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15.12.07 / Keine Frage des Geldes / Gründe für die Entscheidung gegen das Kind / Das bleibt in der Familie (Folge 8)

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-07 vom 15. Dezember 2007

Keine Frage des Geldes
Gründe für die Entscheidung gegen das Kind / Das bleibt in der Familie (Folge 8)
von Klaus J. Groth

Alles eine Frage des Geldes? hatten wir in der vorausgegangenen Folge der großen Familienserie der PAZ gefragt. Zweifelsfrei gehen Kinder enorm ins Geld. Aber ob die Finanzen wirklich den Wunsch nach Kindern maßgeblich beeinflussen, blieb offen.

Fragt man in der Politik nach, ist die Antwort eindeutig. Hier dreht sich gegenwärtig die Diskussion nur ums Geld, immer und immer wieder. Fragt man aber bei den Betroffenen nach,  den Eltern oder den möglichen Eltern, welchen Einfluß das Geld auf den Kinderwunsch hat, erlebt man eine handfeste Überraschung.

In den vergangenen 40 Jahren hat sich die Zahl der Geburten in Deutschland nahezu halbiert. Kamen 1964 noch 1357304 Kinder zur Welt, waren es 2003 nur noch 706721. Das waren – die rasante Talfahrt hält an – bereits schon wieder 60000 weniger als noch im Jahr 2000.

Gleichzeitig stieg die Anteil der Frauen, die ohne Kinder blieben, an. Zudem steigt das Durchschnittsalter der Mütter bei der Geburt des ersten Kindes stetig an, es liegt jetzt bei über 29 Jahren.

Welche Gründe sind für diese Entwicklung relevant? Das wollten die Zeitschriften „Eltern” und „Eltern for family” wissen. Sie beauftragten das Meinungsforschungsinstitut Forsa mit einer Umfrage. Befragt wurden bundesweit 40000 Männer und Frauen im Alter zwischen 18 und 49 Jahren, Eltern und kinderlose Paare.

Das Ergebnis zusammengefaßt: Immer mehr Frauen und Männer entscheiden sich gegen die Gründung einer Familie, weil der geeignete Partner fehlt, sie mit einem Leben ohne Kinder zufrieden sind, sie Angst vor den höheren Lebenshaltungskosten haben, sie in Sorge um den Arbeitsplatz sind.

Auffallend dabei: Fehlende Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder, die gegenwärtig die politische Diskussion beherrschen, spielen nur eine untergeordnete Rolle bei der Entscheidung, ohne Kinder zu leben.

Prozentual aufgeschlüsselt, gliedern sich die Beweggründe so: 44 Prozent der befragten Kinderlosen verzichten auf Nachwuchs, weil ihnen der geeignete Lebenspartner fehlt. Ebenfalls 44 Prozent gaben an, sie seien auch ohne Kinder mit ihrem Leben zufrieden.

40 Prozent der Kinderlosen begründeten den Verzicht auf Kinder mit der Sorge um den Arbeitsplatz – weil man heute nicht mehr wisse, ob man ihn behalten könne. 45 Prozent der Eltern führten das gleiche Argument an und verbanden damit die Frage, ob man sich ein weiteres Kind leisten könne.

Neun Prozent der Kinderlosen nannte den Mangel an Krippen- und Kindergartenplätzen. Diesem Argument schlossen sich 21 prozent der Eltern an.

Dieser deutlich höhere Prozentsatz ist wahrscheinlich durch vorausgegangene Erfahrungen begründet.

Weil der dramatische Rückgang der Geburten für eine Zeitschrift wie „Eltern“ existenzgefährdend ist, wollte man es dort noch genauer – oder sicherer – wissen und beauftragte das Institut für Demoskopie Allensbach mit einer weiteren Untersuchung. Das Ergebnis war ähnlich. An erster Stelle aber rangierte bei der „Familien-Analyse 2005” eine andere Aussage: Die Mehrzahl der befragten 2800 Personen mit Kindern bis 14 Jahre sah die hauptsächliche Ursache für die anhaltende Kinderlosigkeit vor allem in einem familienfeindlichen Klima in Deutschland. Die damals für die Familien zuständige Ministerin hieß Ulla Schmidt.

An zweiter Stelle wurde die vergebliche Suche nach einem passenden Partner angegeben. Aufgabe dieser Untersuchung war es, „das Lebensgefühl und die wirtschaftliche Situation junger Familien” zu ergründen. Die können so schlecht nicht sein, denn nach dieser Studie steht die Familie bei 90 Prozent der jungen Menschen unerschütterlich an erster Stelle der persönlichen Prioritäten. Und Familie, das heißt in diesem Fall auch Kinder. 85 Prozent der Eltern gaben an, ein Kind zu haben, bedeute für sie Glück, man werde gebraucht, Kinder schenkten „viel Freude“, Kinder zu haben sei „lieben und geliebt werden”.

Allerdings meinten 68 Prozent der Eltern auch, mit einem Kind müsse man „Opfer bringen und verzichten“. Aber in der Rangfolge landete diese Antwort erst auf dem zehnten Platz.

