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03.11.07 / Statt Rückzug Blitzsieg / Die Schlacht von Roßbach vor 250 Jahren begründete den Nimbus Friedrichs des Großen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-07 vom 03. November 2007

Statt Rückzug Blitzsieg
Die Schlacht von Roßbach vor 250 Jahren begründete den Nimbus Friedrichs des Großen
von Jürgen Ziechmann

Der Siebenjährige Krieg (1756–1763) gilt weithin als militärische Grundlage des Großmachtstatus Preußens, da nach diesem verlustreichen Ringen keine andere Macht mehr in der Lage war, größere territoriale Veränderungen gegen den Willen Preußens in der Mitte des europäischen Kontinents zu realisieren.

Die Kriegsschuldfrage wird in der aktuellen Forschung überwiegend sachlich diskutiert, wobei insbesondere der globale Konflikt zwischen Frankreich und England in Nordamerika, in der Karibik und auf dem indischen Kontinent mit einbezogen wird. Tatsache ist, daß durch die sogenannte Umkehr der Bündnisse, die Frankreich zum Verbündeten Österreichs machte, den Österreichern sich die Chance zu bieten schien, das in den vorausgegangenen Kriegen an Preußen verlorene Schlesien zurückzugewinnen. Tatsache ist auch, daß der Angriff auf Preußen für 1757 fest geplant war.

Am 29. August 1756 marschierten daher preußische Truppen in Sachsen ein. Damit wurde ein Drama auf europäischem Boden eröffnet, das neuerdings als erster globaler Konflikt der Neuzeit bezeichnet wird, und zwar deswegen, weil durch den bereits andauernden Krieg zwischen Frankreich, England, Spanien und eingeborenen Fürsten auf dem indischen Subkontinent (Mogulen) nahezu die gesamte im 18. Jahrhundert bekannte Welt mit einbezogen wurde.

Dennoch bleibt selbstverständlich die spezifisch europäische Bedeutung des Konflikts mit den weiteren historischen Folgen für die Kräfteverteilung zwischen Preußen, England, Frankreich, Österreich und Rußland bestehen. Daher ist es wichtig, sich die einzelnen Aspekte der damaligen militärischen Auseinandersetzung ins Gedächtnis zu rufen.

Der Einmarsch der preußischen Truppen in Sachsen endete mit der Kapitulation des sächsischen Heeres bei Pirna am 16. Oktober 1756. Damit war Sachsen ungeschützt dem Zugriff seines Feindes Preußen, aber auch – wie sich in der Zukunft erweisen sollte – den Übergriffen seiner Verbündeten schutzlos preisgegeben.

Friedrichs Bestreben war es, den Krieg möglichst rasch zu beenden. Am 6. Mai 1757 konnte er die Österreicher bei Prag schlagen und die Hauptstadt Böhmens einschließen.

Aber die Franzosen und Russen unterstützten die Österreicher und traten aktiv in den Krieg ein.

Am 18. Juni 1757 verlor das preußische Heer bei Kolin zum ersten Mal in den Kriegen um Schlesien gegen die Österreicher. Infolge dessen mußte Friedrich Böhmen räumen und die Hoffnung auf ein schnelles Ende des Krieges begraben.

Am 1. Mai 1757 war der französisch-österreichische Versailler Vertrag vom Vorjahr offiziell in einen Angriffspakt umgewandelt worden. Eine französische Armee von 105000 Mann, die durch österreichische Kräfte auf 115000 Mann verstärkt worden war, wurde gebildet. Ein Teil dieser Truppen überschritt den Rhein und besetzte die westlichen preußischen Provinzen.

Das andere französische Heer unter dem Marschall Charles de Rohan Prinz von Soubise sollte die Rückeroberung von Sachsen durchführen. Es handelte sich um 24000 Mann. Sie wurden von der Reichsarmee unterstützt. Die Reichsarmee bestand aus 20000 Soldaten derjenigen deutschen Kleinstaaten, die sich mit Österreich gegen Preußen verbündet hatten. Ihr Oberbefehlshaber war Joseph Friedrich Herzog von Sachsen-Hildburghausen. Beide Armeen vereinigten sich am 17. September 1757 bei Eisenach und befreiten Sachsen dadurch, daß sie sich plündernd und marodierend in Richtung Gotha und Erfurt bewegten. Friedrich wollte die vereinigten Armeen in einer Schlacht stellen, mußte aber einen Teil seiner Truppen nach Berlin abordnen, da die Hauptstadt am 16. Oktober 1757 von dem österreichischen Husaren-General Andreas Hadik von Futak besetzt worden war.

