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08.12.07 / Alles eine Frage des Geldes? / Großfamilien sind arm dran – finanziell gesehen / Das bleibt in der Familie (Folge 7)

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-07 vom 08. Dezember 2007

Alles eine Frage des Geldes?
Großfamilien sind arm dran – finanziell gesehen / Das bleibt in der Familie (Folge 7)
von Klaus J. Groth

Vor 20 Jahren fanden es 20000 Familien in Deutschland sinnvoll, Mitglied im Deutschen Familienverband zu sein. Das war angesichts der Zahl der bestehenden Familien keine überwältigende Großenordnung, aber immerhin: es waren doppelt so viele Mitglieder wie heute in dem inzwischen vereinigten Deutschland. Die Familie ist gegenwärtig auf dem absteigenden Ast.

Für Günther Koolmann, Ehrenpräsident des Deutschen Familienverbandes, sind die Zeichen bedenklich. Familie, sagt er, werde heute in Deutschland nur noch berufsbegleitend gesehen, nicht mehr als Institution an sich.

Die Frage, wie Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen sind – und zwar in dieser Reihenfolge – hat sicher auch etwas mit dem herrschenden Zeitgeist zu tun, wird aber in erster Linie aus wirtschaftlicher Notwendigkeit gestellt. Jeder, der sich die Frage stellt, „Wie viel Familie kann ich mir leisten?“, muß zu dem Schluß kommen: wenig oder besser gar keine. Denn mit einem Verdiener ist Familie im Regelfall nicht möglich.

Kinder kosten – zuerst einmal Zeit, wertvolle Arbeitszeit. Folglich wird die Zahl der Kinder begrenzt. Aber auch so steigen die Kosten, denn die Betreuung des Kindes außerhalb der Familie belastet das Budget. Hinzu kommen steigende Ansprüche der Eltern für das Kind: Fremdsprachlicher Unterricht bereits im Kindergarten, Rhetorik-Schulung vom ersten Brabbeln an, Kindergeburtstage, die zum Event ausarten. Die Eltern setzen sich finanziell unter Druck, damit sie nur ja keine Chance für den Nachwuchs ungenutzt lassen.

Große Familien sind arme Familien. Meist, weil die Eltern es bereits waren, bevor die große Familie mehr oder minder gewollt heranwuchs. Und wer nicht von vornherein arm ist, der wird es durch die große Familie. Das kann sich jeder ausrechnen und die entsprechenden Konsequenzen ziehen.

Ohne zu rechnen geht es nicht, ist es eigentlich noch niemals gegangen. Kinder kosten. 50 Prozent des Haushaltseinkommens sind rasch für die Kinder allein ausgegeben. Da läßt sich leicht absehen, ab wann ein Einkommen nicht mehr ausreicht. Mit der Entscheidung für den doppelten Verdienst aber steigen wiederum auch die Kosten, denn dann sind auch die Ausgaben für den Kindergarten zu kalkulieren, das sind bei zwei Kindern in einem Halbtagskindergarten leicht 300 Euro. Und für einen Krippenplatz 150 Euro. Und dann die vielen Ausgaben, bei denen sich auch kleinere Beträge für Klamotten im Sonderangebot, für Hefte und Buntstifte, für die Monatskarten, für einen gemeinsamen Ausflug oder den Babysitter rasch zu einem großen Batzen zusammenläppern. Bei drei Kindern kommen dann bald monatliche Ausgaben von 1500 Euro zusammen. Zieht man davon das Kindergeld von 460 Euro ab, bleiben noch 1040 Euro. Die müssen erst einmal verdient werden.

Solche Rechnungen sind es, die den Deutschen Familienverband eine Besserstellung der Familie fordern lassen. In einem Interview formulierte Ehrenpräsident Günther Koolmann das so: „Die Gesellschaft muß die Familie so weit unterstützen, daß sie nicht arm werden, nur weil sie Kinder in die Welt gesetzt haben. Familien dürfen nicht unter die Armutsgrenze fallen, wie es vielfach geschieht, nur weil ein Kind zur Welt kommt. Diese Familien müssen finanziell unterstützt werden. Familien dürfen nicht gegenüber Kinderlosen benachteiligt werden.“

Der Verband fordert deshalb, Kinderlose stärker zur Kasse zu bitten als Familien mit Kindern. Nur so werde es sich vermeiden lassen, daß ein Großteil der Kinderlosen aus wirtschaftlichen Gründen auf Kinder verzichte. Bei einem Kinderfreibetrag von 8000 Euro pro Kind und Jahr setzt er seine Forderung an.