Deutet man diese beiden Untersuchungen aus, dann fällt auf, welche nachrangige Bedeutung dem Fehlen oder Vorhandensein von Angeboten zur Betreuung der Kinder zukommt bei der Entscheidung zur Elternschaft. Wichtiger scheint der Freiraum zu sein, in dem Eltern auch Eltern sein können, in dem sie sich ihren Kindern widmen können. Das bedeutet, Zeit für die Kinder zu haben, selbst entscheiden zu können, ob beide Eltern arbeiten, ob es genügt, wenn einer nur einen Teilzeitjob annimmt oder ganz zu Hause bleibt. Eltern wollen die Möglichkeit zur eigenen Entscheidung. Vor allem aber wünschen sie ein weniger familienfeindliches Klima in Deutschland. Das mußte Gründe haben.

Mit finanziellen Anreizen allein scheint es also nicht getan, damit es mit der erwünschten Steigerung der Geburtenrate klappt. Jedenfalls mußte Peter Fendt, Mitglied der Bayernpartei und Angehöriger des Parteiausschußes, diese Erfahrung machen. Auf der Internet-Seite seiner Partei klagt er: „Ich habe im Jahr 2003 eine Babyprämie ausgelobt, für jedes Baby was 2003 in Marktoberdorf geboren wird, begrenzt allerdings auf Familien, wo es bereits das dritte. Kind ist, katholisch und deutscher Staatangehörigkeit muß es sein. Das Ergebnis war, daß die Geburtenzahl 2003 noch niedriger war als 2002. Aufgrund meiner Einschränkungen für rein bayrische Kinder mußte ich mir aber noch anhören, ausländerfeindlich zu sein. Dabei habe ich nur berücksichtigt, daß unsere sogenannten ,Bürger mit Migrationshintergrund‘ eine finanzielle Förderung gar nicht nötig haben; die machen noch Kinder in Hülle und Fülle.“

Joa mei, es ist eben doch nicht alles eine Frage des Geldes.

In der nächsten Folge lesen Sie: Das Fest der Familie / Weihnachten bewahrt die Traditionen

 

Familienmenschen (und andere)

Napoléon Bonaparte (* 15. August 1769 in Ajaccio auf Korsika; † 5. Mai 1821 in Longwood House auf St. Helena) und Joséphine de Beauharnais (* 23. Juni 1763 in Trois-Îlets, Martinique; † 29. Mai 1814 in Rueil-Malmaison) führten  eine Ehe, in der alle Erschütterungen des Zusammenlebens ins kaum Erträgliche gesteigert wurden. Doch trotz fortwährender – und begründeter,- gegenseitiger Vorwürfe der Untreue und der Verschwendung überdauerte die Beziehung 14 Jahre. Beide hatten bei ihrer Hochzeit handfeste persönliche Interessen, die sie durch den anderen gefördert sahen: Die bereits zuvor verheiratete, sechs Jahre ältere Joséphine erwartete eine Fortführung ihres gewohnten, ausgesprochen kostspieligen Lebensstils, Napoléon Bonaparte  erhoffte durch die am 9. März 1796 geschlossene Verbindung eine Förderung seiner Karriere in der Gesellschaft. Derartige Zweckgemeinschaften erweisen sich häufig als besonders dauerhaft. Nach der Krönung Napoléons zum Kaiser erwies sich die Kinderlosigkeit der Beziehung  jedoch zunehmend als Problem. Das neu installierte, erbliche Kaisertum erforderte einen männlichen Erben. Joséphine, die aus erster Ehe bereits zwei Kinder hatte, bezichtigte Napoléon, zeugungsunfähig zu sein. Das allerdings konnte ein Napoléon nicht auf sich sitzen lassen. Er versuchte, seine Zeugungsfähigkeit bei diversen Affären zu beweisen. Was schließlich auch gelang, als seine polnische Geliebte Maria Walewska 1809 von ihm schwanger wurde. Damit war der Beweis seiner Zeugungsfähigkeit erbracht. Und auch mit einer anderen Geliebten brachte er einen nochmaligen Nachweis. Joséphine, die sich nun den versagten Kinderwunsch zuschrieb, willigte in die Scheidung ein. Die Scheidung vom 10. Januar 1810 war die erste, die unter dem Code Napoléon ausgesprochen wurde.

Heidi Klum (* 1. Juni 1973 in Bergisch Gladbach) wird möglicherweise anderer Ansicht sein, wenn festgestellt wird, nicht alles sei eine Frage des Geldes. Das deutsche Top-Model schaffte es immerhin, eine Fotoserie von sich und dem Sohn Henry Günther Ademolaa Dashtu Samuel für ein Honorar von 900000 Euro veröffentlichen zu lassen. Soviel waren der Zeitschrift „InTouch“ aus dem Heinrich-Bauer-Verlag die Bilder der kleinen Familie – Model Heidi Klum, Sänger Seal und eben der kleine Henry – wert. Heidi Klum setzte damit neue Maßstäbe in der Kindervermarktung. Claudia Schiffer, die ihren  Sohn für die Werbung Kinderschokolade kauen ließ, wird das von Heidi Klum durchgesetzte Honorar mit Interesse registriert haben. Immerhin, Heidi Klum ist nicht immer so geschäftstüchtig gewesen: Die Fotos ihrer zuvor geborenen Tochter Leni veröffentlichte sie auf ihrer Internet-Seite –  noch gänzlich kostenlos. Aber die hatte auch noch nicht so viele Vornamen wie Sohn Henry Günther Ademola Dashtu Samuel.

Foto: Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes: Viele Paare entscheiden sich gegen ein Kind.


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