Ermutigt aufgrund des Abzugs starker preußischer Kräfte zum Entsatz von Berlin stießen die vereinigten Armeen der Franzosen und des Reiches in Richtung Leipzig vor. Sie verfügten über 41110 Soldaten mit 114 Kanonen und bezogen bei Mücheln ein Lager, nachdem sie gehört hatten, daß der König alle in Sachsen noch verfügbaren Kräfte zusammengezogen und die Saale bei Weißenfels von Südosten nach Nordwesten überschritten hatte. Das preußische Heer war 22000 Mann stark mit 79 Kanonen. Dem Angriff, den der preußische König vorbereitete, wollten der französische Marschall und der Oberkommandierende der Reichstruppen durch einen eigenen Angriff zuvorkommen.

In der Nacht vom 4. auf den 5. November 1757 befanden sich die Lager der feindlichen Armeen in einer Entfernung von fünf Kilometern nahezu parallel in nord-südlicher Richtung. Nur ein Höhenzug bei dem Dorfe Schortau trennte sie voneinander. Der König hatte sein Quartier im Herrenhaus von Roßbach genommen.

Am 5. November 1757 marschierten die vereinigten Franzosen und Reichstruppen aus ihrem Lager gegen 11.30 Uhr mittags in südlicher Richtung ab in der Absicht, das preußische Lager auf dessen linker Seite zu umgehen und in der Flanke anzugreifen. Ihren Marsch verschleierten sie dadurch, daß auf den Schortauer Höhen Kavallerie und Artillerie postiert waren, welche die Erkundung durch preußische Husaren verhinderten. Bei dem Dorfe Zeuchfeld, das etwa drei Kilometer vom Lager entfernt war, wendeten sich die Truppen nach Osten und bildeten jetzt fünf Kolonnen, die nach etwa dreieinhalb Kilometern bei dem Wirtshaus „Luftschiff“ südlich des Dorfes Pettstädt gegen 14 Uhr haltmachten.

Bis dahin war die preußische Armee ruhig in ihrem Lager geblieben. Der König hatte die feindliche Armee durch eine Dachöffnung des Herrenhauses in Roßbach schon gegen 8 Uhr morgens betrachtet. Er war nach den ersten Meldungen über die Bewegungen im feindlichen Lager der festen Meinung, daß der Feind in Richtung Freiburg an der Unstrut abmarschieren würde, und hatte sich zum Mittagessen im Herrenhaus von Roßbach gesetzt. Immerhin hatte er zwei Maßnahmen ergriffen. Zum einen beauftragte er den Capitaine des Guides, Hauptmann Friedrich Wilhelm Ernst von Gaudi, weiterhin zu beobachten. Zum anderen befahl er, daß sich zehn Bataillone des rechten Flügels sowie alle Husaren und Dragoner für einen Angriff auf die feindliche Nachhut bereithalten sollten.

Gaudi kam bald zu der Ansicht, daß der Feind zu einem Umfassungangriff ansetzte und sich nicht zurückziehen würde. In seinem „Journal des Siebenjährigen Krieges“ heißt es: „Allein daß diese Nachrichten nicht angenehm waren, weil man daraus abnehmen konnte, daß die feindliche Generals den Vorsatz gefaßt, uns mit ihrer überlegenen Macht von zwey Seiten anzugreiffen, so war der König so sehr von der Gewißheit des Rückzuges des Feindes nach Freyburg und von der Notwendigkeit, daß solcher geschehen müsse, eingenommen, daß er diesem Rapport durchaus nicht Glauben beymessen wollte … Der Obrist-Lieutenant Meyer, welcher durch einen Offizier in eben diesem Augenblick melden ließ, daß der Feind sich um unseren linken Flügel herumzöge, erhielt gleichfalls eine übele Antwort, und der König ließ sich dahin aus, daß, nachdem man sich bisher aller Orten vor ihm zurückgezogen und ihm sogar den Übergang über die Saale nicht streitig gemacht hätte, man gewiß nunmehr nicht wagen würde, ihn anzugreifen … Alle Anwesenden sahen indessen die Wahrheit und nahmen sich auch die Freyheit, sie zu sagen.“

