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03.11.07 / Die USA wollen den Iran spalten / Zweifel an der Wirksamkeit und Zielsetzung der Sanktionen sind angebracht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-07 vom 03. November 2007

Die USA wollen den Iran spalten
Zweifel an der Wirksamkeit und Zielsetzung der Sanktionen sind angebracht
von R. G. Kerschhofer

Die jüngsten US-Sanktionen gegen den Iran werden verständlicherweise nicht nur vom Iran kritisiert, sondern auch von Rußland, das die eigenen Interessen durch die amerikanische Osteuropa- und Nahost-Politik bedroht sieht. Im Gegensatz zu den Sanktionen, die vom UN-Sicherheitsrat im Zusammenhang mit der iranischen Uran-Anreicherung und einer möglichen Atom-Rüstung bereits beschlossen wurden, handelt es sich um einseitig von den USA verkündete Maßnahmen wirtschaftlicher Art. Als Begründung dient diesmal die iranische „Unterstützung terroristischer Organisationen“ im Irak und im Libanon.

Selbst wenn man nicht über Recht und Gerechtigkeit nachdenkt – also etwa darüber, wer ein „Terrorist“ ist und warum manche ungestraft tun dürfen, was man dem Iran vorwirft, nämlich Atom-Rüstung und Einmischung in anderen Ländern – so gibt es immerhin auch Fragen materieller Natur. Zunächst einmal, ob die Sanktionen überhaupt das bewirken können, was man vorgibt, bewirken zu wollen. Schon bisher standen ja iranische Organisationen, Unternehmungen und Banken auf der „schwarzen Liste“. Jetzt kommen bloß weitere hinzu.

Trotz allem waren die Iraner bisher in der Lage, für ihre noch aus der Schah-Zeit stammenden Waffensysteme amerikanischer Herkunft (Flugzeuge der Typen F-4, F-5 und F-14 sowie Panzer und Haubitzen) Ersatzteile aufzutreiben. Denn bei jeder Blockade gibt es Blockadebrecher, nicht selten sogar Verbündete der USA. Und der Ankauf neuer russischer, chinesischer und nordkoreanischer Systeme konnte ebensowenig verhindert werden wie deren Nachbau und Weiterentwicklung – oder eben die Uran-Anreicherung.

Das heißt natürlich nicht, daß Sanktionen wirkungslos bleiben: Sie bewirken immer eine Verteuerung der Aktivitäten, die man mit der Blockade eigentlich verhindern wollte. Doch das kriegt nicht das jeweilige Regime zu spüren, sondern die Bevölkerung und die zivile Wirtschaft. Sippenhaftung! So kommt es, daß der Rohöl-Exporteur Iran nur unzureichende Raffinerie-Kapazitäten hat und Treibstoff importieren muß.

Auswirkungen gibt es auch auf westliche Wirtschaftstreibende, denn wer immer Vermögenswerte besitzt, welche die USA beschlagnahmen könnten, ist damit praktisch den amerikanischen Gesetzen ausgeliefert und muß auf Geschäfte mit den „geächteten“ Firmen und Banken verzichten. Das bedeutet umgekehrt, daß sich der Iran noch mehr an Rußland und China anlehnt – und vom Dollar auf den Euro umsteigt.

Wenn aber Sanktionen gar nicht bewirken können, was sie angeblich bewirken sollen, was steckt sonst dahinter? Auffällig ist der Zeitpunkt ihrer Ankündigung, nämlich kurz nach dem Rücktritt des iranischen Chef-Unterhändlers in Atomfragen Ali Laridschani. Dieser Rücktritt ist der bisher deutlichste Hinweis auf Spannungen in der iranischen Führung, genauer gesagt zwischen Ayatollah Ali Chamenei, dem ersten Mann im Staat, und dem vom Volk gewählten Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad, der eben nur der Zweite ist. Oder vereinfachend ausgedrückt, zwischen dem konservativen „Establishment“ und den „Revolutionswächtern“ (Pasdaran), denen Ahmadinedschad und seine Riege angehören.

Der Schluß liegt nahe, daß die USA mit ihrer Ankündigung einfach die Gunst der Stunde nutzen und die inneriranischen Spannungen anheizen wollten, denn die Maßnahmen richten sich gegen die Pasdaran und deren Wirtschaftsimperium. Die iranische Rüstungsindustrie befaßt sich mit allen Waffensystemen. Doch da die Mittel nicht für eine systematische Nachrüstung von Luftwaffe und Marine reichen, konzentriert man sich auf Raketen, Schnellboote und panzerbrechende Waffen einschließlich Minen. Die Mannschaftsstärke der iranischen Streitkräfte (ohne Reservisten) wird auf über eine halbe Million geschätzt, wovon etwa ein Viertel auf die parallel zur Armee bestehenden Pasdaran entfällt.

Ebenso nahe liegt jedoch ein anderer Schluß: Die „friedlichen“ Sanktionen könnten der propagandistische Auftakt zu dem „als letzter Ausweg“ längst geplanten amerikanisch-israelischen Angriff auf den Iran sein. Keine Invasion, denn die wäre ein weiteres Debakel. Doch massiven Luft- und Raketenangriffen hätten die Iraner wenig entgegenzusetzen. Nicht zu verhindern wäre aber andererseits, daß der Angriff zu einem Flächenbrand wird, der mit einem Schlag ein Viertel der Erdölproduktion vom Weltmarkt nimmt. Von den Auswirkungen auf Afghanistan, Pakistan, den Irak und die Türkei ganz zu schweigen ...


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