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10.11.07 / Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-07 vom 10. November 2007

Rettung von der Killerkuh / Wie rülpsende Rinder den Haushalt sanieren, warum leere Geschenke die schönsten sind, und warum vor »Entlastung« gewarnt sei
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel

Es ist nicht so wichtig, ob man verliert, viel entscheidender für das Selbstwertgefühl ist: gegen wen! Sigmar Gabriel mußte sich bei der Wahl zum SPD-Präsidium dem schleswig-holsteinischen Innenminister Ralf Stegner geschlagen geben. Daß Stegner und nicht Gabriel ins Präsidium gewählt wurden, dafür machen SPD-Politiker Gabriels mangelnde Prinzipientreue verantwortlich. Keiner wisse, wofür der Niedersachse eigentlich stehe.

Dagegen Stegner: Der trat 2006 hervor, als er eine erweiterte Festhaltebefugnis für die verdachtsunabhängige Identitätsfeststellung forderte. Datenschützern, die ihm einen Eingriff in die Grundrechte unbescholtener Bürger vorwarfen, hielt Stegner entgegen, in einer „verkehrten Welt“ zu leben. Ein Jahr später fuhr Stegner Bundesinnenminister Schäuble an, er schrecke „nicht einmal vor der Abschaffung der Unschuldsvermutung“ zurück.

Stegners Kollegen im SPD-Präsidium haben zwei Jahre Zeit, nach den Prinzipien des Kieler Ministers zu forschen, so lange sitzt er nun in dem Führungsgremium. Sicherlich sagen sie uns Bescheid, wenn sie welche gefunden haben.

Sigmar Gabriel hat jedenfalls allen Grund, beleidigt zu sein. Das ist ja nicht das erste Mal, daß ihm seine Partei eine Torte ins Gesicht schmeißt. Schon als er 2003 die niedersächsische Landtagswahl vergeigt hatte, verhöhnten ihn die Genossen aufs übelste: Sie machte den Gezausten zum offiziellen „Beauftragten für Pop-Musik“ der SPD. Mit dieser Narrenkappe mußte der Arme herumlaufen, bis ihn Franz Müntefering 2005 erlöste und ins Bundeskabinett holte.

Richtige Freunde hat er da auch nicht gefunden, weshalb er sich einen kaufen mußte. Für 10000 Euro im Jahr übernahm Minister Gabriel die Patenschaft für Eisbär Knut.

Die Kosten für die medienträchtige Onkelei trägt übrigens der Steuerzahler. Da so ein Bär gut auf 30 oder 40 Lebensjahre kommt, kann das richtig teuer werden. Zur Strafe dafür könnten wir ihn nach Ablauf der Ministerzeit zu Knut ins Gehege sperren. Da wird Gabriel die kurze, bittere Erfahrung machen, daß Freundschaft nicht käuflich ist, während die Staatskasse ein paar Bärenrationen spart. Bringt ja einiges auf die Waage, der Minister.

Das hat aber noch Zeit, und zwar mindestens neun Jahre. Gabriel ist erst 48, und für Bundestagsabgeordnete gilt die Rente ab 57. Ja, ja, nicht 67 – sondern 57! Und nach der neuen Diätenregelung soll es Altersbezüge auch nicht mehr erst nach acht Jahren Zugehörigkeit zum Parlament geben, sondern schon nach einem.

Das löst wie immer ein heilloses Gezeter aus über die schamlose Abkassiererei und so. Die Abgeordneten sind das endgültig leid und haben ein elegante Lösung gefunden: Ihre Gehälter orientieren sich künftig an denen der obersten Richter. Das klingt nämlich viel gerechter als die bisherige Regelung. Nach der mußten die Mandatare ihre Gehaltserhöhungen jeweils per Beschluß selbst festlegen, was jedesmal zu dem fürchterlichen Bohei im Volk geführt hat.

Dank dem neuen Verfahren kriegt das Volk von den Diätenanhebungen praktisch nichts mehr mit. Da die Parlamentarier aber über die Beamtenbesoldung ebenfalls entscheiden und somit auch das Einkommen der obersten Richter festlegen, beschließen sie weiterhin, nur eben über Bande, auch ihren eigenen Obolus. Und das Allerbeste: Klagen können dagegen nur Regierungen oder Abgeordnete, also die Begünstigten selbst. Grausen packt die deutschen Abgeordneten beim Blick über die Grenzen: In der Schweiz entscheidet das Volk über die Politikerbezüge! Welch populistische Barbarei.

