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17.11.07 / Was machte Cranach erfolgreich? / Das Frankfurter Städel Museum zeigt eine Ausstellung mit 100 Meisterwerken

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-07 vom 17. November 2007

Was machte Cranach erfolgreich?
Das Frankfurter Städel Museum zeigt eine Ausstellung mit 100 Meisterwerken
von Silke Osman

Ich habe in Wien herrliche Bilder gesehen“, schreibt die knapp 20jährige Paula Modersohn-Becker 1897 an ihre Eltern. „Die alten Deutschen nahmen mich sehr gefangen“, schwärmt sie. „Der Dürer hat bei aller Kraft und Männlichkeit so viel Rührendes, Zartes. Dann der Lukas Cranach mit seinen kleinen, halb kindlichen, halb koketten Evas und dem lieben Herrgott, der den Paradieseskindern ernst mit den Fingern droht ...“ (nachzulesen in dem Buch der Insel-Bücherei Nr. 1299 „Kunst ist doch das Allerschönste“ – Briefe einer jungen Künstlerin, 116 Seiten, geb., 12,80 Euro). Die Malerin, deren 100. Todestages man in diesem Jahr allerorten gedenkt, ist dem Werk zweier bedeutender Künstler der Renaissance begegnet, so bedeutend, daß ihnen auch heute, mehr als 500 Jahre später, noch große Ausstellungen gewidmet werden. In Madrid zeigt das Museo Thyssen-Bornemisza derzeit die Schau „Dürer und Cranach – Kunst und Humanismus in der deutschen Renaissance“, und im Frankfurter Städel werden über 100 Meisterwerke von Lucas Cranach (1472–1553) dem Älteren präsentiert, der noch populärer und wirtschaftlich erfolgreicher war als sein Zeitgenosse Dürer (1471–1528). In Frankfurt geht man vor allem der Frage nach, was Cranach so erfolgreich machte.

Pablo Picasso, der Meister der Moderne, sagte einmal in einem Interview, daß er Lucas Cranach d. Ä. für den größten deutschen Künstler halte. Nur ein Jahr jünger als Albrecht Dürer war Cranach, der andere große Künstler der Renaissance, der Maler, Graphiker und Unternehmer, geboren 1472 als Sohn eines Malers im fränkischen Kronach. Erste Erfolge feierte er in Wien. Doch bis heute weiß man nicht genau, wo und von wem er ausgebildet wurde.

Eine kleine Brauerei in seiner Vaterstadt hat es sich nicht nehmen lassen, ein Bier nach dem großen Meister zu benennen. Viele Ausstellungen widmeten sich in der Vergangenheit diesem Künstler, Museen von Rang rühmen sich, seine Werke zu besitzen. Schon früh erkannte man „seinen ungebändigten Ausdruckswillen, in dem Form und Farbe einander zu großartiger Wirkung steigern“, wie Kunsthistoriker betonen.

Es war eine spannungsreiche Zeit, in der Cranach lebte. Kaiser und Kirche stritten um die Macht, Martin Luther legte sich mit der Kirche an. Cranachs größter Auftraggeber war der katholische Kardinal, Erzbischof von Mainz und Magdeburg, Kurfürst und Reichserzkanzler Albrecht von Brandenburg, der mächtigste Kirchenfürst des Abendlandes. Er ließ Cranach die neue Stiftskirche in Halle ausgestalten, der dort den größten Gemäldezyklus der deutschen Kunstgeschichte fertigte.

1541 mußte Albrecht vor der Reformation aus Halle fliehen. Dabei nahm er viele der Kunstwerke aus der Stiftskirche zu Halle mit ins „Exil“ nach Aschaffenburg, wo sie sich heute noch befinden.

Einerseits war es die hohe Qualität seiner Arbeit, andererseits aber auch die Geschäftstüchtigkeit Cranachs, die noch heute imponiert. Es gelang ihm nämlich, die unterschiedlichsten Auftraggeber „an Land zu ziehen“, wie man heute sagen würde.

