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03.11.07 / Karl Marx lebt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-07 vom 03. November 2007

Karl Marx lebt
von Harald Fourier

Wie lebendig ist eigentlich Karl Marx? Im Oktober hat die SPD in Hamburg beschlossen, ihn als Urvater ihrer ideologischen Leitlinie beizubehalten. Zeitgleich mit der Kommunistischen Partei Chinas in Peking übrigens.

Ich treffe Ivan Denes, einen jüdischen Schriftsteller und Ex-Kommunisten, der später viele Jahre als Regimegegner in rumänischen Gefängnissen sitzen mußte. Letzten Sonntag saß Denes beim Gabelfrühstück mit Freunden im „Löwenbräu“, einer zünftigen bayerischen Kneipe mitten in einem (Ost-) Berliner Plattenbau an der Leipziger Straße in Mitte. Ein Platz, wie geschaffen für eine Diskussion über die Aktualität des Marxismus.

„Die spinnen doch, den Marxismus wieder zur Parteiideologie zu ernennen“, sagt Denes über den SPD-Parteitag. Ein Freund schüttelt den Kopf: „Das ist nur Show. Sie machen das, weil es in ihren Kreisen schick ist.“ Die Meinungen gehen auseinander.

Tatsache ist, daß die meisten Wähler, auch die SPD-Wähler, mit ideologischen Kampfbegriffen nichts (mehr) anfangen können. Nur eine Minderheit interessiert sich dafür. Die zu treffen hatte ich am gleichen Abend auch noch das Vergnügen, und das kam so:

Abends bin ich bei einer Familienfeier, diesmal im Friedrichshain. Anwesend sind fast nur Berliner aus dem Ostteil. Beim Buffet komme ich mit einer Frau ins Gespräch über Eßgewohnheiten und Gammelfleisch. „Es gibt ja sogar Leute, die essen Döner Kebab“, sagt sie ein wenig pikiert. „Wer für 99 Cent glaubt, einen einwandfreien Döner zu bekommen, dem ist aber auch nicht zu helfen“, meine ich. Daraufhin sie: „Das hat nichts mit dem Preis zu tun. Jeder Unternehmer wird immer versuchen, 800 oder 900 Prozent Profit zu machen. Insofern kann sich der Kunde niemals darauf verlassen, daß ein Anbieter einer Ware ihn nicht über den Tisch zieht. Diese Profitgier hat Karl Marx doch bereits zutreffend beschrieben.“

Das stimmt natürlich nicht, denn sonst würden Autohersteller ja Fahrzeuge produzieren, die sofort nach Auslaufen der Garantiezeit zusammenklappen, und der Italiener um die Ecke würde mir keinen Schnaps zum Abschied schenken, wenn es immer nur um den höchstmöglichen Profit bei jedem Geschäft ginge. Wer so argumentiert, ignoriert, daß es „dem Kapitalisten“ um langfristig erfolgreiche Geschäfte geht.

Aber die Dame am Buffet hat mir zweifellos eine Lektion in Sachen Marxismus erteilt. „Seine Antworten erwiesen sich vielfach als falsch, seine Hoffnungen als trügerisch“, wußte Willy Brandt über Marx zu sagen. Das war 1983, sechs  Jahre bevor die Mauer fiel. Die Zahl derjenigen, die daraus nichts gelernt haben, wächst leider wieder.


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