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17.11.07 / Ehre den Toten / Volkstrauertag und Totensonntag: Mehr als nur zwei Tage im November

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-07 vom 17. November 2007

Ehre den Toten
Volkstrauertag und Totensonntag: Mehr als nur zwei Tage im November
von Mariano Albrecht

Vielen Deutschen, besonders den jüngeren, fällt die Besonderheit dieser Gedenktage erst auf, wenn sie im Fernsehen Gottesdienste und Gedenkfeiern wahrnehmen. Auch am kommenden Sonntag, dem Volkstrauertag, wundert sich so mancher Besucher von Bars oder Caffes, wenn auf Musik und Tanz verzichtet wird. Der Volkstrauertag am 18. November sowie der Totensonntag am 25. November sind dem Gedenken an die Verstorbenen gewidmet. Der Gesetzgeber hat für diese Tage unter anderem Märkte, gewerbliche Ausstellungen, sportliche Veranstaltungen, Zirkusvorstellungen, Volksfeste, den Betrieb von Spielhallen und Unterhaltungsveranstaltungen  zeitweise untersagt. Das Veranstaltungsverbot erstreckt sich am Totensonntag auf die Zeit von 5 Uhr bis 18 Uhr. Am Volkstrauertag bis 13 Uhr. Deutschland gedenkt auch 60 Jahre nach dem Ende des letzten Krieges der Gefallenen zweier Weltkriege. Daran konnten auch immer wiederkehrende Versuche linker Kreise, den Feiertag zu dämonisieren, nichts ändern, und das ist gut so.

Am Volkstrauertag wird in Deutschland aller Kriegstoten und Opfer von Gewaltherrschaft der beiden Weltkriege gedacht. Engländer begehen am 11. November den Remembrance Day. Auch der englische Feiertag begründet sich auf das Ende des Ersten Weltkrieges und das Opfergedenken. Für viele Jüngere kaum nachvollziehbar. Ist das Gedenken an die Opfer aus der Großelterngeneration zeitgemäß?

In den Niederlanden hat man einen Schritt gewagt, mit dem sich Deutschland noch schwertut. Am 4. Mai wird der Toten des Zweiten Weltkrieges sowie späterer Militäroperationen gedacht, ein Schritt in die richtige Richtung. Auch Deutschland hat 2007 wieder Kriegstote zu beklagen. Seit 1955 kamen 2600 Soldaten und Zivilisten der Bundeswehr bei ihrer Pflichterfüllung ums Leben. Und deutsche Soldaten sterben in Afghanistan für einen Krieg, der kein deutscher ist.

Nach langen Diskussionen sollte am diesjährigen Volkstrauertag der Grundstein für einen würdigen Ort des Gedenkens an die „neuen deutschen Opfer“ im Bendler-Block in Berlin gelegt werden. Doch während man sich darüber streitet, ob „nur“ der seit 1990 im Auslandseinsatz getöteten 69 Bundeswehr-Soldaten oder auch all jener gedacht werden soll, die seit dem Bestehen der Truppe bei Abstürzen, Unfällen und auch Selbstmorden umkamen, liegt für die Gedenkstätte noch nicht einmal die Baugenehmigung vor.

Die Einbeziehung der Bundeswehropfer wäre ein zeitgemäßer Schritt, das Gedenken an Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft auch für die jüngere Generation in die Gegenwart zu holen. Ist Trauern eine Frage des Alters?

Der Totensonntag ist zwar wie der Volkstrauertag dem Totengedenken gewidmet, jedoch als religiöser Gedenktag für die verstorbenen Angehörigen. Der letzte Sonntag vor dem ersten Advent wird auch als Ewigkeitssonntag bezeichnet. Dieser Name scheint mit dem Blick auf die Ewigkeit des Seins über das irdische Leben hinaus passender zu sein. So heißt es in der Offenbarung: „Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde. Denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, und das Meer ist nicht mehr.“ Nach christlichem Selbstverständnis ist der Tod nicht das Ende allen Lebens, sondern mit Blick auf den Auferstehungsgedanken auch ein neuer Anfang für das ewige Leben.

