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03.11.07 / Mit Macheten gegen Kurden / Dramatische Szenen: Konflikt in der Türkei springt auf die deutsche Hauptstadt über

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-07 vom 03. November 2007

Mit Macheten gegen Kurden
Dramatische Szenen: Konflikt in der Türkei springt auf die deutsche Hauptstadt über
von Markus Schleusener

„Türkiye, Türkiye“, brüllt die aufgebrachte Menge. Dann fliegen Steine und Flaschen, und schon stürmen die ersten los. Ihr Ziel: kurdische Einzelpersonen auf der anderen Straßenseite. Es kommt zu Prügeleien, die Polizei ist völlig überfordert.

Kampfszenen aus dem türkisch-irakischen Krisengebiet? Mitnichten.

In Berlin-Neukölln kam es am vergangenen Wochenende zu gewalttätigen Übergriffen von Türken auf Kurden. Ein türkischer Verein für Militärmusik hatte laut Pressemeldung ordnungsgemäß eine Demonstration angemeldet und durchgeführt. Zunächst demonstrierten etwa 1200 Personen friedlich für „Einigkeit und Brüderlichkeit zwischen Türken und Kurden“, so das offizielle Motto der Kundgebung. Inoffiziell richtete sich die Demo jedoch gegen die kurdischen Autonomiebestrebungen (im Nord-Irak, im Nordwest-Iran, in der Südost-Türkei).

Im Anschluß an ihre Demonstration und die Kundgebung am Hermannplatz (mit nun bis zu 2000 Teilnehmern) kam es zu ersten Übergriffen. Erst brandeten Sprechchöre auf, dann setzten Kundgebungsteilnehmer anwesenden Kurden nach, die sich in Sicherheit bringen mußten. Die Polizei war nach eigenen Angaben überrascht von den Attacken und mußte mit 500 Beamten für eine Wiederherstellung von Ruhe und Ordnung in dem Stadtteil sorgen. Die Bilanz der Krawalle: 18 verletzte Polizisten und 15 Festnahmen wegen schweren Landfriedensbruchs.

Laut Berliner „Tagesspiegel“ hatte die Polizei mit nur 400 Teilnehmern bei der Kundgebung gerechnet. Die Gewalt der Türken gegen die Kurden sei von Jugendlichen aus dem Umfeld der „Grauen Wölfe“, einer radikal-nationalistischen türkischen Partei, die auch in Deutschland aktiv ist, ausgegangen.

Der stellvertretende Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft Helmut Sarwas ist sauer, daß seine Kollegen (wieder einmal) Konflikten ausländischer Parteien ausgesetzt wurden. Sarwas fordert hartes Durchgreifen: „Wer im Mob mit Macheten bewaffnet durch Kreuzberg rennt und Polizisten verletzt, muß die volle Härte des Rechtsstaates zu spüren bekommen.“

Innensenator Erhart Körting (SPD) sprach von einer „neuen Qualität“, nachdem die Grauen Wölfe und andere türkische Nationalisten bislang stets friedlich aufgetreten seien. Anfang 2006 beispielsweise hatten nationalistische Türken in Berlin eine größere Demonstration durchgeführt. Die Kundgebung rief damals den Zorn der Armenier hervor, weil sie einem früheren türkischen Innenminister gewidmet war. Dieser hatte die massenhafte Verfolgung von Armeniern während des Ersten Weltkriegs veranlaßt und war nach dem Krieg in Charlottenburg von einem Exil-Armenier erschossen worden.

Mit rund 117000 Angehörigen sind die Türken die größte Ausländergruppe in Berlin. Viele der als Türken registrierten Personen sind indes eigentlich Kurden. Das gleiche gilt für einen Teil der in Berlin lebenden Iraner und Iraker.

Seit den Ausschreitungen herrscht angespannte Ruhe in Neukölln und Kreuzberg. Die Behörden rechnen jedoch mit weiteren Eskalationen, sobald sich der Konflikt in der Grenzregion zwischen der Türkei, Irak und Iran wieder verschärft.

„Nach den Ereignissen ist damit zu rechnen, daß es weiterhin zu emotionalen Auseinandersetzungen zwischen Kurden und Türken kommen wird“, sagte die Chefin des Berliner Verfassungsschutzes Claudia Schmid.

Immer wieder schwappen gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen fremden Völkern auch nach Berlin. In Erinnerung geblieben sind den Berlinern die Kurdenunruhen im Frühjahr 1999: Eine türkische Spezialeinheit entführte damals den Anführer der in Deutschland verbotenen Kurdenpartei PKK, Abdullah Öcalan, aus der griechischen Botschaft in Nairobi.

Öcalan war bis zum 11. September so etwas wie der Staatsfeind Nummer eins der westlichen Welt. PKK-Anhänger in der ganzen Welt randalierten daraufhin, vor allem vor kenianischen und griechischen Einrichtungen.

Doch nirgendwo erreichte die Gewalt solche Ausmaße wie in der deutschen Hauptstadt, wo es derzeit laut Verfassungsschutz 1000 PKK-Anhänger gibt. Hier versuchte eine größere Personengruppe auch das israelische Generalkonsulat zu stürmen, so jedenfalls stellten es die Israelis hinterher dar. Ungesicherten Informationen zufolge hatte der israelische Geheimdienst Mossad den Türken wichtige Zuarbeit bei der Ergreifung Öcalans geleistet. Drei Personen wurden dabei am 17. Februar 1999 von Israelis in Wilmersdorf erschossen, viele andere verletzt.

Die Schützen, wahrscheinlich Mossad-Angehörige, genossen diplomatische Immunität und wurden ausgeflogen, bevor sie vernommen werden konnten. Das Berliner Abgeordnetenhaus setzte einen Untersuchungsausschuß ein.

Die Berliner Parteien waren damals bereits durch den „Mykonos“-Mord sensibilisiert, was nach Berlin hineingetragene, ausländische Konflikte anging: Sieben Jahre zuvor hatte eine Gruppe um den Iraner Kazem Darabi mehrere iranische Exilpolitiker ermordet, die sich in dem griechischen Lokal „Mykonos“ getroffen hatten. Die Verurteilung der Täter hat zu Spannungen zwischen Berlin und Teheran geführt, weil die Attentäter im Auftrag der iranischen Regierung tätig gewesen sein sollen. Sie haben ihre Haftzeit inzwischen fast abgesessen und werden wohl in Kürze freigelassen.

Foto: Streit nach Deutschland getragen: Kurden im Hungerstreik vor dem Brandenburger Tor


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