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01.12.07 / Königstreue haben Vorfahrt / Trotz Niederlage der Islamisten bei den Wahlen in Jordanien kein Grund zum Jubel

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-07 vom 01. Dezember 2007

Königstreue haben Vorfahrt
Trotz Niederlage der Islamisten bei den Wahlen in Jordanien kein Grund zum Jubel
von R. G. Kerschhofer

Verglichen mit den Geschehnissen in der Umgebung waren die jordanischen Parlamentswahlen vom 20. November eher ein „Nicht-Ereignis“. Es ist aber keineswegs belanglos, was in dem kleinen Reich des kleinen Königs Abdallah II. geschieht – und was dort im Zuge größerer Konflikte geschehen könnte. Schließlich war Jordanien an allen Nahostkriegen beteiligt oder wurde von Flüchtlingen überschwemmt, zuletzt von 750000 Irakern.

Die 2,5 Millionen Wahlberechtigten waren aufgerufen, die 110 Mitglieder des jordanischen Parlaments zu wählen. Laut Verfassung sind neun Mandate für Christen reserviert, sechs für Frauen und drei für die Minderheit der Tscherkessen und Tschetschenen. Einen Wahlkampf im europäischen Sinn konnte man nicht erwarten, denn die „Königstreuen“ standen im vorhinein als Sieger fest. So konzentrierte sich das Interesse darauf, wie die islamistische IAF abschneiden würde, die bei den Wahlen 2003 auf 17 Sitze gekommen war.

Diesmal hatte sie 23 Kandidaten nominiert – doch warum nur 23? Im Nachrichtensender Al-Dschasira hatte der IAF-Sprecher dies damit erklärt, daß man nicht provozieren wolle. Es hat aber eher den Anschein, daß hier der Fuchs schon vorbeugend die Trauben für zu sauer erklärte, denn tatsächlich kamen die Islamisten nur auf sechs Mandate. Verständlichweise spricht die IAF von Wahlbetrug. So sollen Armeeangehörige, die an sich gar kein Wahlrecht haben, in Zivil abgestimmt haben. Mag stimmen, wenngleich internationale Beobachter die durch ein Großaufgebot an Polizei und Militär gesicherten Wahlen als weitgehend regulär bezeichnen.

Wahlschwindel ist auch gar nicht nötig, wenn man beim Wahlrecht Vorsorge trifft: In Jordanien gibt es zwar Parteien, bei Wahlen aber keine Parteilisten, sondern jeder Kandidat tritt in seinem Wahlkreis als Person an. Also das vielgepriesene Persönlichkeitswahlrecht? Nicht wirklich. Die Wahlkreise sind so bemessen, daß die Zahl der Wahlberechtigten pro Wahlkreis um den Faktor Zehn schwankt und meist „das Richtige“ – nämlich ein Königstreuer – herauskommt. So besehen, war auch die Wahlbeteiligung von 54 Prozent erstaunlich hoch. Für die 40 Mitglieder der zweiten Parlamentskammer gilt ohnehin die „direkte Demokratie“: Sie werden vom König direkt ernannt.

Wer aber sind die „Königstreuen“? Der König entstammt der Dynastie der Haschemiten, die jahrhundertelang den Westen der arabischen Halbinsel beherrschten und Hüter („Scharifen“) der heiligen Stätten in Mekka und Medina waren. Scharif Hussein – Abdallahs Ururgroßvater – und die Beduinen hatten sich im Ersten Weltkrieg gegen die osmanische Herrschaft erhoben. Doch ein Königreich Arabien kam nicht zustande – Briten und Franzosen teilten die Kriegsbeute unter sich auf, und obendrein wurde den Juden eine „Heimstätte“ versprochen. Scharif Hussein selbst wurde von den Saudis aus Mekka verjagt. Die Briten machten seinen Sohn Abdallah zum „Emir von Transjordanien“ und Faisal, einen anderen Sohn, zum Marionettenkönig im Irak.

Das ändert nichts daran, daß die Dynastie für viele Jordanier, primär für die Stammesgesellschaft, durch die Religion und durch die Abstammung vom Propheten Mohammed legitimiert ist.

Doch 60 Prozent der 5,5 Millionen Jordanier sind Palästinenser – also Heimatvertriebene oder deren Nachkommen. Zu jordanischen Staatsbürgern hat man sie nicht aus Nächstenliebe gemacht. Vielmehr blieb Abdallah I. nichts anderes übrig, als er nach der Teilung des Mandatsgebiets Palästina 1947 das Westjordanland mit Transjordanien vereinigen und zum Königreich Jordanien machen durfte.

Das Verhältnis zwischen den Palästinensern und dem Königshaus war von Anfang an gespannt. Abdallah I. wurde 1951 von einem Palästinenser ermordet, und 1970/71 kam es zum Aufstand, den König Hussein blutig niederschlagen ließ („Schwarzer September“). Militär und Polizei werden bis heute ausschließlich aus den königstreuen Stämmen rekrutiert. Die Palästinenser in Jordanien wissen allerdings auch, daß es ihnen trotz Diskriminierungen besser geht als anderswo.

Für den Westen ist das Königshaus Garant der Ostflanke Israels. Deshalb wird es kräftig unterstützt und darf die „konstitutionelle Monarchie“ großzügig auslegen. Gefahr droht aber just von radikalen Israelis: Sie wollen alle Palästinenser nach Jordanien ausweisen – mit dem Argument, daß dies ohnehin schon „der palästinensische Staat“ sei.


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