Doch hat unsere schnellebige und auf Jugend ausgerichtete Gesellschaft ein generelles Problem mit Alter, Krankheit und Tod. Diese Tabuisierung gilt es zu durchbrechen. Viele Jüngere verdrängen den Trauergedanken. In einer schnellebigen Zeit, in der Jugendwahn und Zeitgeist den Gedanken an Krankheit und Tod zum Tabu machen, bleibt wenig Muße, sich dem würdigen Gedenken an die Verstorbenen zu widmen. Daß sich wieder mehr jüngere Menschen zum christlichen Glauben bekennen, läßt hoffen. Vielen bietet die christliche Sichtweise Mut und Orientierung sich im Leben zurechtzufinden, zu akzeptieren, daß irdisches vergänglich ist, die Spaßgesellschaft nur ein Teil unseres Lebens. Diejenigen, die Krieg, Flucht, Vertreibung und schwere Krankheiten erlebt haben, erinnern sich schmerzvoll der Angehörigen und Freunde, die vor ihnen gehen mußten. Ein Leben für die Vergangenheit?

Wer heute sorgenfrei durch das Leben geht, stellt sich im besten Alter die Frage: Wieviel Zeit bleibt mir noch? Mit dem Blick auf Erreichtes und zu Erwartendes sollte auch der Gedanke an den Tod nicht aus dem Leben verdrängt werden. Ein Blick in die Nachbarschaft, in die Zeitung macht deutlich: Der Tod ist gegenwärtig. Ein Amoklauf in der Schule, der tödliche Autounfall nach der Disko zeigen: Es trifft auch junges Leben. Um unsere Trauer zu bewältigen, brauchen wir Orte und Rituale. Wer am Totensonntag in stillem Gedenken an die Gräber seiner Angehörigen geht, lebt nicht in der Vergangenheit. Der letzte Sonntag vor dem ersten Advent ist also ein Tag, an dem wir die Gedanken auch in die Zukunft wenden sollten.

Foto: Gang auf den Friedhof: Menschen brauchen Orte für ihre Trauer.

 

Zeitzeugen

Friedrich Wilhelm III. – Der 1770 geborene König von Preußen (1797–1840) machte den letzten Sonntag vor dem ersten Advent 1816 zum Gedenktag für die gefallenen Deutschen der Napoleonischen Kriege. Als „Totensonntag“ wird der Tag noch heute begangen.

Königin Luise – Die 34jährig 1810 verstorbene Gemahlin Friedrich Wilhelms III. erlangte schon zu Lebzeiten eine nahezu mythische Verehrung – auch und besonders unter Preußens Soldaten: Zum Schrecken der hohen Offiziere, doch zur Begeisterung der einfachen Soldaten verfolgte die Monarchin die Schlacht von Jena und Auerstedt im Hauptquartier der preußischen Truppen, statt in sicherer Entfernung zu bleiben. Auch ihrem Gedenken soll der Totensonntag ursprünglich gegolten haben.

Theodor Heuss – Als erster Bundespräsident (1949–1959) erklärte Heuss den Volkstrauertag 1952 zum offiziellen Gedenktag. Heuss war schon im Kaiserreich aktiv in der liberalen „Fortschrittlichen Volkspartei“, in der Weimarer Zeit bei der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) und nach den Kriegen in der FDP. Der 1884 geborene Heuss trug durch seine besonnene Art viel zur politischen Stabilisierung in Westdeutschland nach den vorangegangen Umwälzungen bei. Er starb 1963.

Ernst Jünger – Der Schriftsteller, Philosoph und Zoologe Jünger (1895–1998) schrieb in den 20er Jahren seine Fronterlebnisse des Ersten Weltkriegs in mehreren Büchern nieder. Am bekanntesten blieb das erste Werk „In Stahlgewittern“ von 1920. Er beschreibt den Krieg als elementare Erfahrung, nimmt aber im Unterschied zu anderen Kriegsliteraten keine pazifistische Haltung ein.

Ludwig Uhland – Der Dichter und Politiker Uhland (1787–1862) dichtete das Lied „Der gute Kamerad“. Es ist das einzige Lied außer Natinonalhymnen, dem Soldaten den militärischen Gruß zu erweisen haben. Uhland galt im 19. Jahrhundert als einer der bedeutendsten deutschen Dichter, weshalb noch heute zahllose Straßen nach ihm benannt sind. 1848/49 war er liberaler, großdeutsch gesinnter Abgeordneter im Frankfurter Paulskirchen-Parlament.


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