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17.11.07 / Geschichte vergällt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-07 vom 17. November 2007

Geschichte vergällt
von Harald Fourier

Die Jugendlichen in Berlin wissen fast nichts über die DDR, halten Helmut Kohl für einen Ossi und die Mauer für ein Bauwerk der Alliierten, so eine Untersuchung der Berliner Freien Universität, die bundesweit für Aufsehen sorgte. Medien fragen sich, was wohl falsch gelaufen sei bei der Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit.

Die Ursachen dieser himmelschreienden Unkenntnis bei den Jungen selbst zu suchen, scheint völlig verfehlt. Ihnen wurde ein Bild von Deutschlands Geschichte insgesamt vermittelt, das nur noch zum Abwenden einladen kann. Warum sollten sie sich da ausgerechnet dem Mauerfall zuwenden? Zudem verkauften 68er-Lehrer im Westen den DDR-Sozialismus gar als eine „andere“, wenn nicht gar „bessere Demokratie“ und verstanden am 9. November die Welt nicht mehr. Gleichzeitig haben viele Lehrer in den neuen Ländern, die noch Margot Honecker als oberste Dienstherrin erlebt hatten, den Schülern lieber nichts aus der jüngeren Vergangenheit erzählt. Wer gestern noch regimetreu war, kann heute schlecht den   Aufklärer spielen.

Und so ist es gekommen, wie es kommen mußte. Ein Zeitzeugnis lieferte letzte Woche der „Spiegel“ mit seiner 15seitigen Titelgeschichte „Geboren am 9. November“. Die Kinder, die letzte Woche volljährig wurden, interessieren sich für alle möglichen Dinge, aber kaum für die Revolution von 1989, die wir heute als „Wende“ (O-Ton Egon Krenz) bagatellisieren.

Eigentlich hat dieses Ereignis einen besseren Namen verdient. „Deutscher Herbst“ wäre die vielleicht zutreffende Bezeichnung – und es ist wohl kein Zufall, daß diese Wortkombination für ein schreckliches Ereignis wie den RAF-Terror von 1977 herhalten mußte. Die Begriffspräger der Republik können offenbar nur noch negativ.

So ist es schon vorgekommen, daß die jetzt 18jährigen aus der „Spiegel“-Geschichte ihre MP3-Spieler einschalten, wenn jemand auf der jährlichen Feierstunde zum Geburtstag der „Mauerfall-Kinder“ (gesponsert von VW) über das „Glück der Wiedervereinigung“ spricht. „Wie sollen sie dieses Glück empfinden? Sie haben die Mauer nie gesehen, da ist es schwer sich zu freuen, daß sie weg ist“, lauten die zwei aussagekräftigsten Sätze des ganzen Artikels. Es fehlt nur der Satz: „Denn niemand hat ihnen gesagt, warum die Vereinigung ein historisches Glück unerhörten Ausmaßes war.“

Dies hatten die Jungen von ihren Lehrern, ihren Eltern und den Medien eben kaum je gehört. Woher also sollten sie, denen deutsche Geschichte als hoffnungslose Mischung aus Verbrechen und Langeweile präsentiert wurde, Interesse entwickeln für den grandiosen Epochenwechsel vor 18 Jahren – und seine wechselvolle Vorgeschichte.


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