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24.11.07 / Das Kartellamt kapituliert / Die großen Mineralölkonzerne sind aufgrund ihrer globalen Geschäfte kaum zu kontrollieren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-07 vom 24. November 2007

Das Kartellamt kapituliert
Die großen Mineralölkonzerne sind aufgrund ihrer globalen Geschäfte kaum zu kontrollieren
von Mariano Albrecht

Mit fast 100 US-Dollar pro Barrel (159 Liter) durchbrechen die Rohölpreise alle bisherigen Rekordmarken. Der Kunde merkt das schmerzlich an der Zapfsäule. Begründungen für den Preisanstieg von Diesel bis Super-Benzin hat die Branche reflexartig parat: schlechtes Wetter in Mexiko, Kriegsgefahr im Iran, ein Anschlag auf eine Pipeline im Jemen und vor allem die angeblich schwindenden Erdölreservern sollen Schuld am Preisanstieg sein.

Auch die üblichen Verdächtigen wie Indien und China müssen für den hohen Spritpreis herhalten, die große Nachfrage der Boom-Nationen treibe den Preis, behaupten die Händler. Das hört der Verbraucher auch, wenn es um Getreide und Milch geht. Experten wie der Herausgeber des „Erdöl Energie Informationsdienstes“ (EID), Heino Elfert, rechnen jedoch damit, daß die Preise im kommenden Jahr sinken. Eine Beruhigungspille für den Verbraucher?

Fakt ist, daß zur Zeit ein erhöhtes Engagement von Hedgefonds am Markt zu beobachten ist. Die Manager müssen täglich Milliarden anlegen, es wird spekuliert. Ist günstiges Öl zu haben, werden die Großtanks vollgepumpt und können bei steigenden Preisen gewinnbringend weitergehandelt werden.

An der Rohstoffbörse Nymex in New York boomt der Handel mit Terminkontrakten, Optionen auf den Kauf und Verkauf von Rohöl zu einem bestimmten Preis. So lassen sich auch die Verarbeitungsmengen von Raffinerien beeinflussen, die in der Hand der großen Ölkonzerne wie Dea, Shell, oder BP sind und in Deutschland zu 60 Prozent den Markt beherrschen. Die Raffinerien bilden das Nadelöhr.

Das Bundeskartellamt hat bereits im Jahr 2000 den führenden Mineralölunternehmen nachgewiesen, daß Abgabepreise an kleinere Konkurrenten über den eigenen Endverkaufspreisen an den Tankstellen angesiedelt waren. Doch das war nur ein Erfolg auf dem Papier, denn das damalige Oligopol aus Shell, BP, Dea, Aral und Elf Oil beherrscht die Raffinerien. Durch geschickte weltweite Verteilung der produzierten Produkte wie Dieselkraftstoff, Heizöl, Normal- oder Superbenzin sowie Flugzeugtreibstoffen auf die Raffinerien lassen sich Verarbeitungskapazitäten steuern.

Für ein Produkt kann so ein hoher oder niedrigerer Preis beeinflußt werden. Wird zum Beispiel in China Normalbenzin nachgefragt, sinken die Lieferungen an den deutschen Markt, der Preis steigt. Weitere Fusionen im Jahr 2001 festigten die Marktmacht der Großen. Das Kartellamt mußte unter dem Druck der Europäischen Kommission der Fusion von Dea und Shell

zustimmen, die Auflagen erstreckten sich wiederum auf die Konzentrationsverteilung im Raffineriegeschäft, auch mußten Straßentankstellen an dritte Unternehmen veräußert werden. Doch das störte die Betroffenen nicht. So heißt es in dem Beschluß: „Soweit es sich bei den Erwerbern der Tankstellen um Mittelständische Unternehmen handelt, hat Shell / Dea diesen Erwerbern die Belieferung der erworbenen Tankstellen mit Kraftstoff anzubieten. Das Angebot kann nur gleichzeitig mit dem Tankstellenerwerb angenommen werden.“ Shell / Dea können also weiter ihre Produkte anbieten, nur jetzt über schwache Fremdanbieter.

Das Oligopol der Konzerne zu entflechten scheint unmöglich. Eine Sprecherin des Kartellamtes gibt sich resigniert und erklärt die Preisschraube an der Tankstelle. „Bei Kraftstoffen handelt es sich um ein homogenes Produkt. Es gibt keine Ausweichmöglichkeiten, verbotene Preisabsprachen zwischen den Anbietern sind gar nicht nötig. Erhöht ein Händler den Preis, kann der nächste Händler das auch tun. Er hat die gleichen Kapazitäten an Menge, an Zapfsäulen, er verkauft nicht mehr Kraftstoff, wenn der Preis günstiger ist.“


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