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17.11.07 / Preußen setzte auf verbindende Trauer / König Friedrich Wilhelm III. gab den Protestanten einen eigenen Tag »zur Erinnerung an die Verstorbenen«

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-07 vom 17. November 2007

Preußen setzte auf verbindende Trauer
König Friedrich Wilhelm III. gab den Protestanten einen eigenen Tag »zur Erinnerung an die Verstorbenen«
von Hans Heckel

Deutschland und Europa standen noch ganz unter dem Eindruck des verheerenden Gemetzels, das als „Napoleonische Kriege“ in die Geschichte einging. Am 17. November 1816 bestimmte Preußens König Friedrich Wilhelm III. für die evangelische Kirche in seinem Staat den Sonntag vor dem ersten Advent zum „allgemeinen Kirchenfest zur Erinnerung an die Verstorbenen“. Der „Totensonntag“ wurde von den übrigen Landeskirchen bald übernommen.

Bis dahin fehlte den Protestanten ein Totengedenktag wie „Allerseelen“, der 2. November, an dem die Katholiken ihrer Verstorbenen gedenken.

Motiviert wurde Friedrich Wilhelm gewiß von der furchtbaren Erfahrung der zurückliegenden Kriege, die mit den Befreiungskriegen ihr Ende fanden. Die Befreiungskriege entfachten bei den Deutschen ein nationales Zusammengehörigkeitsgefühl. Jene gefallenen Kämpfer feierlich zu würdigen, die für diesen gemeinsamen Aufbruch ihr Leben gegeben hatten, traf das patriotische Empfinden.

Historiker vermuten zudem, daß der König mit dem Tag auch die Trauer um seine 1810 im Alter von nur 34 Jahren verstorbene Frau Luise verewigen wollte. Die Königin ist im Gedächtnis ihrer Zeit untrennbar mit dem Überlebenskampf Preußens und Deutschlands verbunden.

Einen „Volkstrauertag“ schlug der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge 1919 als Gedenktag für die gefallenen deutschen Soldaten des Ersten Weltkriegs vor, aber erst 1922 fand die erste Gedenkfeier im Reichstag statt. Seit 1926 wurde er regelmäßig am fünften Sonntag vor Ostern begangen („Reminiscere“).

Die Nationalsozialisten widmeten den Trauertag zum „Heldengedenktag“ um.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde an die Weimarer Tradition wieder angeknüpft und der Feiertag erhielt seinen alten Namen zurück. 1950 hielt der Bundestag seine erste Gedenkstunde zum Volkstrauertag ab. Auch um sich vom Heldengedenktag der Nationalsozialisten abzugrenzen, wurde 1952 beschlossen, das Datum in den November zu verlegen, an das Ende des Kirchenjahres. Seitdem gilt der Trauertag dem Gedenken aller Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, gleich welcher Nation und welches Krieges – und selbstverständlich auch der Vertreibung.

Traditionell wird zur Feier des Volkstrauertages das Lied „Der gute Kamerad“ gespielt und gesungen. Oft besser geläufig unter dem Titel „Ich hatt’ einen Kameraden“ dichtete Ludwig Uhland die drei Strophen 1809 in Tübingen. Uhland schrieb es tief getroffen über den Einsatz badischer Soldaten, die unter französischem Befehl gegen die um ihre Freiheit ringenden Tiroler kämpfen mußten. Uhland hatte Konntakte zu beiden Seiten und litt so mit seinen kämpfenden Freunden unter dem erzwungenen Bruderkrieg Deutscher gegen Deutsche. Der Text faßt die Tragödie des Soldaten schlechthin in schlichte, eindringliche Worte. 1825 gab Friedrich Silcher dem Lied seine noch heute gültige Melodie.

Auf dem Volkstrauertag gespielt, doch schon in der Zeit gedichtet, aus der der Totensonntag entstanden war, verbindet das Lied heute die historischen Wurzeln der beiden Gedenktage miteinander.


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