Einmal das altgläubige, katholische Publikum, andererseits die Protestanten, zu deren Chefpropagandisten er sich entwickelte. „Seine frühen Landschaftsdarstellungen waren wegweisend, religiösen Themen hauchte er völlig neues Leben ein, für den reformierten Glauben schuf er gänzlich neue Bildtypen“, so die Kuratoren der Frankfurter Ausstellung. „Seine Porträts von Martin Luther, Friedrich dem Weisen oder Philipp Melanchthon prägen bis heute unsere Vorstellung von diesen Persönlichkeiten. Eine weitere Spezialität waren perfekt gemalte erotische Darstellungen. In diesen schuf er ein zeitloses Ideal weiblicher Schönheit, das noch im 20. Jahrhundert Künstler wie Pablo Picasso und Alberto Giacometti angeregt hat ... Unbestritten ist Cranachs Bedeutung als Maler der Reformation – seine Porträts von Martin Luther und seiner Frau Katharina von Bora wurden in der Cranach-Werkstatt in Serie produziert und im Rahmen einer regelrechten Imagekampagne für den Reformator eingesetzt.

Daneben war Cranach maßgeblich an der Entwicklung genuin protestantischer Bildthemen beteiligt, die Luthers Lehre propagierten und trotz Bilderstürmerei überdauern konnten. Gleichzeitig blieb er aber einer altgläubigen Auftraggeberschaft treu. In seiner Werkstatt entstanden bis zu seinem Lebensende zahlreiche Madonnenbilder, von denen einige bis heute als Gnadenbilder besonders verehrt werden.“

Cranach war vor allem aber auch ein erfolgreicher Unternehmer und besaß zum Beispiel eine Apotheke mit Weinausschank. 1537 wurde er Bürgermeister der Stadt Wittenberg. Von 1505 bis zu seinem Lebensende war er Hofmaler bei Friedrich dem Weisen und bei dessen Nachfolgern am kurfürstlichen Hof. Darüber hinaus betrieb Cranach eine Malerwerkstatt mit mehreren Lehrlingen und Gesellen.

Einer dieser Schüler, Heinrich Königswieser, wurde später Hofmaler Herzog Albrechts in Königsberg. Auch betrieb Cranach eine Buchdruckerei und einen Verlag. 1526 bestellte Herzog Albrecht bei ihm „neue gute, leswürdige Bücher“ für seine Bibliothek und 200 Postillen zur Verteilung an die Pfarrer der noch jungen Landeskirche – eine Wagenladung von immerhin zwölf Zentnern Gewicht. Auch orderte Albrecht Bilder aus der Cranach-Werkstatt für Königsberg, darunter das Motiv „Herkules kämpft mit Antaeus“, das Cranach mehrfach ausführte.

Gemeinsam mit Dürer hat Cranach die Bildwelt der Deutschen am nachhaltigsten geprägt. Das im Prestel-Verlag, München 2007, erschienene Buch von Mirela Proske über Lucas Cranach macht deutlich, wie sehr der Maler mit seinem Werk die Kunst beeinflußt hat (96 Seiten, 65 Farbabb., brosch., 14,95 Euro). Die zahlreichen farbigen Abbildungen vermitteln all denen einen lebhaften Eindruck von seiner ausgezeichneten Kunst, welche die Frankfurter Ausstellung nicht besuchen können.

Die Ausstellung im Frankfurter Städel Museum, Schaumainkai 63, 60596 Frankfurt / Main, ist dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr sowie mittwochs und donnerstags bis 21 Uhr zu sehen, Eintritt 10 / 8 Euro, Kinder bis zu 12 Jahren frei, 23. November bis 17. Februar. Anschließend in der Royal Academy of Arts in London, 8. März bis 8. Juni 2008.


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