Aber das kann man ja auch nicht vergleichen. In der Schweiz nimmt das Volk den Politikern schließlich eine ganze Menge Entscheidungen per Volksabstimmung ab und lindert damit die Last ihrer Verantwortung. Bei uns müssen die Regierenden alles allein beschließen, während das Volk nur alle vier Jahre mal wählt. Um die Wähler gnädig zu stimmen, setzen die Parteien Wahlkampfkommissionen ein, die uns wunderbare Dinge wie das Blaue vom Himmel versprechen. Die beiden großen Parteien haben sogar eine gemeinsame Wahlkampfkommission gebildet, das „Bundeskabinett“.

Dort sitzen sie zusammen und beraten, was sie uns alles zusagen wollen. Dabei wird darauf geachtet, daß auch alles gerecht unter den Parteien verteilt wird. Ein jeder darf seine Lieben bedenken und sollte dem anderen nicht ins Gehege kommen

So verspricht die Union – als Geschenk an alle, die sich vor noch mehr Steuern oder Staatsverschuldung fürchten –, daß die Verlängerung des Arbeitslosengeldes I (ALG I) „kostenneutral“ geleistet werde. Die SPD darf die Pendler damit trösten, daß die Kilometerpauschale bald wieder ab dem ersten Kilometer gezahlt wird.

Beide machen dabei einen erstaunlich entspannten Eindruck, als rechneten sie gar nicht damit, ihre Versprechen auch einlösen zu müssen. Die Ruhe hat ihren Grund: Die Kosten für das längere ALG I bei Älteren etwa soll durch ein kürzeres ALG I für Jüngere wieder reingeholt werden. Klingt doch schlüssig! Der Haken ist bloß: Jüngere sind meist nur wenige Monate arbeitslos und nehmen die volle Zeit fürs ALG I viel seltener in Anspruch als ältere Arbeitslose. Ergo wird es hier auch so gut wie gar keine Einsparung geben. So versinkt die „Kostenneutralität“ in den Unbilden der Realität, ohne daß man das der Union vorhalten könnte.

Und die Kilometerpauschale der SPD? Da müsse erst mal ein Karlsruher Urteil abgewartet werden, weshalb man sich zwar „weiterhin mit aller Kraft einsetzen“ werde, aber leider gar nichts machen könne.

Was heißt hier, die Parteien handelten „verlogen“? Haben wir als Kinder nicht sowieso viel lieber mit der Geschenkverpackung gespielt als mit dem teuren Inhalt? Daran haben sich die Koalitionäre erinnert und legen uns die bunten Wahlgeschenkkartons gleich leer auf den Gabentisch.

Schwierig wird es, wenn die leeren Kisten den Leuten nicht mehr reichen und sie dreist nach Inhalten schreien. Kanzlerin Merkel sieht das Unheil schon kommen und hat daher vorgeschlagen, die Koalition nicht bloß für Wahlkampfvorbereitungen zu nutzen, sondern vielleicht hier und da doch noch ein bißchen Politik zu machen bis 2009.

Die düsteren Ahnungen der Regierungschefin haben einen handfesten Hintergrund: Die Weltwirtschaft kommt ins Taumeln, und da die heimische Konjunktur am Export hängt und kaum am immer noch schwächelnden Binnenkonsum, werden Stimmen laut, die eine „Entlastung der Bürger“ fordern, damit die wieder mehr kaufen können. Die Bundesbürger benötigen schließlich Geld, wenn sie jene deutschen Produkte kaufen sollen, die sich beispielsweise die dollargeschwächten Amis nicht mehr leisten können.

„Entlastung der Bürger“ – da nickt jeder routinierte Politiker sofort eifrig mit dem Kopf, in welchem er sich im selben Moment überlegt, wie er den Bürgern das Doppelte der „Entlastung“ an anderer Stelle wieder aus der Tasche ziehen kann. Wie wär’s mit Mehrwertsteuer-Erhöhung? Ach nee, könnte schlecht ankommen.

Macht nichts, wir haben ja noch unsere Wunderwaffe, die immer trifft: den Klimaschutz. Hilfreich tritt die Umweltschutz-Organisation WWF auf den Plan und fordert eine „Emissionssteuer“ auf rülpsende Rinder. Die gasen nämlich Methan aus, wenn’s ihnen hochkommt beim Wiederkäuen. Beim Ausbringen von Kunstdünger werde zudem Lachgas freigesetzt. Also kann Berlin auch bei den Getreidepreisen hinlangen.

Der WWF hat umgehend die Horrorzahlen besorgt, die das Kabinett benötigt, um das klimasündige Volk zahlungswillig zu prügeln: Eine einzige Milchkuh sei so schädlich wie ein Auto, das 18000 Kilometer pro Jahr gefahren werde. Entsetzlich! Wir sind es unseren Kindern schuldig, hier energisch gegenzusteuern. Mit Steuern, versteht sich.


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