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17.11.07 / Ost-Deutsch (41): Bier

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-07 vom 17. November 2007

Ost-Deutsch (41):
Bier
von Wolf Oschlies

Über 100 tschechische Wörter wollte ich meinen Studenten vor der Prag-Exkursion 2006 beibringen. Gelernt haben sie eins, das aber gründlich: pivo (Bier). Pivo gibt es bei allen Slawen und in seinem „Russischen Etymologischen Wörterbuch“ deutete Max Vasmer an, es habe mit deutschem „Bier“ eine gemeinsame Wurzel im gotischen „bius“. Aber bewiesen ist gar nichts. Prost!

Leider bin ich mit Studenten nie in Bulgarien gewesen, denn dort wär’s richtig spannend geworden. Bulgaren reden als einzige Slawen von „bira“, wenn sie das Getränk generell meinen – das sie dann in diverse „piva“ (Plural) aufteilen: Pirinsko pivo, Schopsko pivo, Plevensko pivo und so weiter durch alle Regionen und Städte Bulgariens, die Studenten mit der bulgarischen „chalba“ (Halbe) in der Faust tiefstens erkundet hätten. So kann ich nur auf die „Birenata partija na Balgarija“ (Bierpartei Bulgariens) verweisen, die unter dem Slogan „Tschres svetlo pivo kam svetlo badeschte“ (Mit hellem Bier zur hellen Zukunft) seit Jahren fröhlichen Bierklamauk im Weinland Bulgarien treibt.

Auch in reinen Pivo-Ländern auf dem Balkan ist deutsches Bier sprachlich vorhanden, nämlich in der „birtija“, der vom Bier- oder Wirtshaus abgeleiteten urigen Kneipe, in die man gern und häufig geht. Ein mazedonischer Autor hat unlängst alle staatlichen, kirchlichen und sonstigen Feiertage des Landes zusammengezählt und seine Rechnung mit der Frage beendet: „Drshawa e ova ili brtija“ (Ist das ein Staat oder eine Kneipe)?

Wenn die Sprachhistoriker recht haben, dann wurde das Wort vor Zeiten von Zagreber „purgerski birtasi“ (bürgerlichen Bierfreunden) bei Kroaten, Serben, Bosniern und Mazedoniern eingeschleppt. Kleine Wortwandlungen sind seither unverkennbar: Ein „birtas“ ist der Wirt eines Bierhauses – ein „birtijas“ hingegen dessen schluckstarker Nutzer. Birtasi und birtijasi finden sich natürlich überall, aber in Kroatien hat der geistvolle

Srecko Jurdana vom Zagreber Wochenblatt „Nacional“ ganze „halblegale Zonen“ ausgemacht, in denen Birtasa-Undurchdringlichkeit herrscht, angefüllt mit „Kriegskult, patriotischer Kitscheraj und Ustascha-Symbolik“. Dort endet die  Birtija-Gemütlichkeit, wie auch „Kroatiens europäischer Eifer“.


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