Es war 14.30 Uhr. Der König, der sich dann doch überzeugen ließ, handelte entschlossen und schnell: Erstens wurden die Zelte des Lagers abgebrochen; zweitens wurden gegen die österreichischen Truppen auf den Schortauer Höhen wenige Truppen aufgestellt, die einen Angriff von dieser Seite verhindern sollten; drittens wurde die Kavallerie beordert, von einer Hügelkette gedeckt um den Ort Reichardtswerben herumzumarschieren, um dem Feind den Weg nach Merseburg zu verwehren; viertens marschierte die Infanterie in südöstlicher Richtung auf den Ort Reichardtswerben zu; und fünftens bezog die Artillerie Stellung auf dem Janushügel, der höchsten Erhebung der Gegend.

Der Aufbruch der preußischen Armee wurde von der gesamten Generalität der verbündeten Reichstruppen und Franzosen als Rückmarsch der Preußen in Richtung Merseburg gedeutet. Sie zogen daher fast die gesamte Kavallerie an der Infanterie vorbei, um dem vermeintlich abziehenden Feinde noch zu schaden. Außerdem setzten sie die Infanterie-Kolonnen wieder in Bewegung und gerieten so ins Fiasko.

Gegen 15.30 Uhr begann das Feuer der preußischen Artillerie auf die herantrabende Kavallerie. In diesem Augenblick erkannte auch der General-Major Friedrich Wilhelm von Seydlitz, der als jüngster General der Armee die Reiterei kommandierte, die Möglichkeit eines Angriffs auf die feindliche Kavallerie und gab den Befehl zum Angriff von Südosten her nördlich von Reichardtswerben auf die vorgerückte österreichische und französische Reiterei. Durch einen geschickten Einsatz seines zweiten Treffens konnte Seydlitz den Widerstand der Kavallerie des Gegners brechen. Die fliehenden französischen und deutschen Reiter hätten zwar der aufmarschierenden preußischen Infanterie in den Rücken fallen können, hatten dazu aber keine Gelegenheit oder Entschlossenheit, sondern verschwanden in südlicher Richtung an Reichardtswerben vorbei vom Schlachtfeld.

Die verbündeten Infanterie-Regimenter der Reichsarmee und der Franzosen waren den preußischen Infanterie-Regimentern, die jetzt zwischen den Orten Nahlendorf und Reichardtswerben hinter der Hügelkette, die sie bisher vor den Blicken verborgen hatte, in Schlachtordnung gegen sie antraten, zwar zahlenmäßig überlegen, konnten sich aber aus den Kolonnen heraus nicht zu einer Schlachtordnung entwickeln und wurden außerdem mental durch die fliehende eigene Reiterei in Verwirrung gebracht. Einzelne Regimenter leisteten zwar Widerstand, aber die Kampfmoral wurde gänzlich gebrochen, als Seydlitz, der die siegreiche Kavallerie geordnet und auf die Verfolgung der flüchtenden feindlichen Reiter verzichtet hatte, in einem zweiten Angriff – diesmal auf die feindliche Infanterie – von Süden her westlich des Ortes Reichardtswerben vordrang.

Die gesamte feindliche Armee floh in größter Konfusion nach Westen in Richtung Freiburg. Die Schlacht endete gegen 17.30 Uhr. Wegen der Dunkelheit konnte der Sieger nicht folgen; dennoch war die Niederlage der Verbündeten vollkommen. Sie verloren über 10000 Mann – darunter 7000 Gefangene –, 72 Kanonen, 21 Standarten und zahlreiche Fahnen. Die Verluste der Preußen betrugen 548 Mann.

Foto: Der Grund, aus dem die Schlacht nach Roßbach benannt wurde: Im dortigen Herrenhaus beobachtete Friedrich der Große durch eine Dachöffnung den Marsch der gegenerischen Verbündeten und erteilte den Befehl zum Aufmarsch seiner Truppen.


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