Spätestens ab dem dritten Kind also wird es eng, da muß mit sehr spitzem Bleistift gerechnet werden, will die Familie über die Runden kommen. Die deutschen Steuergesetze fördern wohl das eheliche Zusammenleben, weniger aber das Wohl der Kinder. Wie es anders geht, machen die französischen Nachbarn erfolgreich vor. Dort lebt man ab dem dritten Kind quasi steuerfrei. Die Folge: Frankreich glänzt mit der höchsten Geburtenrate in Europa. Und billiger als in Deutschland lebt es sich in Frankreich nun wahrlich nicht.

Wie wenig die bisherige Rechtsprechung am Wohl der Kinder orientiert war und sie sich statt dessen  an der Interessenlage der Erwachsenen ausrichtete, verdeutlichte das Bundesverfassungsgericht jüngst mit seiner Entscheidung zum Unterhaltsrecht. Es stellte fest, daß nichteheliche Kinder nicht schlechter gestellt werden dürfen als eheliche. Wenn es um das Wohl des Kindes geht, ist das eine pure Selbstverständlichkeit. Dennoch war es ein langer Weg, bis die bisherigen Bestimmungen ausgehebelt wurden. Bislang galt: eheliche Kinder erhalten nach einer Trennung acht Jahre lang Unterhalt, nichteheliche lediglich drei Jahre. Künftig sollen unverheiratete Mütter oder Väter von ihrem Partner für die Betreuung ihrer Kinder ebenso lange Unterhalt erhalten wie die Geschiedenen. Bis Ende 2008 muß der Gesetzgeber die Konsequenz aus dieser Entscheidung gezogen haben.

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts betonte dabei, daß der Unterhalt zwar dem betreuenden Elternteil zustehe, er aber allein dem Wohl des Kindes diene: „Der Unterhaltpflichtige wird vom Gesetz nicht um des anderen Elternteils willen, sondern wegen des Kindes in Anspruch genommen, damit dieses persönlich von einem Elternteil betreut werden kann.“ Damit solle „die finanzielle Grundlage für die Entscheidungsfreiheit zwischen der Eigenbetreuung oder einer Fremdbetreuung des Kindes“ ermöglicht werden. Diese Entscheidung dürfe nicht dadurch beeinflußt werden, ob die getrennten Elternteile Ehepartner waren oder nicht. „Denn wie viel ein Kind an persönlicher elterlicher Betreuung und Zuwendung bedarf, richtet sich nicht danach, ob es ehelich oder nichtehelich geboren ist.“

Diese Entscheidung – das betonten die Richter in Karlsruhe ausdrücklich – richtet sich nicht gegen die Ehe und soll nicht als weiterer Schritt verstanden werden, die eheliche Partnerschaft einmal mehr beliebig zu machen, sondern orientiert sich allein am Wohl des Kindes. Denn selbstverständlich ergäben sich aus einer Ehe nach der Trennung weitergehende Pflichten zur Solidarität als bei nicht verheirateten Paaren:

„So hat ein geschiedener Elternteil ungeachtet des Alters des von ihm betreuten Kindes einen Unterhaltsanspruch, wenn er eine angemessene Erwerbsarbeit nicht findet, während einem nicht verheirateten Elternteil für den Fall der Arbeitslosigkeit kein Unterhaltsanspruch gegen den anderen Elternteil zur Seite steht.“

Das Urteil schwächt die Familie also nicht, stärkt aber die Rechte des Kindes. Damit befindet sich es – zumindest in einem Teilbereich – an der Seite des Deutschen Familienverbandes:

Die Fürsorge für das Werden und Wachsen eines Kindes als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu sehen und dementsprechend zu fördern.

