die Königin mit 34 Jahren als Mutter von noch sieben lebenden Kindern bei einem Besuch auf dem Gut ihres Vaters in Hohenzieritz an einer Lungenentzündung. Am 30. Juli wurde Luise im Berliner Dom bestattet, am 23. Dezember wurde sie in das Mausoleum im Charlottenburger Schloßpark überführt.

Zahlreiche Gedichte, Gemälde, Denkmäler und Skulpturen erinnern an die volksnahe Königin, im 19. und 20. Jahrhundert herrschte ein wahrer Luisen-Kult, der erst mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten endete. Nach dem Zweiten Weltkrieg begann man sich wieder mit dem Thema zu beschäftigen – seit 2001 erinnert aus Anlaß des 300. Jubiläums des preußischen Königtums und des 225. Geburtstags von Luise eine Gedenkstätte im Schloß Hohenzieritz an die preußische Königin.

Die Ausstellung „Königin Luise, Napoleon und der Frieden von Tilsit 1807“ ist bis zum 2. Dezember im Kulturzentrum Ostpreußen in Ellingen zu sehen. Öffnungszeitem: Dienstag bis Sonntag von 10 bis 12 und 14 bis 16 Uhr. Weitere Details unter www.kulturzentrum-ostpreussen.de zu finden.

Foto: Nicht nur die Wissenschaft beschäftigt sich mit dem Mythos „Königin Luise“.


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