In der nächsten Folge lesen Sie: Gründe für die Entscheidung gegen das Kind/ Klage über familienfeindliches Klima

 

Familienmenschen – und andere

Heinrich Zille (* 10. Januar 1858 in Radeburg; † 9. August 1929 in Berlin) „sein Milljöh“, das war das der kleinen Leute im Berlin des industriellen Umbruchs, der sozialen Unterschicht, der Mietskasernen, in denen die Familien mit den vielen Kindern lebten. Die Armut der kinderreichen Familien hat Heinrich Zille mit Stift und Pinsel in Szene gesetzt. Mit diesen Arbeiten ist der Grafiker, Lithograf, Maler, Zeichner und Fotograf bekannt geworden, mit ihnen erwarb er sich den Beinamen „Pinselheinrich“. Nach dem Ortswechsel der Familie nach Berlin ermunterte sein Zeichenlehrer den jungen Heinrich Zille Lithograf zu werden: „Das beste is, du lernst Lithograph. Zeichnen kannste, und du sitzt in ’ner warmen Stube, immer fein mit Schlips und Kragen [...] man schwitzt nicht und bekommt keine schmutzigen Hände. Und dann wirst du mit Sie angeredet. Was willst du mehr?“ Zille folgte diesem überzeugenden Rat. Er stellte nicht den Anspruch, Künstler sein zu wollen, sondern verdiente sein erstes Geld mit eher handwerklichen Zeichnungen: Damenmoden, Beleuchtungskörper, Werbemotive. 30 Jahre lang arbeitete er für die „Photographische Gesellschaft Berlin“. Als sie 1907 Zille kündigte, war er 50 Jahre alt. Und entdeckte sein „Milljöh“ für seine Arbeit. Bereits ein Jahr später brachte er 1908 seine ersten Millieuzeichnungen „Kinder der Straße” und „Berliner Rangen” heraus.

Maria Augusta Trapp (* 26. Januar 1905 in Wien; † 28. März 1987 in Morrisville, Vermont, USA), hat die Not einer kinderreichen Familie zu einem künstlerischen Unternehmen mit weltweit beachtetem Erfolg gewandelt. Ihre Geschichte wurde mit Ruth Leuwerik in der Hauptrolle in zwei Episoden verfilmt. In sehr einfachen Verhältnissen in Wien geboren, wuchs Maria Augusta Kutschera bei der Großmutter auf – die Mutter war kurz nach der Geburt gestorben, der Vater, als das Kind drei Jahre alt war. Sie wurde Lehrerin und arbeitete in einer Klosterschule mit der Absicht, später dem Orden beizutreten. Als Hauslehrerin schickte sie die Schule in die Familie des bekannten österreichischen Kapitäns Georg Ludwig Trapp (bis 1919 Baron Trapp). Sie heiratete den Kapitän 1927. Der Verbindung entstammten zwei Töchter. 1935 verlor die Familie ihr gesamtes Vermögen. Mit den sieben Kindern (fünf aus der ersten Ehe ihres Mannes) gründete sie einen Familienchor, der bei musikalischen Wettbewerben bald erste Preise gewann. Nach dem Anschluß Österreichs sah der kaisertreue Kapitän Trapp für sich keine Zukunft mehr, die Familie emigrierte in die USA. Dort trat die Familie unter dem Namen Trapp Family Singers erfolgreich auf. Bis zu seiner Auflösung 1956 gab der Chor weltweit 2000 Konzerte. Marie Augusta Trapp gründete eine Hilfsaktion unter dem Namen Trapp-Family Austrian Relief Inc.. Mit ihr sammelte sie Kleidungsstücke und Nahrungsmittel für Österreich

Klaus Wowereit (* 1. Oktober 1953 in Berlin) wurde in der Tageszeitung „Südkurier“ auf besondere Weise als Sproß einer großen Familie gewürdigt: „Als jüngstes von fünf Kindern von drei unterschiedlichen Vätern wuchs der kleine Klaus in Berlin Lichtenrade auf.“ (Zitiert nach „Der Spiegel“ N. 48)

Foto: Rotstift angesetzt: Kinder sind ein nicht zu unterschätzender Faktor für die Haushaltskasse.


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